28.12.2021
Themen-Rückblick 2021 & Ausblick 2022 – #ID30
Unsere persönlichen Themen-Highlights aus dem ersten Jahr „Industrieversicherung Digital“: Digitalisierung, Plattformen, Daten, Kundenzentriertheit, KI… Und unsere 5 Predictions für 2022!
Im Gespräch: Benjamin Zühr und Ansgar Knipschild.
Länge: 44 Minuten.
Transkript
Benjamin Zühr: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge des Podcasts „Industrieversicherung digital“ und heute mit einem Rückblick 2021. Herzlich Willkommen dir auch, Ansgar.
Ansgar Knipschild: Hi Benny, grüß dich.
Benjamin Zühr: Wir haben uns Ewigkeiten hier nicht mehr gehört.
Ansgar Knipschild: Eigentlich wollten wir diesen Podcast live machen, dass wir uns vor Ort treffen. Aber auch das hat nicht hingehauen.
Benjamin Zühr: Leider nicht. Aber, wenn man den Rückblick 2021 sieht, ist das ein Thema, was und definitiv beschäftigt hat, dass wir keinen einzigen Podcast zusammen aufnehmen konnten, sondern leider aufgrund der momentanen Situation und digital treffen mussten. Das hat aber auch ganz gut geklappt.
Ansgar Knipschild: Und wir haben direkt einen guten Vorsatz für das nächste Jahr, was dann auch nicht schlecht ist.
Benjamin Zühr: Genau so ist es.
Ansgar Knipschild: Ich bin dir noch etwas schuldig.
Benjamin Zühr: Ja, das bist du und das kann man nicht häufig genug wiederholen. Kommen wir zum Rückblick. Ich finde, wir hatten dieses Jahr extrem spannende Themen hier im Podcast besprochen, sowohl wir beide als auch mit unseren Gästen. Ein kann man sagen. Das Thema Digitalisierung ist zumindest, was die Themenvielfalt angeht, im Markt angekommen. Es wird extrem viel darüber geredet. Eine Erkenntnis aus dem Jahr 2021 ist, dass der Podcast extrem aufschlussreich und spannend von der Themenvielfalt ist. Ich persönlich hätte nicht gedacht, dass wir so extrem viele Themen hier besprechen. War dir das von vorneherein bewusst?
Ansgar Knipschild: Nein, das ist auch für mich eine Überraschung im 2021. Vorgestern habe ich auf LinkedIn den Post zur fünfhundertsten Folge. Danke an Toni, die die Grafik hierfür gemacht hat. In September 2020 sind wir mit einer Dreieraufnahme mit Mark Philipp Gösswein zusammen gestartet sind. 16 Minuten lang war dieser Podcast. Es ist unglaublich, wie wir das so kurz hinbekommen haben. Heute läuft kaum etwas unter 45 Minuten, was sich allerdings als Standardzeit im Podcast-Business herauskristallisiert hat. Ich hätte nicht gedacht, dass wir zum einen die fünfhundert Mitglieder bekommen in so kurze Zeit, die wirklich alle aus der Branche kommen. Das sind zu über neunzig Prozent Teilnehmer aus dem Versichererumkreis, es sind Makler, Industriemakler. Es gibt auch ein paar Berater, das ist aber die Minderheit. Die Teilnehmer sind überwiegend aus dem Markt, was ich super finde. Die Hörerzahlen unserer Podcasts sind auch recht beeindruckend. Noch einmal ein dickes Danke an unsere treuen Zuhörer.
Benjamin Zühr: Natürlich auch von meiner Seite vielen Dank an die treuen Zuhörer und Mitglieder. Ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass es so schnell geht. Wir hatten uns auch angeschaut, welche Podcasts wie viel gehört wurden. Ich finde es ganz spannend, dass da eine ziemliche Gleichverteilung vorhanden ist. Es gibt nicht den Favoriten oder das favorisierte Thema, sondern es scheint so zu sein, dass die Podcasts alle von einer ähnlichen Anzahl Nutzern gehört werden. Das finde ich klasse. Somit scheint es nicht nur den einen Fokus zu geben, sondern das Thema scheint insgesamt einfach auf großes Interesse zu stoßen, egal, welche Schwerpunktbereiche aus dem extrem großen Themenfeld Digitalisierung angesprochen werden. Wir hatten uns heute vorgenommen, wir wollen einerseits natürlich noch einmal einen kleinen Rückblick geben, andererseits aber auch natürlich noch vorne gucken. Das Themenfeld steht meiner Meinung noch total am Anfang. Das haben letztendlich auch unsere Podcasts gezeigt. Es gibt super spannende Initiativen. Es gibt Unternehmen, die an tollen Sachen arbeiten und es gibt einzelne Menschen, die extrem coole Visionen haben. Letztendlich liegt aber noch sehr viel Arbeit vor uns, sodass wir mal schauen, welche Schwerpunktthemen uns in den Podcasts beschäftigt haben. Wir schauen aber auch, wie die sich in 2022 weiterentwickeln werden, was vielleicht dazu nötig ist. Wir hatten ein paar Kolleginnen und Kollegen gefragt, was sie denken, so nächstes Jahr Schwerpunktthemen liegen. Das wollen wir in diesem Podcast noch einmal mit unseren Zuhörern teilen.
