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ID#54

27.01.2023

Überblick Data Analytics / Neuer ID-Co-Host Hartmut Mai – #ID54

Wir starten 2023 mit einer neuen Serie zum Thema Data Analytics in der Industrieversicherung und geben dazu einen kurzen Überblick. Außerdem begrüßen wir unseren neuen Co-Host Hartmut Mai im Team – Willkommen an Bord!
Im Gespräch:Benjamin Zühr, Hartmut Mai und Ansgar Knipschild.
Länge:53 Minuten.

Transkript

 

Ansgar Knipschild: Hallo, und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von Industrieversicherung Digital, der ersten Ausgabe dieses Jahres 2023. Dieses Mal mit zwei Gästen, einmal meinem treuen Companion und Co-Host Benjamin Zühr. Hi Benni.

 

Benjamin Zühr: Hi, grüß dich.

 

Ansgar Knipschild: Und ein weiterer Gast, unsere treuen Hörer aus der ersten Stunde kennen ihn, Hartmut Mai. Herzlich willkommen, Hartmut.

 

Hartmut Mai: Hallo Ansgar, hallo Benni.

 

Ansgar Knipschild: Wir haben uns heute zu dritt versammelt. Die meisten Formate, die wir hier in Industrieversicherung Digital in der Vergangenheit hatten, waren zu zweit. Und das soll auch der Startschuss sein für eine kleine Änderung hier bei uns in Industrieversicherung Digital. Aber zu diesem ganzen Themenblock, was hat sich eigentlich bei Industrieversicherung Digital in den letzten zwei Jahren so getan und was wollen wir in Zukunft machen, übergebe ich jetzt mal an Benni. Der wird uns jetzt so unsere aktuellen Überlegungen mal teilen.

 

Benjamin Zühr: Ja, vielen Dank, Ansgar. Und auch von meiner Seite erst mal noch ein frohes neues Jahr. Wir sind ja vor circa zwei Jahren gestartet mit ID. Und ich sage mal, in den letzten zwei Jahren sind ja schon einige Folgen entstanden mit interessanten Themen und tollen Gästen. Und letztendlich haben wir uns ja in den letzten Monaten schon so ein bisschen überlegt, okay, wie können wir jetzt quasi das nächste Level für ID erreichen, um letztendlich auch unserem Ziel näher zu kommen, wirklich eine Plattform für den Wissenstransfer aufzubauen im Bereich Industrieversicherung und Digitalisierung. Und da haben wir uns ja einige Gedanken gemacht. Und letztendlich sind zwei Themen bei uns hängengeblieben, wo wir gesagt haben, da müssen wir uns jetzt einfach verändern. Zum einen war klar, wir brauchen einfach eine Teamerweiterung, wir brauchen mehr Menschen, die ihr Netzwerk öffnen, die Themen einbringen und so weiter und sofort. Und wir wollen aber auch stärker noch einen roten Faden erarbeiten, wozu wir ja gleich noch, ich sage mal, intensiver etwas erzählen werden.

Aber erst einmal zum Thema Teamerweiterung, da freue ich mich riesig, dass du, Hartmut, quasi jetzt offizielles Mitglied von Industrieversicherung Digital bist. Herzlich willkommen auch noch mal von meiner Seite. Und auch wenn du dich schon vorgestellt hast in einer unserer ersten Podcast-Folgen und auch, wenn sicherlich viele unserer Zuhörer dich sowieso schon kennen, würde ich es klasse finden, wenn du einfach noch mal ganz kurz etwas zu dir sagst und auch noch mal ein bisschen was zu deiner Sicht auf ID sagst und was du mit ID vorhast.

 

Hartmut Mai: Erst mal herzlich Dank, Benni und Ansgar, für die freundlichen Worte der Begrüßung. Ich freue mich auch riesig, hier dabei zu sein. Kurz zu mir selber, also ich bin Jurist von Haus aus. Ich bin dann nicht per Zufall, wie so manch einer immer behauptet, in die Versicherungswelt eingestiegen, sondern das war alles schon geplant und intendiert. Der weitere Werdegang war dann nicht so intendiert. Das ist dann teilweise wirklich alles so passiert. Und deswegen war der Weg, glaube ich, in der Industrieversicherungswelt sehr spannend. Ich habe ausnahmslos immer nur im Industrieversicherungsbereich gearbeitet, angefangen an als Underwriter bei einer amerikanischen Gesellschaft, der AIG in Frankfurt. Ich bin dann über mehrere Stationen in die Geschäftsleitung dort eingestiegen für Deutschland.

Dann nach ein paar Jahren übergewechselt in den internationalen Bereich nach London, auch für die AIG, wo ich zum ersten Mal für internationale Märkte verantwortlich war, für Irland, UK, Afrika und Middle East of Asia ist. Ich bin dann von dort nach drei Jahren in London auf die andere Seite der Straße gewechselt, sprich von Versicherer zum Broker. Ich habe dann bei Marsh gearbeitet, bin wieder zurück nach Frankfurt, dort im FINPRO-Team, was ich sehr spannend fand, weil es mir die Möglichkeit gegeben hat, auch die andere Seite der Medaille zu sehen, mich damit auseinanderzusetzen und dort tief einzutauchen. Bis dann anderthalb Jahre später das Telefon klingelte und der Ruf nach München kam zur Allianz. Und für die Allianz habe ich dann bei der AGCS, also der Industrieversicherungstochter, Financial Lines global aufgebaut, vier Jahre lang. Bis man dann mir eine Position im Vorstand anvertraut hat. Ich bin dann in den Vorstand gegangen als Chief Underwriting Officer, habe diese Rolle acht Jahre lang begleitet, um dann das Vorstandsressort zu wechseln vom Chief Underwriting Officer zum Chief Regets and Markets Officer für die Region mehr oder weniger EMEA. Das nannte sich damals etwas anders, aber diese Region war das. Um dann ein Jahr später das Unternehmen zu verlassen. Ich habe dann viel darüber nachgedacht, wie ich mich eigentlich in Zukunft orientieren möchte. Und da ich grundsätzlich immer ein starkes Faible dafür hatte, in der Branche über Digitalisierung nachzudenken, habe ich dann für mich beschlossen, zunächst erst mal Advisory Board, also Beiratsfunktionen und Consultant-Funktionen wahrzunehmen, immer um das Thema Digitalisierung.

Und wo ich jetzt heute sagen kann, dass ich aus dieser Beiratsfunktion jetzt bei einem Unternehmen eingestiegen bin, was man wahrscheinlich jetzt so als Start-up bezeichnen würde im Bereich AI-geführte Cyber-Versicherungen. ID, Industrieversicherung Digital, wie komme ich jetzt hierzu.

