17.03.2023
FAQ: Bordero/Sammelabrechnung in der Industrieversicherung – #ID57
In diesem FAQ beantworten wir häufig gestellte Fragen zum Thema Sammelabrechnungen in der Industrieversicherung. Was ist ein Bordero? Und wie kann der komplexe Prozess der Sammelabrechnungen bei Versicherern, Maklern und Assekuradeuren automatisiert werden?
Im Gespräch: Ansgar Knipschild und Toni Klein
Länge: 19 Minuten.
Transkript
- Was versteht man unter einem Bordero in der Industrieversicherung?
- Warum ist die Erstellung von Borderos in der Industrieversicherung aufwendig?
- Welche Arten von Borderos verarbeiten Industrieversicherer und Industrieversicherungsmakler?
- Kann der komplexe Prozess der Sammelabrechnungen in der Industrieversicherung überhaupt automatisiert werden?
- Muss für die Automatisierung von Sammelabrechnungen ein komplexes IT-Projekt aufgesetzt werden?
- Welche Rolle spielt BiPRO bei der Automatisierung von Borderos in der Industrieversicherung?
- Wie sieht der Lösungsansatz der BiPRO für den Abrechnungsverkehr aus? Was verbirgt sich hinter der Norm 430.7?
1. Was versteht man unter einem Bordero in der Industrieversicherung?
In der Industrieversicherung steht Begriff Bordero (engl. Bordereau) grundsätzlich für einen regelmäßigen Sammelabrechnungsprozess. Abgerechnet werden Prämien, Courtagen und Schadenzahlungen zwischen Partnern nicht einzeln, sondern monatlich oder quartalsweise. Alternative Begriffe sind auch Vermittler- bzw. Versichererinkassoabrechnung, Zentralinkasso oder Courtage- bzw. Provisionsabrechnung. Ein Bordero verbindet buchhalterische mit versicherungsfachlicher Information: Ist eine gebuchte Prämienposition durch den Prämienschuldner beglichen, und kann diese Position daher mit den beteiligten Versicherern abgerechnet werden? Welche Information benötigen die Versicherer, um die entsprechende Position ihrerseits eindeutig zuordnen zu können? Prrozessual ist die Sammelabrechnung in der Regel dadurch gekennzeichnet, dass es sich dabei um immer wiederkehrende Arbeitsschritte handelt, die es ermöglichen, für dieselben Partner regelmäßig Abrechnungsinformationen bereitzustellen.
2. Warum ist die Erstellung von Borderos in der Industrieversicherung aufwendig?
Generell ist es sowohl für Versicherer, Makler als auch Assekuradeure wichtig, Abrechnungsströme zu Prämien, Vergütungen und Schadenaufwendungen mit den jeweiligen Partnern zu koordinieren. Dabei stellt der Abrechnungsprozess hohe Anforderungen sowohl an die Effizienz als auch an die Qualität dar. Die Fehlertoleranz ist gering: Abrechnungsprozesse sind Vertrauenssache. Allerdings ist keine der hiermit verbundenen Tätigkeiten wertschöpfend. Mit der Ausdehnung des Geschäftsvolumens wächst die Anzahl der zu koordinierenden Abrechnungsprozesse. Skalierbarkeit und Nachvollziehbarkeit sind daher von hoher Bedeutung. Industriemakler und Industrieversicherer verwalten ihre Kundendaten, Angebote, Policen und Schäden in getrennten Systemen. Je nach Komplexität eines Industrieversicherungsvertrags (viele Deckungen, mehrere beteiligte Versicherer, internationales Geschäft mit verschiedenen Währungen und Steuern) können hier unter Umständen sehr komplexe Zahlungsströme entstehen. Da Makler und Versicherer für ihre Angebote bzw. Policen unterschiedlichen Nummern verwenden, ist eine eindeutige Zuordnung der Einzelzahlungen nicht immer möglich. Zusätzlich erschweren dies unterschiedliche Formate der Abrechnungsdokumente (Tabelleninhalte, Reihenfolge, Netto/Brutto-Differenzierung etc.).
3. Welche Arten von Borderos verarbeiten Industrieversicherer und Industrieversicherungsmakler?
Jeder Marktpartner in der Industrieversicherung kann zum einen die Rolle des Absenders einer Sammelabrechnung einnehmen. Man spricht vom ausgehenden Bordero. Gleichzeitig könnte der Versicherer, Assekuradeur oder Makler auch der Empfänger und Verarbeiter einer Sammelabrechnung sein. Dann spricht man vom eingehenden Bordero.
4. Kann der komplexe Prozess der Sammelabrechnungen in der Industrieversicherung überhaupt automatisiert werden?
Betriebliche Teilprozesse zu automatisieren bedeutet auch, sie bis zu einem gewissen Grad zu standardisieren. Im Fall von Borderos ist dafür kein eigenes oder großes Digitalisierungsprojekt nötig. Denn alle benötigten Systeme (und Daten) existieren bereits – nur kommunizieren sie in der Regel nicht miteinander. Daher ist es wichtig zu erkennen, an welchen Stellen repetitive Prozesse und Datenflüsse aufeinandertreffen. • Welche Informationen bleiben stets gleich im Austausch der Partner? • Welche Informationen verändern sich flexibel? • Welche Daten werden ausgetauscht? • Wann? Und mit wem? • Welche IT-Systeme sind involviert? Anhand dieser Informationen werden Buchungs- und Pozessinformationen der Sammelabrechnungen strukturiert und können somit leichter verarbeitet werden.
5. Muss für die Automatisierung von Sammelabrechnungen ein komplexes IT-Projekt aufgesetzt werden?
Dies hängt von der eingesetzten Bordero-Software ab. Aktuell bietet der Markt nur wenige Lösungen für Sammelabrechnungen. Für das Beispiel mgm Cosmo Bordero App lässt sich die Softwarelösung mit einem verhältnismäßig geringen Aufwand in eine bestehende Softwarelandschaft integrieren. Zu Beginn kann die Bordero App “standalone” (also ohne Schnittstellenanbindung an Bestandsführung oder MVP) betrieben werden, der Datenbezug erfolgt per Dateiaustausch im CSV-Format. Eine tiefere, API-basierte Integration kann auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
6. Welche Rolle spielt BiPRO bei der Automatisierung von Borderos in der Industrieversicherung?
Das Brancheninstitut für Prozessoptimierung, kurz BiPRO, (Link: https://bipro.net/) hat sich die Standardisierung von unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessen zum Ziel gesetzt. Um eine Bordero-Software per Schnittstelle (API) an ein Bestandsführungssystem oder MVP anzubinden, kann u.a. auch der BiPRO-Standard, die Norm 430.7 genutzt werden. Die Norm 430.7 hat die Durchdringung der BiPRO in der Industrieversicherung in Deutschland beschleunigt.
7. Wie sieht der Lösungsansatz der BiPRO für den Abrechnungsverkehr aus? Was verbirgt sich hinter der Norm 430.7?
Sie umfasst fachlich die Abrechnung über alle Zeichnungs- und Abrechnungsarten, vom Versichererinkasso über das Führungs- und Beteiligungsgeschäft hin zum Vermittlerinkasso. Die Abrechnungsdaten zwischen den beteiligten Unternehmen werden über einen Webservice ausgetauscht. In den vergangenen Jahren wurde die Norm in verschiedenen Projekten, mit mehr als 25 Unternehmen, überarbeitet. Seit Ende 2019 liegt eine neu überarbeitete BiPRO-Norm 430.7 vor.
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