Ansgar Knipschild: So machen wir das.
Benjamin Zühr: Das erste Thema für mich, was wirklich mich persönlich extrem beschäftigt, ist ein Themenfeld, was wir auch mit Martin Chech von der AGCS in einem Podcast besprochen haben. Er hat gesagt, für ihn ist eine Unterscheidung sehr wichtig. Das ist die Unterscheidung zwischen Digitalsation und Digitalisation. Letztendlich hatten wir uns im Vorfeld damit auch noch einmal auseinandergesetzt. Das eine meint eigentlich die Übersetzung von analoge in digitale Prozesse, das andere ist die digitale Transformation. Nach meinem Kenntnisstand und dem, was wir hören, ist es bisher wirklich so, dass die meisten sich mit Digitalsation beschäftigen, also eher mit der Überführung heutiger Prozesse in eine digitale Welt. Es geht bisher seltener um eine Transformation des Geschäftsmodells. Es werden wirklich grundlegen auch Geschäftsmodelle hinterfragt, ob sie zukünftig genauso sinnvoll sind oder erweitert oder wie auch immer verändert werden müssten. Das ist für mich ein Thema, was nächstes Jahr ein ganz großer Schwerpunkt sein sollte und meiner Meinung nach auch jede Digitalisierungsinitiative begleiten sollte. Man sollte sich immer fragen, ob das, was man heute macht, wirklich in einer rein digitalen Welt noch sinnvoll ist und welche Zwischenschritte gegangen werden müssen.
Ansgar Knipschild: Ich glaube, eine andere Lesart oder Formulierung von dem Thema ist, ob wir die Prozesse einfach so digitalisieren wollen, wie sie sind. Das kennen wir auch aus der Projektarbeit. Das ist noch einmal eine Übersetzung von diesem englischen Begriff Digitalsation. Ich kann dir zustimmen. Im Projektalltag aber auch, wenn man von Kollegen hört, was in anderen Unternehmen los ist, sind wir immer noch – das habe ich unterschätzt – für 2021 in dieser Phase, dass wir primär die bestehenden Prozesse digitalisieren. Es ist viel Grundlagenarbeiten, nehmen wir das Thema Datenmodelle. Das kam auch an der einen oder anderen Stelle in unseren Podcasts vor. Ich habe es gerade schon erwähnt, ich hätte mir eigentlich gedacht oder gewünscht, dass das schneller geht in diesem Jahr, dass wir auch im Bereich der Industrieversicherung neuere Geschäftsmodelle sehen, die auch im Zusammenspiel der Marktteilnehmer die Zusammenarbeit noch einmal neu justiert. Damit meine ich das Zusammenspiel von Kunde, Makler, Versicherer oder Assecuradeur, wer was macht in dieser Kette. Auf der anderen Seite muss man vielleicht auch selbstkritisch sagen, dadurch, dass wir es doch auch mit recht komplexen Informationsflüssen zu tun haben – mit der Aufnahme von Risiken, mit der Bewertung von Risiken, mit der Bepreisung von Risiken, dann im Risikotransfer -, dass man wahrscheinlich diesen mühsamen Weg der Digitalsation gehen muss. Man muss überhaupt das, was noch analog oder in manuellen Prozessen da ist, digital abbilden, bevor man sich den großen Themen widmet.