Die Idee ist geboren am Oktoberfest. Und das ist durchaus denkwürdig, weil, am Oktoberfest haben wir darüber nachgedacht, wie es denn wäre, doch mal die Köpfe zusammenzustecken und zu überlegen, wie wir einen wissensbasierten Podcast führen könnten, um dieses Thema Digitalisierung in der Industrieversicherung einer breiten Öffentlichkeit zur Diskussion zu stellen. Und ich habe mich darüber sehr gefreut, weil ich es sehr spannend finde. Es kommt meinen persönlichen Neigungen sehr entgegen und es macht natürlich sehr viel Spaß, jetzt bei Ansgar und Benni mitzumachen und die Köpfe zusammenzustecken, wie wir eigentlich Industrieversicherung Digital in der Zukunft entwickeln wollen.

Und wir haben jetzt schon mehrere Workshops diesbezüglich gehabt und sind eigentlich zu dem Ergebnis gekommen, dass wir auch mal den Versuch unternehmen sollten, eine digitalisierte Welt uns zu überlegen, wie sie denn in Zukunft aussehen könnte, um diese dann praktisch mit einer Gemeinschaft an Gleichgesinnten zur Diskussion zu stellen. Und auch dazu einladen möchten, sich mit unseren Gedanken zu reiben, um eventuell neue Gedanke zu entwickeln. Aber Benni, vielleicht steigst du da an der Stelle auch noch mal mit ein. Weil, das ist ja etwas, was wir uns gemeinsam überlegt haben, wie wir Industrieversicherung Digital in der Zukunft weiterführen möchten. 8:23

 

Benjamin Zühr: Ja, sehr gerne. Also wie du richtig eingeleitet hast, unsere Ideen oder letztendlich, dass wir was zusammen machen wollen, ist auf dem Oktoberfest entstanden, eine sehr kreative Laune. Und danach haben wir ja weiter daran herumgedacht und letztendlich, wie ja eben schon angedeutet wurde, geht es darum, ein gemeinsames Bild zu entwickeln. Und aber weniger darum, zu sagen, okay, wir geben ein Bild vor, wie wir uns Digitalisierung im Markt vorstellen, sondern viel mehr dahingehend, dass wir anfangen wollen mit unseren Gästen zusammen, ein gemeinsames Bild zu entwickeln, einen roten Faden zu entwickeln, wie wir als Gemeinschaft uns Digitalisierung im Industriesegment vorstellen können. Und letztendlich dieses Bild zu nutzen als roten Faden, um unsere weiteren Podcast-Folgen darauf aufzubauen. Uns immer wieder dieses Bild auch zu challengen und zu überlegen, okay, ist denn das, was wir gedacht haben und was wir vielleicht in dem einen oder anderen Podcast auch als richtig empfunden haben, wirklich richtig? Oder gibt es vielleicht auch Ansätze, die dem widersprechen? Und wir glauben, dass es dieses Bild braucht, weil aktuell nach unserem Empfinden weiterhin doch eine Orientierungslosigkeit größtenteils herrscht.

Es wird viel über Digitalisierung gesprochen, aber zumindest ist es für mich nicht erkenntlich, dass wirklich ein einheitliches Bild darüber herrscht, was mit Digitalisierung gemeint ist. Der eine sagt, okay, ein Kundenportal ist Digitalisierung und der nächste sagt, die große, keine Ahnung, AI-Lösung ist Digitalisierung und End-to-End-Vernetzung und so weiter und sofort.

Also letztendlich im Zweifel ist alles eine Form der Digitalisierung. Und trotzdem glauben wir, dass es uns helfen wird, ein gemeinsames Bild zu entwickeln, was zumindest als Standard für Digitalisierung hier im Podcast genutzt werden soll und auch vor allen Dingen weiterentwickelt werden soll. Ansgar, habe ich was vergessen? 10:51

 

Ansgar Knipschild: Du, ich glaube, das Thema ist groß, da könnten wir wahrscheinlich jetzt noch stundenlang drüber sprechen. Aber die Idee ist ja, genau wie ihr beide schon gesagt habt, dass wir über die Community und auch durch unsere zahlreichen Gäste versuchen, Stück für Stück dieses Puzzle mal zusammenzubauen. Und ich glaube, vor allen Dingen mit der Idee, aus dieser doch stark siloartigen Einzelfallbetrachtung mal rauszukommen.

Ich glaube, es gibt sehr viele spannende Projekte im Bereich Digitalisierung, die ein spezielles Problem sehr, sehr gut löst auch, gar keine Frage. Aber wir haben ja nun mal gerade im Industrieversicherungsbereich ein recht komplexes Geflecht von Beteiligten. Wir haben den Kunden mit eigenem Risikomanager, und gerade bei den großen Unternehmen natürlich.

Wir haben die Makler als wichtige Player im Markt, die den Kunden beraten. Wir haben die Versicherer, die Risikoträger, wir haben Assekuradeure und so weiter. Und hier mal so ein End-to-End-Bild aufzuzeichnen, wie müssten eigentlich unserer Meinung nach nicht nur wir, sondern eben auch unsere Community, wie müsste eigentlich in fünf, in zehn Jahren so eine digitale Industrieversicherungswelt sein. Wo vom Datenfluss, wer managt diese Daten, welche Sachen werden automatisiert, welche bedürfen nach wie vor einer manuellen Überwachung, da mal ein Gesamtbild entsteht. Das finde ich sehr reizvoll.

Und das mal zusammen mit euch, mit der Community, zu erarbeiten, in welchem Format auch immer, da haben wir in unseren Workshops ja schon ein bisschen drüber gesprochen, dass wir das vielleicht auch digital auf unserer Webseite irgendwie begleiten in Form von Dokumenten, Infografiken, die vielleicht den aktuellen Stand zeigen, wo dann auch eine Diskussion online stattfinden kann. Das müssen wir mal schauen, vielleicht gibt es da aus der Community noch ein paar gute Ideen. Aber alles getrieben davon, lass uns mal probieren, wie in so einer idealen Welt die digitale Industrieversicherung aussehen könnte. Und wahrscheinlich, da haben wir jetzt noch nicht so stark uns drüber ausgetauscht, müsste man dann ja mal rückwärts denken und sagen, okay, wenn das unsere Vision ist, die natürlich vielen Annahmen zugrunde liegt, was müsste dann Stand heute tun, um da Stück für Stück hinzukommen halt.

Wie können dann Aktivitäten, die heute durch die Player stattfinden, auf so ein gemeinsames Ziel einzahlen. Also ein großes Rad, was wir da vorhaben, gemeinsam mit allen, die uns hier die Treue halten und zuhören. Aber der Versuch, auch bei uns über die Einzelfolge hinweg mal zukommen, so würde ich das vielleicht noch mal ergänzen, dass man sagt, okay, wir wollen hier nicht nur in der Einzelfallbetrachtung die Erfahrungen und Ideen unserer Gäste teilen, sondern mit jeder Folge eigentlich probieren, wie du gesagt hast, Benni, unser Puzzle zu vervollständigen aber auch zu challengen. Gibt es neue Erkenntnisse, die dann aus dieser einzelnen Folge auf das Gesamtbild einzahlen. Und da freue ich mich sehr drauf. Und ich glaube, mit jedem Mitstreiter weiter, wie wir jetzt Hartmut eben hier in der Runde begrüßen können, kann und wird das Bild einfach nur besser und facettenreicher werden. 13:36

 

Benjamin Zühr: Absolut. Ich glaube, was halt in dem Ganzen auch wirklich spannend ist, ist, dass wir ja sehr ehrlich mit dem Marktbedürfnis in diesem Bild auch umgehen werden müssen. Und das Marktbedürfnis ist ja, es gib einen, der ein Risiko hat und der andere, der ein Risiko decken möchte. Und in der heutigen Welt haben sich da drum herum unterschiedliche Marktteilnehmer etabliert in unterschiedlichen Rollen. Und ich glaube, auch das, neben dem rein, ich sage mal, technischen Bild, wird es extrem spannend, eben zu challengen, wie sehen eigentlich daneben die Rollen der heutigen Marktteilnehmer aus.