Ein Learning aus dem letzten Jahr ist, dass man den Schritt gar nicht überspringen kann, gerade aus Organisationssicht betrachtet. Ein Unternehmen, das dutzende, teilweise hunderte Jahre am Markt ist, innerhalb von zwölf, 24 Monaten so einen Sprung machen zu lassen, stelle ich mir schon sehr, sehr schwer vor, auch, wenn es von außen gesehen einfach gesagt wird. Wir hatten im Vorgespräch auch die Automobilindustrie erwähnt. Wie lange ist Tesla am Markt? Das vergesse ich immer. Das sind auch schon ein paar Jahre. Wie lange wurde gesagt, warum das die deutschen Automobilbauer nicht schon lange nachmachen. Tradierte Organisationen und Kommunikationsformen brauchen Zeit, um sich zu wandeln. 09:29
Benjamin Zühr: Absolut, und trotzdem muss man sagen, dass es dahingehend auch andere Ansätze gibt. Man könnte sich überlegen, das Geschäftsmodell in einer Parallelwelt neu aufzubauen, dann auch wirklich in diesen Prozess zu transformieren. Es ist aber sicherlich ein sehr aufwendiger und auch ein sehr schwieriger Prozess. Man muss schauen, dass man die Leute mitnimmt, die Mitarbeiter, die Organisation als solche. Im Zweifel ist es ein extrem wichtiger Faktor, dass es top-down geführt wird. Es muss von der Geschäftsleitung oder vom Vorstand wirklich gewollt werden, da es mit hohen Kosten und viel Change verbunden ist. Das ist vermutlich das A und O. Du hast gerade ein Stichwort genannt, was ich gerne aufgreifen würde. Das Stichwort ist „Gemeinschaft und Plattform“. Ihr hattet dazu einen interessanten Podcast, wo das Thema Plattform besprochen wurde. Kannst du dazu noch etwas sagen?
Ansgar Knipschild: Ja. Das war unter anderem der Podcast mit der Nummer 18 aus dem Mai mit (Bilan Daftari?) von der Swiss Re. Dort wurde die Plattform der Swiss Re beziehungsweise der Swiss-Re-Corso der Coporate Solutions vorgestellt, die IPA, International Placement Administration Plattform. Das Spannende dort ist, dass er Plattformgedanke bei den Swiss-Re-Kollegen dahingehend neu gedacht, dass er von der Funktionalität her wahrscheinlich gar nicht so wahnsinnig viel Neues zu bieten hat. Ich hoffe, die Kollegen nehmen das nicht zu böse. Das Revolutionäre oder das Neue ist, dass die Plattform von einem Versicherer beziehungsweise Rückversicherer gebaut wurde und anderen Marktteilnehmern auch angeboten wird. Der (Daftari?) hatte in diesem Podcast herausgearbeitet, dass man hier auch offen ist für die Art der Geschäftsmodelle. Das kann ein klassisches Software-as-a-Service-Modell sein, mit dem dann experimentiert wird. Gleichzeitig können aber die daran hängenden Dienstleistungen – Stichwort Network as a Service -, also zum Beispiel für die Auswertung der Lokalpolicen in einem internationalen Geschäft auch als Servicedienstleistung mit angebunden werden.
Dieses Thema Plattform, Plattformdenke habe ich da schon als wirklich innovativ wahrgenommen. Ich glaube, auch da geht es von der Anzahl der Partner her, die bis jetzt angebunden sind, in kleinen Schritten voran, was wir im Podcast herausgelöst haben. Es reiht sich in die Strategie von Andreas Berger ein, der da ein Vorreiter in der Branche ist, weil er sagt, dass man weg vom reinen Kapazitätsgeber wollen, dem Versicherer, hin zu einem Anbieter von Zusatzleistungen. Er packt digitale Services, Softwareservices eng verzahnt mit dem Kerngeschäft, den Versicherungsservices, mit dazu. Das ist ein sehr interessanter Punkt. Dort gibt es aber sicherlich die einen oder anderen Fragezeichen und Vorbehalte aus der Branche. Wir haben das auch im Podcast angesprochen. Ich möchte es mal ganz direkt formulieren: Wie viele andere Versicherer schreien „Juhu“, wenn die Swiss Re, Swiss-Re-Corso mit einer Lösung kommt und sagt, man möchte sie mitnutzen? Ich glaube, da sind nach wie vor zum Teil auch wirklich nachvollziehbar Fragen und Bedenken der Marktteilnehmer, wie man hier die Kollaboration auch so gestalten kann, dass keine Abhängigkeiten an der Stelle entstehen. Das ist nach wie vor das große Thema, auch beim Thema digitale Plattform im Markt.