Also welche Rolle hat zukünftig der Kunde, welche Rolle hat der Makler, welche hat der Versicherer, welche Rolle haben MGAs, Captives, Rückversicherer, was auch immer. Und auch das, es ist, glaube ich, eine extrem spannende Diskussion, wo es im Zweifel auch gar kein richtig und falsch geben wird, sondern es ist einfach sehr, sehr spannend zu sehen, okay, wenn man erst mal quasi ein Bild aufgebaut hat, wie quasi Digitalisierung aussehen könnte, dann wirklich auch in der nächsten Ebene zu gucken, okay, wie etablieren sich da drin Marktteilnehmer, welche Rolle nehmen sie ein et cetera pp. Im Zweifel auch vor dem Hintergrund rechtlicher Regularien, die ja auch nicht gerade geringer werden. Also ich glaube deswegen auch, es wird total spannend sein, da mit unterschiedlichen Menschen, Wissensträgern, sowohl auf technischer als auch auf fachlicher Management-, was auch immer, Seite einfach zu diskutieren und das Bild immer weiterzuentwickeln und letztendlich zu vervollständigen. 15:32

 

Hartmut Mai: Vielleicht ist das auch die Gelegenheit, die Zuhörerschaft so ein bisschen darauf vorzubereiten. Und Benni, du hast gerade sehr, sehr viele Stakeholder genannt, die natürlich an dem Industrieversicherungsmarkt auch beteiligt sind. Wenn man diese Facetten abbilden möchte, dann wird man sehr schnell feststellen, dass man nicht auf der Insel Deutschland bleibt, sondern dass es weit darüber hinaus geht. Das heißt also für unseren Podcast, dass wir natürlich da, wo wir mit Deutschen zu tun und deutsche Interviewpartner haben, dass wir natürlich auch diese Sprache auch bemühen. Aber manchmal wird man feststellen, dass es eben Interessenkreise gibt, die leider nicht in Deutsch abgebildet werden können. Sondern, dass wir dann eben auch englische Teile hier mit einpflegen werden, einfach, um die Informationen, die sonst an uns komplett vorbeigehen würden, die aber wichtig sind, um dieses Gesamtbild zu schmieden, dass wir die dann hier auch mit einblenden und dann eben in Englisch abbilden würden.

 

Ansgar Knipschild: Ja, finde ich einen ganz wichtigen Aspekt. Also ID goes international könnte man das Ganze jetzt auch etwas marketingmäßig übertiteln. Und ich glaube, die andere Idee, nämlich, dass wir Themenblöcke in vier, fünf Folgen übergreifend auch behandeln wollen, zahlt da ja auch ganz gut drauf ein. Und wir wollen starten mit einer kleinen Serie jetzt Anfang 2023 zum Thema Data Analytics.

Wir glauben, dass das Thema Daten und Datenbereitstellung, Analyse aus Daten ein ganz wichtiges Fundament für die gesamte Branche, beginnend mit der Industrie selber, ist. Wo, glaube ich, auch die Sicht darauf, wo kommen diese Daten her, wo werden sie vorgehalten, wie werden sie weiter prozessiert, wie werden sie gemanagt, wie werden sie analysiert, ganz viele Implikationen auf nachfolgende Schritte hat, wie zahlt es auf das Underwriting ein, wie zahlt es nachher in den Alltag der Industrieunternehmen ein und so weiter. Und das hat uns dazu geführt, dass wir eben mit dieser kleinen Serie starten wollen. Vielleicht auch hier mal die ersten Kontakte in Richtung internationaler Gäste knüpfen möchten. Und wir wollen heute mal einen ganz kleinen Abriss geben zu den Ideen, die wir zu dem Thema Data Analytics haben.

Und ich möchte einfach mal selbst damit starken, ganz kurz eine Eingrenzung zum Thema zu geben. Denn wie bei so vielen Begriffen, die eine gewisse fachliche Implikation haben, aber auch aus der Technik, aus der IT letztlich kommen, ist der Begriff nach meinem Verständnis nicht hundert Prozent klar definiert. Wir alle kennen aus der Vergangenheit Themen wie BI, Business Intelligence, Data Warehouse hat sicherlich der eine oder andere unserer Zuhörer, Zuhörerinnen hier auch schon gehört. Also überall da, wo es auch um größere Datenmengen, Big Data, geht, die dann analysiert werden sollen, taucht dann irgendwo auch der Begriff Data Analytics auf. Und ich würde nach meinem Verständnis heute sagen, dass Data Analytics vor allen Dingen dann einsetzt, wenn man mit den Daten arbeiten möchte und Rückschlüsse daraus zieht, die dann eben sofort einen Impact, entweder auf das aktuelle operative Geschäft oder auf das zukünftige Geschäft halt haben werden.

Also ich werte sie nicht einfach aus, habe dann im schlimmsten Fall ein langes Excel Sheet oder einen PDF-Report oder was auch immer und gucke in die Vergangenheit, sondern ich ziehe aus den Daten Handlungsideen, Handlungsempfehlungen, vielleicht sogar Handlungsanweisungen bis hin zu einem gewissen Automatisierungsgrad, um die in meinem Geschäft auszuführen letztendlich. Analytics wirklich als Drehscheibe, die aus Daten wirtschaftliche Aktionen machen, so möchte ich es vielleicht mal ganz abstrakt beschreiben.

Und klassischerweise unterscheidet man ja vier Bereiche. Ich gucke gerade mal auf meinen schlauen Zettel. Die Descriptive Analytics, Diagnostic Analytics, Predictive Analytics und Prescriptive Analytics, die gehen so ein bisschen durch die zeitliche Historie durch. Natürlich muss man auch einen Blick in die Vergangenheit machen bei Data Analytics, das ist Descriptive Analytics. Ich gucke in meine historischen Daten, sammele sie auf. Kann dann über die Dianostic Analytics schauen, warum passiert das eigentlich, kann ich hieraus Muster erkennen, kann ich hieraus Rückschlüsse ziehen, warum vielleicht hier ein Fehler passiert, warum sich ein Teil abnutzt, warum sich Käufer oder der Markt in die und die Richtung bewegen. Und dann wird es spannend bei der Predictive Analytics mit einer Prognose, kann ich aus den Vergangenheitsdaten auch Trends, Tendenzen für die Zukunft ableiten. Und die Prescriptive Analytics als vierte Kategorie, die dann sagt, okay, und wenn aufgrund dieser historischen Daten jenes vielleicht in der Zukunft passiert, was muss ich dann eigentlich tun, um zum Beispiel ein bestimmtes wirtschaftliches Ziel wie mehr Umsatz oder weniger Kosten oder Kundenbindungsmaßnahmen oder so zu erreichen.