Benjamin Zühr: Absolut. Ich glaube, das ist auch ein großer Hemmschuh der Branche allgemein und auch etwas, was uns extrem langsam macht, dass halt jeder versucht, ein Stückweit die Themen häufig für sich zu lösen, und weniger in der Gemeinschaft gedacht wird. Ich glaube, dass das in Teilen absolut nachvollziehbar ist, weil man sich darüber auch ein Stückweit definiert, gerade über Services und Angebote. Auf der anderen Seite sehe ich auch eine große Gefahr. Digitalisierung gibt es nicht umsonst. Die wenigsten können sich einen wirklichen digitalen Transformationsprozess leisten. Ich glaube, wenn man gewisse Basisthemen nicht in der Gemeinschaft und das auch relativ zügig umsetzt, wird es irgendwann andere geben, die im Zweifel mit deutlich mehr Geld und deutlich mehr Geschwindigkeit in den Markt hineinkommen und im Zweifel auch den einen oder anderen etablierten Marktteilnehmer verdrängen werden. Das war auch ein Thema, was wir in einem Podcast mit Hartmut May besprochen haben. Er nannte das glaube ich den Interruptor, ein Unternehmen oder eine Organisation, die irgendwann mit einem digitalen Versicherungsmodell in den Markt hineinkommt, was letztendlich konsequent umgesetzt wird. Ich fand auch spannend, dass er sagt, dass das Modell seiner Meinung nach vom Kunden, vom Risiko gedacht werden muss.
Das ist ein Thema, was wir auch häufig besprochen haben, dass das Thema Risikomanagement gerade in einer digitalen Welt einfach viel mehr in den Fokus gehen muss. Es muss weggehen von der klassischen Spartendenke, die auch heute sich noch vor allen Dingen in den Köpfen befindet, hin zu einer Risikodenke, einer ganzheitlichen Denke, die den Kunden ganzheitlich betrachtet, wo nicht nur versicherbare Risiken betrachtet werden, sondern wo wirklich das gesamte Risikospektrum betrachtet wird und abgewogen wird, ob es sinnvoll oder nicht sinnvoll ist, ein Risiko zu versichern. Ich fand das extrem spannende, seine Meinung, seine Sicht auf die Themen zu hören, weil ich persönlich ganz fest daran glaube, dass es in Verbindung mit der Transformation des Geschäftsmodells einen neuen Schwerpunkt geben wird.
Ansgar Knipschild: Er hat auch das Thema Daten noch einmal herausgezogen, Datenhoheit, und hat die These aufgestellt, dass das Thema eine veraltete Diskussion ist, zu fragen, wem die Daten gehören. Er hat diese Idee des Data-Trust-Modells hineingebracht, die ich auch sehr interessant fand. Daten müssen zusammengeführt werden, müssen aber in einer Art und Weise gemanagt beziehungsweise gespeichert und verwaltet werden, dass jeder, der einen Zugriff auf die Daten hat, auch dafür bezahlen muss. Da geht es um Daten in einem wirklichen Geschäftsmodell und das in einem sehr kooperativen Geschäftsmodell, wo der Kunde im Mittelpunkt steht. Der Kunde stellt seine Daten herein, bepreist sie vielleicht, wenn man an die Industrie denkt. Wenn die Livedaten aus der Produktion hereinkommen und ein Versicherer sie dann verwerten kann, hat das seinen Wert. Wenn der Versicherer umgekehrt über Risikoprüfung und Gutachter die Risiken bewertet, hat das auch seinen Wert. Ich glaube, das ist ein sehr visionäres Bild, das aber technisch bedingt gar nicht so weit von uns weg ist. Wenn wir auf 2021 schauen, was sich beim Thema Blockchain getan hat, dann ist weniger in diesem Hype-Bereich, den wir alle gehört haben – steigende Kurse, die NFTs, die inzwischen auch schon in der normalen Zeitung zu lesen sind – sondern im Backend, in der Infrastruktur, wo zum Teil die Banken, zum Teil Handelsunternehmen einfach langsam aber sicher eine Infrastruktur aufbauen, in der auch Daten ausgetauscht werden, zum Beispiel im Jahr 2021 das große Thema Identitätsdaten, nicht nur für Personen, sondern auch für Unternehmen.
Wenn das mit Hilfe dieser oder ähnlicher Technologien gelingt, Daten vertrauensvoll unter der Hoheit der jeweils beteiligten zusammenzuhalten und auch zu bepreisen – da nehme ich etwas für eine Aussage in Richtung 2022 vorweg, vielleicht sogar über das nächste Jahr hinaus -, ist das eine Vorhersage, die Hartmut May indirekt getroffen hat, an die ich auch ganz fest glaube. Ich glaube, die Bedeutung von Daten, Datenwert und sie nicht bei einem einzelnen Unternehmen abzulassen, sondern in einer irgendwie gearteten Art von Netzwerk, wo der Abruf Geld kostet und das Einstellen Geld bringt, ist definitiv die Richtung, in die es geht. Das wird vielleicht sogar generell die Digitalisierung auch noch einmal ganz anders beschleunigen. Daten werden nicht nur als Mittel zum Zweck betrachtet – Fragebogen, Bilanzen, Checklisten -, sondern wenn man mit Daten intelligent umgeht, dann kann man die Wertschöpfung anders gestalten. Das war ein sehr spannender Podcast, den kann man jedem nochmal ans Herz legen. Der Podcast ist aus dem März 2021 die Nummer 15 mit Hartmut May mit dem Titel „Von Fußballfeldern, digitalen Partnerschaften und neuen Businessmodellen“.
Benjamin Zühr: Ich fand das auch extrem spannend. Das ganze Thema Kundefokus ist sowieso sehr spannend. Wenn wir über Kundenfokus sprechen, ist das Thema Risikomanagement natürlich ganz nah und letztendlich auch Echtzeitbewertung von Risiken. Auch dazu gab es den Podcast mir Doktor Leo Paus von der Köln-Assecuranz, die mit ihrem Karl das Thema Naturrisiken extrem gut abbilden und Doktor Leo Paus uns einen kleinen Einblick in das gegeben hat, was da passiert.
Ansgar Knipschild: Das Thema hat zu diesem Zeitpunkt direkt noch einmal eine ganz brutale Art der Realität auch widerfahren, nämlich durch die Hochwasserkatastrophen im Ahrtal, die unter anderem bei dem Thema Naturrisiken bei der KA auch eine Rolle spielen. Das hatte er im Nachgang auch noch einmal kommentiert. Ich nehme das kurz auf. Das war ein Thema, was auch die Kunden von der Risikoseite her beschäftigt. Was bedeutet der Klimawandel jetzt, wo wir ihn live auch erfahren. Man müsste noch einmal genau hineinhören, aber sinngemäß hat er gesagt, dass es sein könnte – er hat es im Konjunktiv gesagt -, dass die Wiederkehrperioden, die Häufigkeit, mit der solche Katastrophen wiederkehren, sich halbieren. Das gilt sowohl für Hochwasser- als auch für andere Katastrophen. Die Risiken verdoppeln sich dadurch praktisch. Das ist schwer, vorherzusagen, wann sie eintreffen. Wir hatten dazu eine interessante Risikodiskussion mit ihm gehabt, die Definition von Risiko. Allerdings glaube ich, kaum ein Bereich wie die Naturrisiken führt uns vor Augen, wie komplex das Management von solchen Risiken ist und wie wichtig es ist, Daten wiederum auf der anderen Seite zu haben, um daraus dann die Modelle abzuleiten. Doktor Paus hat uns einen tiefen Einblick gegeben, wie das funktioniert. Da habe ich auch noch in Erinnerung, als ich ihn fragte, wo die Daten herkommen – das sind ja primär öffentliche Quellen, die hier aus dem Naturbereich kommen -, dass die USA führend sind, weil sie öffentlich sind. Da gibt es die Freedom-of-Information-Act, den ich früher auch nicht auf dem Schirm hatte. Der bedeutet, dass alle Daten, die mit Steuergeldern von Firmen erhoben werden oder Business-Unternehmen auch öffentlich gemacht werden müssen. Das gibt es bei in Europa leider noch viel zu wenig, dass man Daten, die mit öffentlich Geldern generiert werden, hervorgehoben werden, dann der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Das ist schlicht und ergreifend der Grund, warum man auf die Daten zurückgreift. Das sind nicht nur Daten aus den USA für die USA, sondern zum Teil auch globale Daten. Das Thema Daten, Datenhandel, Datenzugriff – da haben wir die Brücke zu unserem Thema von eben – hat da auch eine sehr große Rolle gespielt. 21:41
Benjamin Zühr: Absolut. Das ist total spannend. Wenn man sagt, dass die Themen Risikomanagement und Versicherungsmanagement in einer digitalen Welt immer mehr miteinander verzahnt werden müssen. Das ist ein sehr schönes Beispiel dafür, wo wirklich schon Risiken in Echtzeit analysiert und bewertet werden und wo versucht wird, auf Basis dieser Informationen letztendlich Zukunftsaussagen treffen zu können, um diese für einen möglichen Schutz zu verwenden.