Fazit für mich so für die erste fachliche Eingrenzung wäre, Data Analytics ist da nach meinem Verständnis eben beileibe kein reines IT-Thema, wo sich ein paar Software-Ingenieure oder Data Engineers in einem Turm einschließen und gegenseitig die Daten irgendwie zuschmeißen, sondern es geht wirklich darum, mit diesen Daten zielgerichtet etwas zu machen. Und da würde ich jetzt noch mal kurz zu Hartmut auch überleiten, das Thema ist ja gerade in den Non-Insurance-Bereichen, ich nenne die jetzt mal so, eins, was ja schon länger auch am Markt ist. Und vielleicht hast du gerade ein paar Beispiele aus der Praxis, mit denen man mal illustrieren kann, was mit Data Analytics auch heute schon passiert. 21:00

 

Hartmut Mai: Vielen Dank, Ansgar. Das ist genau, wie du schon gesagt hast, es ist jetzt kein Thema, was jetzt in irgendeiner Form ein Zukunftsthema nur beschreibt, was irgendwie spuky ist und irgendwann in einem undefinierten Zeitrahmen in der Zukunft passieren wird. Sondern vielmehr ist es ein Thema, was uns heute schon umgibt, und zwar in unserem Tagesgeschäft, in unserem daily life, sage ich jetzt mal. Jeder, der über Amazon schon mal Dinge bestellt hat, weiß, dass die Daten, die dort zur Verfügung gestellt werden, kundenseits, dass die eben auch dafür genutzt werden, um Kundenverhalten für die Zukunft zu analysieren und auch die Möglichkeit birgt, vorherzusage und Werbung et cetera diesbezüglich zu steuern. Das heißt, im Retail-Bereich haben wir das heute schon für die Internet-User. Und das werden neunzig Prozent derjenigen sein, die heute unterwegs sind.

Aber auch in anderen Bereich, was Mobilität anbelangt, in der Airline-Industrie gibt es heute schon Unternehmen, deren Geschäftsmodelle allein auf AI basieren und auf Data Analytics basieren zum Thema Predictive Maintenance oder Fuel Efficiency, also wie viel Kerosin dürfen die Triebwerke bei welcher Route nutzen. gleiches findet im Bereiche Marine statt, in der Seefahrt. Aber auch Mobilität weitergedacht, auf die Einzelperson gedacht, autonomes Fahren in der Zukunft basiert auf Data Analytics. Und an diesen Themen wird mit Nachdruck gearbeitet. In der Pharma-Industrie, Entwicklung von neuen Medikamenten, wir haben es jetzt in der Corona-Pandemie gesehen, all diese Dinge basieren auf Data Analytics, die mit hoher Effizienz zu gewissen Ergebnissen kommen, die der Gesellschaft und den Unternehmen einen Mehrwert generieren.

Und wenn man sich jetzt all diese Beispiele vergegenwärtigt, dann stellt man sich doch automatisch die Frage, was passiert eigentlich in dem Bereich, der uns so am Herzen liegt, sprich in der Industrieversicherung? Denn ich habe mal gelernt, dass die Industrieversicherung immer dem Kunden folgt. Und wenn der Kunde eine gewisse Entwicklung und diese Entwicklung ist rasant, dann wird die Industrieversicherung diesen Kunden oder diesen Branchen mit einem gewissen Zeitverzug auch folgen müssen, um einfach an dieser Stelle relevant zu bleiben. Und wir haben uns die Frage gestellt, was passiert in der Industrieversicherung heute und was könnte in der Industrieversicherung morgen passieren, um dann auf dieser Basis in die Diskussion einzutreten und versuchen, dieses Bild etwas schärfer darzustellen. 24:19

 

Ansgar Knipschild: Da vielleicht noch mal der herzliche Aufruf hier an unsere Zuhörer, wenn ihr mit diesem Thema etwas zu tun, wenn ihr praktische Erfahrungen gemacht habt, wenn ihr vielleicht sogar verantwortlich im Unternehmen für diesen Bereich seid, meldet euch gerne. Wir sind gerade dabei, die ersten Gäste hier bei uns im Podcast zu akquirieren, sozusagen einzusammeln, sodass wir hier hoffentlich im ersten Quartal 2023 ein paar spannende Folgen mit Insides aus dem Bereich hier präsentieren können.

Noch ein ganz kurzer Punkt, Hartmut, der mir eingefallen ist, als du auch so eingestiegen bist über den Retail-Bereich, also so ein bisschen hat man ja bei deiner Anmoderation Richtung Versicherung gemerkt, dass du da auch eine gewisse Skepsis hast. Oder ein kleines Augenzwinkern konnte ich jetzt hier auch im Video sehen, dass bei der Industrieversicherung wahrscheinlich noch nicht ganz so viel ist. Und ich höre ja schon auch ab und zu auch mal, und das würde ich aus dem privaten Bereich auch bestätigten, naja, also wenn ich mal in meinen Alltag, gerade bei Amazon, was du genannt hast, oder auch meinetwegen bei Spotify oder bei Apple meine Musik-Playlist, was mir da bitte die Predictive Analytics gerade empfehlen, ist ja nun auch nicht so doll. Da wollte ich euch mal fragen, habt ihr denn mal so ein richtig praktisches Beispiel, sei es privat jetzt oder im Business-Bereich, wo ihr sagt, das hat echt funktioniert? Denn ganz ehrlich, die Amazon-Vorschlagsliste, da frage ich mich immer die ganze Zeit, wenn da so viele schlaue Leute in Kalifornien unterwegs sind, die das bauen, da muss doch mal etwas Besseres dabei rauskommen als die Vorschläge, die ich bekomme. Vielleicht geht es auch nur mir so, keine Ahnung. Deshalb mal die Frage, funktioniert das bei euch besser als bei mir oder bin ich da alleine auf weiter Welt? Die Predictive Analytics. 25:48

 

Benjamin Zühr: Also ich muss ganz ehrlich sagen, ich gebe dir da schon recht. Also ich kann jetzt auch nicht behaupten, dass ich jetzt irgendein Beispiel habe, wo ich sage, wow. Also da funktioniert es wirklich perfekt oder ist genauso, wie ich es mir irgendwie vorstelle. Aber man muss halt schon sagen, was ich halt spannend finde an der ganzen Thematik, ist, man spürt mittlerweile, wie sich diese Dinge weiterentwickeln. Also es ist halt von, okay, ich gebe irgendwas, was weiß ich, bei Amazon ein. Und wie war das vor drei, vier Jahren, da kam dann im Zweifel, keine Ahnung, was für eine Vorschlagsliste, die aber wirklich sehr, sehr wenig gepasst hat.

Und mittlerweile ist es halt so, dass es schon immer konkreter, immer besser wird und man einfach schon das Gefühl hat, dass da im Hintergrund schon eine Entwicklung stattfindet. Aber ich gebe dir schon recht, also im Zweifel ist es schon auch noch ausbaufähig und ich meine, es ist ja jetzt kein Geheimnis, dass auch daran extrem viel gearbeitet wird, an dem ganzen Thema. Und dass es halt auch sehr, sehr komplex ist. 26:55

 

Hartmut Mai: Ja, Ansgar, mal weg von der Vorschlagsliste in Spotify et cetera, wo natürlich Musikgeschmack vielfältig ist, ich sage jetzt mal, auch mit dem Risiko, dass jetzt dieses Beispiel, was ich jetzt nenne, vielleicht ein bisschen negativ behaftet ist, wir alle verfolgen das Geschehen um den Krieg in der Ukraine und wundern uns manchmal, wie es einer Armee, wie der ukrainischen Armee, gelingt, sich einer solchen Übermacht erfolgreich zu erwehren und nicht nur zu erwehren, sondern auch Territorien wieder zurückzugewinnen.

Und an der Stelle spielt eben auch Information, Daten und die Analyse dieser Daten eine ganz entscheidende Rolle, sprich eine lebenserhaltende Rolle. Und Soldaten auf Basis von Informationen zielgerichtet und effizient einzusetzen, aber nicht nur das, sondern auch auf Basis der Informationen, die zur Verfügung stehen, die Überlegung anzustellen, welche Waffensysteme sind am effizientesten, um einer gewissen Bedrohungslage entgegenzutreten, das können wir heute alles in der Ukraine beobachten. Und das sind natürlich Informationen, die von amerikanischen Geheimdiensten zur Verfügung gestellt werden, aber auch von amerikanischen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, die Data Analytics zu ihrem Business-Modell erchoren haben. Auch diese Unternehmen benutzen Data Analytics, um zum Beispiel Terroristen weltweit zu jagen und den Versuch zu unternehmen, Terroranschläge zu vermeiden und vorherzusehen und vorherzusagen.

All das findet heute auch statt, das ist meine persönliche Meinung, was natürlich einen hohen gesellschaftlichen Impakt hat und wo wir schon ein Gefühl dafür kriegen, mit welcher Präzision eigentlich diese Vorhersagen möglich sind. Und mit welcher Präzision diese Analysen auf den zur Verfügung stehenden Daten, zu welchem Effekt das führt. Es gibt, natürlich, bin ich vollkommen bei dir, Spotify, diese Ideen, es gibt aber auf der anderen Seite, glaube ich, heute auch schon Beispiele, wo man sieht, dass die Genauigkeit, mit der hier gearbeitet wird, wirklich, neudeutsch gesagt, Mind Blowing ist. 30:01

 

Ansgar Knipschild: Und ich glaube, es gibt ja auch noch diesen interessanten Effekt in den letzten Jahren bei Spracherkennung, fällt mir ein, jetzt ganz aktuell der Generierung von Texten oder von Bildern ging ja auch so ein bisschen auch über den Jahreswechsel noch so durch die Ticker. Wenn du eine Qualität erreichst, die bei achtzig, bei neunzig, bei 93 Prozent ist, ist das bei bestimmten Themen immer noch sehr unzufriedenstellend.

Also Spracherkennung mal ganz konkret für die älteren Zuhörer hier im Podcast, die vielleicht noch mit Dragon Naturally Speaking früher experimentiert haben an ihrem IBM Notebook, also Spracherkennungssoftware war das damals von IBM. Hat man die ganz schnell wieder weggepackt, weil sie halt nicht funktioniert, obwohl sie wirklich eine Genauigkeit von weit über neunzig Prozent hatte, das reicht dafür aber nicht aus. Und mit den letzten ein, zwei Prozentpunkten in den letzten zwei, drei Jahren, wir alle kennen es vom Handy, insbesondere in dem Fall dann eben von Google, die jetzt gerade aktuell die Nase vorne haben, dass zwei Prozentpunkte mehr mit einmal einen riesigen Sprung ausmachen und die Qualität nach vorne pushen.

Und ich glaube, das ist so ein bisschen das Fatale an diesem Thema und von daher vielleicht auch gleich dann mal die Überleitung in den Industrieversicherungsbereich, wenn man nicht aufpasst als Teilnehmer auch einer Branche, wird man lange Jahre etwas Innovatives abtun, nach dem Motto, das funktioniert ja alles noch gar nicht. Verpasst damit die Chance, Erfahrungen zu sammeln und unter anderem die Datenbasis ja überhaupt erst mal aufzubauen, mit der man dann auf diesen Daten dann weiterarbeitet. Und dann kommt vielleicht irgendwann die letzten zwei, drei Prozentpunkte vom Wettbewerb oder von anderen und es funktioniert mit einem Mal wahnsinnig viel. Und dann dieses GAP aufzuholen, diese vielleicht verpasste Zeitschien, oh, jetzt muss ich aber eigentlich mal gucken, dass ich meine Daten mal vernünftig vorbereite, damit ich überhaupt Data Analytics drauflassen kann, das ist, glaube ich, so ein bisschen die Gefahr.

Selbst, wenn es vielleicht heute in einigen Bereichen, das ist so ein bisschen mein Punkt, den ich damit noch mal rausarbeiten wollte, wir noch nicht genau da sind, wo es hingehen soll, zumindest in den Versicherungsbereichen. Aber gehen wir doch noch mal rein Hartmut, du hast ja eben angedeutet, was gibt es denn vielleicht für Themen, die dir auch bekannt sind, wo auch in der Versicherungsbranche oder sogar Industrieversicherungsbranche schon Aspekte von Data Analytics heute in der Praxis auftauchen? 32:11

 

Hartmut Mai: Also man muss sagen, das ist ein Feld, was jetzt vielleicht nicht die breite Basis der Versicherer oder, ich sage jetzt mal, die breite Basis der Stakeholder im Industrieversicherungsbereich umtreibt. So wie halt immer, gibt es schon Unternehmen, die sich sehr intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen und es gibt Unternehmen, die hier eine beobachtende Rolle eingenommen haben, um dann vielleicht, wenn das Marktgeschehen jetzt wirklich um sich greift, dann auf den Zug aufzuspringen und dann praktisch versuchen, aufzuholen.

Es gibt einige Unternehmen, die jetzt auf Basis dieses Umfeldes zunächst erst einmal ihr eigenes Kompetenzmodell infrage gestellt haben und ihr eigenes Kompetenzmodell aufgebaut haben mit der Frage, was braucht es eigentlich, um einen datenbasierten Industrieversicherer zu bauen oder abzubilden. Und anhand dieses Kompetenzmodells, und einige Kompetenzen hast du schon genannt, Ansgar, wie muss mein Datenmodell aussehen, wie kann ich eigentlich ein homogenes Datenmodell bauen über unterschiedliche Branchen, unterschiedliche Länder, unterschiedliche Systeme.

Die Systemlandschaft ist ja mehr heterogen als sie homogen ist. Wie muss dieses Datenmodell aussehen, weil, das wird dann die Grundlage dafür sein, um auf Basis eines homogenen Datenmodells Analysen fahren zu können. In diesem Bereich sind einige Unternehmen schon ganz gut unterwegs. Ich sage jetzt mal, die führenden Industrieversicherer, die auch diese Ergebnisse der Analyse auf diesen Daten dafür nutzen, ihre eigene Portfoliosteuerung vorzunehmen. Das heißt, ihre Planung, ihr Portfoliomanagement, in welchem Bereich möchte ich wachsen, in welchem Bereich möchte ich vielleicht eher nicht so wachsen, Portfoliosteuerung im Vertrieb, wie kann ich Datenanalysen betreiben, um den Vertrieb mit den Informationen zu versorgen, Kunde A ist für mein Portfolio interessant, Kunde B ist für mein Portfolio wahrscheinlich eher abträglich. Und das findet heute schon statt.

Jetzt gehe ich noch mal einen Schritt weiter. Das ist immer noch eine sehr interne Sichtweise der Versicherer. Die Frage ist jetzt, wo werden Datenanalysen dafür genutzt, dem Kunden einen Mehrwert zu schaffen? Und darüber denke ich jetzt mal, müsste sich das Geschäftsmodell der Industrieversicherer ja ausdehnen und erweiterbar sein, wo ich zum Beispiel Data Analytics dafür nutzen kann, Kunden vor einem Event ein Frühwarnsystem zu implementieren. Und ich denke jetzt mal an zum Beispiel eine Überflutung der Ahr oder ein Starkregenereignis, wo man eben sich die Frage stellen muss, ja, von staatlicher Seite kann das vorgenommen werden, aber es kann genauso gut auch von Industrieversichererseite vorgenommen werden. Und um dieses Geschäftsmodell, das man ja hat, jetzt über andere Themen eben hinaus zu erweitern.

Ich kenne ein Unternehmen, was in diese Richtung denkt und unterwegs ist, ich könnte vielleicht noch zwei, drei weitere nennen, die hier vorsichtige erste Schrittchen wagen, aber ein breites Thema ist es im Markt soweit noch nicht. Aber ich glaube, der Markt wird sich diesem Thema stellen. Und je früher man sich mit diesem Thema auseinandersetzt, auch mit den ersten Schritten, wie gesagt, das Kompetenzmodell dazu aufbaut, desto besser ist es, glaube ich. Und desto wichtiger ist es, um auch dem Kunden zu demonstrieren, wir sind ein relevanter Partner für euch und wir wollen euch auch in Zukunft bei diesen Themen begleiten. 36:19

 

Benjamin Zühr: Also was ich daran echt spannend finde, ist, du sagtest ja vorhin auch, dass der Markt eigentlich den Kunden folgt. Und grundsätzlich glaube ich das auch. Aber was ich halt interessant finde, ist, ich meine, wie lange gibt es den Begriff Industrie 4.0 schon und wie lange befindet sich eigentlich die Industriebranche schon im Wandel. Also es sind schon einige Jahre, sage ich mal. Und bisher habe ich nicht das Gefühl, zumindest den Teil, den ich kenne, also ich bin vor allen Dingen auf Maklerseite auch zu Hause, bisher habe ich nicht das Gefühl, dass es wirklich Konzepte gibt, wo man diesem Trend, auf Kundenseite gerade im Industriebereich, dem ja seit Jahren relativ konsequent zumindest gefolgt wird, wirklich mit Dienstleistungen genüge tut. Und das ist für mich schon ein Thema, was mich hier sehr interessieren würde.

Also ich würde mich extrem freuen, wenn wir auch Podcast-Gäste quasi hier begeistern können, an dieser Diskussion teilzunehmen, die vielleicht genau aus diesem Segment auch kommen, und uns mal diese Seite auch darstellen. Also da geht es ja vor allen darum, okay, was weiß ich, ein Industrieunternehmen, Produktionsunternehmen hat letztendlich wirklich seine Produktion digitalisiert, kann ich Echtzeit die Daten auslesen et cetera pp, was bedeutet das für den Makler, für den Versicherer.

Inwieweit spielt das Thema Risikomanagement da dann wirklich auch eine Rolle und so weiter und sofort. Also ich sehe auch ein, zwei, drei Unternehmen, die sich damit auseinandersetzen. Fairerweise muss ich sagen, die kommen aber eher aus der Software-Branche. Und ansonsten kann ich da bisher noch eher weniger erkennen. Es kann aber auch sein, dass ich da im Zweifel auch einen Teil des Marktes nicht kenne. Also würde es mich umso mehr interessieren, wenn es da auch wirklich Beispiele gibt, wo da wirklich aktiv daran gearbeitet wird.

In Einzelfällen kenne ich ein paar Beispiele, wo Versicherer angefangen haben, Kooperationen mit Endkunden einzugehen und Schnittstellen zu deren letztendlich Produkten oder Produktionslinien aufzubauen, um Daten wirklich in Echtzeit auswerten zu können und auf der Basis Produkte aufzubauen. Aber eher wenig bisher. Und ein absolut spannendes Thema, weil meine Meinung nach, einen besseren Schutz kann man ja gar nicht bieten, als sich wirklich mit den Echtzeitdaten dann auch auseinanderzusetzen. 39:10

 

Ansgar Knipschild: Ich habe eine Frage kurz noch an euch. Ist das eher ein Thema für die Großen der Branche? Ich bin jetzt bei den Kapazitätsgebern, Versicherern, vielleicht auch bei den Maklern. Vielleicht auch einfach vor dem Hintergrund, die haben die meisten Daten, einfach Gesetz der großen Zahl, was bei statischen Verfahren ja nie verkehrt ist, plus auch das Geld, um vielleicht einfach dort die Innovation voranzutreiben. Oder ist genau das Gegenteil der Fall, nein, die Großen brauchen es gar nicht, zumindest in der aktuellen Marktsituation, in Anführungsstrichen, ist es eine ideale Chance für kleine Nischen-Player, um vielleicht sich in dem Markt entsprechend zu behaupten und innovative Marktmodelle reinzutreiben? Da eine Meinung zu.

 

Hartmut Mai: Also ich glaube, dass es ein marktspezifisches Thema ist. Ja, die Großen, das ist naheliegend, die müssen sich diesem Thema stellen. Und die sitzen eigentlich, und das sagen wir jetzt auch, Benni schon seit Jahren, auf dem Datenschatz. Haben aber mit diesem Schatz schon lange Jahre nicht so richtig etwas anzufangen gewusst. Aber diese Erkenntnis, die ist jetzt gereift. Und mit dieser Erkenntnis versucht man jetzt in Zukunft, etwas zu gestalten.

Es gibt aber jetzt auch viele kleinere Versicherer, die aber Spezialthemen betreiben. Spezialthemen, die können sie deswegen betreiben, weil sie dort spezielle Expertise aufgebaut haben. Das heißt, das sind auch wichtige Partner in einem Versicherungsmarkt. Und ich denke jetzt mal laut, insbesondere in der jetzigen Marktphase, in einer Hartmarktphase spielen eben diese kleinen Versicherer doch aus Kundensicht eine entscheidende Rolle, um eben die Möglichkeit zu haben, flexibel auf gewisse Marktgegebenheiten reagieren zu können. Das heißt also, wenn also Kapazitäten im Markt verschwinden und Führungspersonen von Großversicherern in der breiten Öffentlichkeit sagen, dass gewisse Risiken in Zukunft unversicherbar sind, können sich an diesen Themen kleinere Versicherer profilieren.

Es gibt jetzt einen Versicherer, einen Spezialversicherer, obwohl der gar nicht so klein ist, der in diesem Bereich zum Beispiel das Datenmodell genutzt hat, um Cyber Bonds aufzulegen. Und diese Risiken, also sprich Cyber-Risiken in den Kapitalmarkt zu indizieren und handelbar zu gestalten, zum ersten Mal vor ein paar Wochen. Und ich finde, da sieht man Beispiel dafür, dass, wenn man sich mit diesem Thema intensiv auseinandersetzt, dann erhält man sich die Relevanz aus Kundensicht.

Es reicht einfach nicht, zu sagen, dieses Risiko ist unversicherbar und damit lasse ich meine gesamte breite Kundenbasis im Regen stehen. Und ich verabschiede mich davon, in Zukunft diese Kundenbasis weiter zu bedienen und den Service, der eigentlich von mir erwartet wird, den leiste ich einfach nicht mehr. Und wenn man das tut, dann muss man darauf vorbereitet sein, dass kleinere Spezialversicherer genau in diese Nische eindringen und sich die Kenntnisse, aber nicht nur die Kenntnisse, sondern auch die Datenhoheit und die Analysefähigkeit auf Basis dieser Datenhoheit dazu nutzbar machen, die von großen Versicherern auf einmal dem Markt überlassen wird, in diese Nische reinzudrängen und diese Lücke zu füllen und aus Kundensicht dann wirklich Relevanz zu zeigen. Und deswegen glaube ich, also mein Plädoyer, wenn man sich mit diesen Themen auseinandersetzt, dann kann das durchaus dazu führen, dass man eine führende Rolle im Markt sich erstreiten kann. 43:15

 

Ansgar Knipschild: Benny, dann dich mal die Frage, man könnte ja genauso gut fragen, Data Analytics, ist das eher ein Betriebs- oder Vertriebsthema? Also Betrieb im Sinne von, mit Data Analytics kann ich Kosten reduzieren, indem ich vielleicht bestimmte Schäden versuche, in den Griff zu kriegen oder bestimmte Verarbeitungsprozesse, Vertrieb eben in Richtung, kann ich mein Portfolio optimieren. Hast du da eine Sicht drauf, wo du glaubst, wo der Schwerpunkt der Data Analytics in der Versicherungsbranche hingeht? 43:42

 

Benjamin Zühr: Also ich glaube, am Ende wird beides davon profitieren. Also es ist ja ganz spannend, wenn wir jetzt eben mal die Diskussion von uns hier sehen, allein da sind ja schon Unterschiede zu erkennen. Also Hartmut ist stark jetzt eben auf das Nutzen der bereits vorhandenen Daten in einem Unternehmen auch eingegangen. Ich habe ja auch ein bisschen mehr darauf abgezielt, okay, wie kann ich eigentlich die Daten nutzen, die quasi unabhängig von meinem Unternehmen aufgebaut werden, um letztendlich auf der Basis einen optimalen Deckungsschutz aufzubauen und so weiter und sofort. Ich glaube, wenn ein Unternehmen auf Basis von Data Analytics aufgebaut werden würde, dann würde es einen extremen Einfluss sowohl auf die Art, wie ich meinen Kunden betreue, haben als auch auf die Art, wie ich meine internen Prozesse abwickle. Und natürlich damit einhergehend auch im Zweifel Schäden. Aber da sind wir halt noch echt meilenweit von entfernt. Und ich bin mal gespannt, momentan sieht man ja eher, ich sage mal, jüngere Unternehmen, die sich mit dem Thema wirklich intensiv auseinandersetzen, zumindest so auseinandersetzen, dass es auch im Markt sichtbar wird, die auf der grünen Wiese im Zweifel aufgebaut werden.

Natürlich gibt es auch etablierte Marktteilnehmer, die sich damit auseinandersetzen. Aber ich glaube, wenn man das in der breiten Masse bei den Etablierten sich anguckt, ist das eher wirklich noch ein kleinerer Teil, weil es halt einfach ein extrem beschwerlicher Weg ist. Also wenn ich mir angucke bei den Unternehmen, die ich gut kenne, wie da überhaupt die Datenstruktur ist, dann ist das ein extrem schwerer Weg, auf der Basis wirklich anzufangen, gegebenenfalls daraus wirklich Rückschlüsse zu ziehen, nachhaltige Rückschlisse, die sogar Einfluss auf Prozesse, Produkte et cetera pp. haben. 46:10

 

Ansgar Knipschild: Und ich glaube, neben diesen vielfältigen Facetten, die wir gerade nur anreißen konnten, denn wir wollen ja nur so einen kleinen Teaser geben, wie wir eben in den nächsten dann tiefer einsteigen, kommt, glaube ich, auch ganz profan schon fast das Thema, ich muss ja als Unternehmen, sowohl als Industrieunternehmen als auch als Makler als auch als Versicherer erst einmal eine Kompetenz erwerben, mit den Daten umzugehen. Das hört sich jetzt ja so selbstverständlich an. Aber ich glaube, diese zum Teil auch technische Kompetenz, IT-Kompetenz, die zu beherrschen, ist, glaube ich, auch noch ein kleiner Schritt. Und die ist ja die Grundlage von allem.

Wenn ich heute beim Auflegen eines neuen Produkts ins Schlingern gerate, weil ich vielleicht rücklaufende Sensordaten oder Ähnliches einfach nicht verarbeiten kann, weil ich einfach nicht in der Lage bin, mit vernünftigem Kostenapparat die Sachen zum Beispiel in meine zentralen Data Repositories einzuspielen, dann sind alle nachgelagerten Sachen natürlich auch irgendwann mal obsolet. Und ich glaube, das ist ein weiterer Baustein, der aber, glaube ich, auch in den nächsten Jahren eine deutliche Beschleunigung erfahren wird, weil es einfach mal leicht wird, weil es immer mehr Service-Anbieter geben, Softwareprodukte geben wird, die das auch erleichtern. Dass man da also wegkommt vom CSV Parsern oder sehr kompliziert sich eben an Web-Schnittstellen anbinden halt. Und so kommt eigentlich alles zusammen, eine gewisse technische Kompetenz, eine Fantasie, was kann ich mit diesen Daten machen. Und letztendlich dann durch das praktische Auseinandersetzen dann auch innovative Geschäftsmodelle eben rauszuziehen. Und was wir eben schon eingangs gesagt hatten, es ist wirklich die Grundlage von ganz, ganz vielem, ich glaube, gerade im Industrieversicherungsbereich, wo sich Risikomodelle, Risiko-Management von ableiten.

Wir haben eben kurz Cyber angerissen, wenn ich allein an Financial Lines denke, stellt euch mal vor, diese Branche hätte zeitnah Daten, was beim Kunden, bei einem großen Konzern passiert, wo gerade in der G+V große Löcher sind, wo Liquiditätsengpässe sind. Was das im Sinne von Insolvenzrisiko bedeutet et cetera. Da sind der Fantasie ja keine Grenze gesetzt, wenn es denn technisch leicht wäre, an diese Daten auch in einem vertrauenswürdigen Maße natürlich zuzugreifen. Und wiederum aus Kundensicht, man möchte ja auch keine hundert Prozent Transparenz wahrscheinlich drin haben. Ich möchte vielleicht auch nicht jedem Dienstleister tagesgenau meinen Cashflow rübergeben. Also dann reden wir vielleicht auch darüber, wie Daten geclustert werden, wie sie ein Stück weit auch anonymisiert werden und trotzdem aus einer Risikoträgersicht immer noch relevant sind. Also von daher ein sehr, sehr vielschichtiges Thema, das in alle Bereich ausstrahlt meiner Meinung nach. 48:42

 

Hartmut Mai: Ja, ein superwichtiges Thema, Ansgar, insbesondere die Datenhoheit diesbezüglich. Das heißt also, das bezieht sich auf Individualpersonen genauso wie auf Industrieunternehmen. Als Individualperson möchte ich die Datenhoheit haben, wie meine persönlichen Daten von wem in Zukunft genutzt werden. Und ich möchte diese Entscheidung fällen, ob ich meine Daten zur Verfügung stelle oder nicht. Und ich glaube, dieser Gedanke, der ist genauso anzubringen für Industrieunternehmen. Das heißt also, die Daten, die dort geteilt werden mit Partnern in der Versicherungswirtschaft, und das müssen nicht nur Versicherer sein, darüber wird der Kunde in Zukunft eine eigene Entscheidung fällen wollen. Und um damit praktisch auch seine Datenhoheit ausleben zu können. Und ich glaube, diesem Thema hat man sich auch noch nicht in aller Klarheit positioniert und gewidmet.

Wobei es ja immer wieder die Diskussion gibt, wem gehören die Daten. Und die Daten haben einen Wert und die Daten gehören dem Kunden. Und die Frage ist, kriegt der Kunde einen Wert dafür, ja oder nein. Und ich glaube, mit Hilfe von Data Analytics und auch mit Hilfe davon, dass man sich diesem Thema nun stellt, kann man diese Frage in Zukunft beantworten und macht sich dafür auch zukunftssicher und stellt sicher, dass man da noch einen relevanten Partner in Zukunft darstellen kann. 50:19

 

Ansgar Knipschild: Ja. Wir haben, glaube ich, eine Menge Themen angerissen in der Kürze der Zeit. Wir konnten sie natürlich jetzt hier beim sozusagen Start des Podcast zum Thema Data Analytics nicht in aller Tiefe hier letztendlich abhandeln. Wir hoffen, wir haben so ein bisschen neugierig gemacht für die nächsten Folgen. Und wir denken, wir haben ein paar interessante Gesprächspartner für die Zukunft hier geplant. Noch einmal die Einladung an alle draußen, die uns zuhören, wenn ihr zu dem Thema Erfahrungen, Ideen habt, meldet euch gerne bei uns über LinkedIn, über die Gruppe, über eine private Nachricht, dann können wir gerne drüber sprechen, wie ihr bei uns auch entsprechend beitragen könnt, wie ihr die Community erweitert. Was haben wir vor, vielleicht so ein paar Stichworte von unserem Redaktionsplan her, natürlich werden wir Data Analytics durch die Brille als strategische Aufgabe für Versicherer und Makler mal adressieren. Weil, wie wir gerade schon gemerkt haben, das ist mehr als nur operatives Handling. Das Thema Benchmarking, wie kann ich mit Data Analytics meine Portfolios, meine Bestände oder auch meine Vertriebsstrukturen überprüfen, monitoren, Handlungsempfehlungen eben entsprechend rausziehen.

Das Thema, was Benni angestrichen hat, ist sicherlich einen eigenen Podcast wert, Einfluss auf Risikobeurteilung und Risikomanagement. Jenseits der individuellen Beurteilung durch Underwriter oder durch die entsprechenden Departments. Und das Ganze eben vom Einzelrisiko auch hoch dann auf das Portfolio, bis hin zur Akquise kann ich mir vielleicht sogar eine positive Target List erzeugen mit Hilfe von Data Analytics, wo ich sage, das sind eigentlich Kunden, die sowohl durch eine Broker-Perspektive als auch durch eine Versichererperspektive zu meinem Risikoappetit oder zu meinem ausgeglichenen Portfolio Sheet halt einfach passen.

Und last but not least Produktentwicklung auf Basis von Data Analytics, kann man mit Hilfe von Daten, wenn man sie intelligent managt, im Einklang, über die gesamte Vertriebskette ganz neue Produktideen entwickeln, die auf dem analogen Wege zu teuer wären oder gar nicht möglich wären, und dann mit dem Kunden auch ganz neue Bausteine für sein Risikomanagement liefern.

Das sind so die Themen, die wir so fürs erste Quartal bei uns auf der Uhr haben, die wir gerne im Kontext von Data Analytics hier besprechen wollen. Und ich glaube, die heutige Folge hat so ein bisschen gezeigt, dass wir da, glaube ich, einen sehr spannenden Teil haben, an dem wir immer wieder auch durch die gesamte Kette durchgehen, eben nicht nur aus der Versicherer- und Maklerperspektive, sondern auch sehr stark zum Kunden immer rübergehen. Das gefällt mir sehr gut dabei, denn das war auch immer so ein Learning aus den letzten zwei Jahren, dass wir auch hier im Podcast häufig die Kundenperspektive doch vergessen haben, weil wir im eigenen Saft immer wieder die Makler- und Versichererbrille sicherlich diskutiert haben, aber hier den Kunden auch noch mal entsprechend mit reinzuholen. Vielen Dank an euch beide, für den Jahresauftakt hier bei uns, 2023. Und vielen Dank an dich, Hartmut, dass du ab heute dann bei uns hier mit dabei bist, uns tatkräftig unterstützt. Und ansonsten bleibt mir nur, danke an euch und bis demnächst, habt einen schönen Tag. Tschüss. 53:20

 

Hartmut Mai: Besten Dank.

 

Benjamin Zühr: Bis bald. Ciao.

Der Podcast „Industrieversicherung Digital“ ist eine Initiative für den offenen Austausch über die Digitalisierung von Industrie- und Gewerbeversicherung: Versicherer, Makler, Kunden und IT im direkten Dialog.

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