Ansgar Knipschild: Es ist auch ganz interessant, das ist eine Analogie zur Swiss Re, dass die Köln-Assecuranz auch so innovativ ist, dass sie diese Daten auch am Markt bereitstellt. Auch hier wird die Bereitstellung von solchen Analyse-Services hier an den Markt weitergegeben. Karl ist nicht nur ein internes Tool, sondern auch ein externer Service, der in Anspruch genommen werden kann. Um die Brücke zum Change zu schlagen, was wir eben bereits angesprochen haben, wie schwer sich der Markt im Umgang mit so etwas tut, hat Doktor Paus auch drüber erzählt. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel anhand der Lagerhallen ihrer Produktionsstätten sieht, welche Produktionsstätten sieht, welche Risiken besonders exponiert sind, kann man sich natürlich auch für den Versicherungsschutz innovative Modelle überlegen. Das wäre dann nach dem Motto, die Vorräte oder die produzierten Güter an die Stelle zu packen, die einem geringeren Risiko ausgesetzt wird. Man kann dann vielleicht an der Prämie etwas gestalten, die Schadenzahlen gehen runter. Er sagte, dass das durchaus teilweise mit Erfolg in der Vergangenheit probiert wurde, aber die Marktteilnehmer sich unterm Strich doch schwer damit getan haben, solche ungewohnten Modelle hier auch zu akzeptieren. Man ist wieder stark vom Menschen, vom jeweiligen Geschäftspartner abhängig. Obwohl es für einen Außenstehenden logisch ist, dass man ihm sagt, dass man die Daten digital bekommt und ein geringeres Risiko hat. Wenn man dadurch die Güter dem geringeren Risiko aussetzt, hat man einen Prämienvorteil. So einfach scheint es aber im trägen Gang der Dinge im Geschäft dann doch nicht zu sein. Vielleicht sind die Kostenersparnisse zu gering oder waren zu diesem Zeitpunkt noch zu gering, als dass der Markt das für attraktiv gehalten hat. Aber ich finde es gut, dass nach wie vor solche Ideen im Raum sind und ich glaube damit auch, dass die Idee einer Versicherung dem Kunden gegenüber noch einmal transparent gemacht wird. Der Kunde hat nicht mehr diese Blackbox und muss sich fragen, warum er eigentlich Prämie X für irgendetwas bezahlt.
Benjamin Zühr: Es ist auch das versichert, was das Risiko ist. Ein Bedingungswerk regelt alle möglichen Inhalte, im Zweifel auch Inhalte, die gar nicht zu hundert Prozent auf das passen, was das eigentliche Risiko ausmacht. Natürlich versucht man, das so nahe wie möglich zu bringen, aber am Ende sind es häufig Standardbedingungswerke, die extrem viel versichern – oder eben auch nicht –, aber es sind keine Individualbedingungswerke, die sich flexibel einer Risikosituation anpassen. Das Thema Bedingungswerke hat uns auch beschäftig, vor allen Dingen, da der Vergleich von Bedingungswerken mit Hilfe von KI. Auch dazu gab es einen Podcast mit einem Kollegen von der Gothaer, was auch sehr spannend war.
Ansgar Knipschild: Genau. Die Gothaer hat sich ein System angeschaut und in Produktion genommen, das Bedingungswerke semantisch miteinander vergleichen kann. Semantisch bedeutet in dem Fall rein von der Bedeutung der Wörter her. Man kann Standardbedingungswerke einlesen und dann diejenigen, die aus dem Markt hineinkommen, danebenhalten, um zu gucken, wo Überschneidungen sind und wo nicht. Man hat in dem Podcast allerdings auch gemerkt, wo die Grenzen einer solchen Technik. Zum Beispiel kann manchmal ein einzelnes Wort den Sinnzusammenhang komplett ins Gegenteil verkehren. Gefahren von Krieg zum Beispiel sind versichert oder sind nicht versichert. Eine Maschine sagt je nach Algorithmus, dass sie zu 95 Prozent deckungsgleich sind, weil es semantisch von den Wörtern her so ist, inhaltlich aber völlig konträr. Da war das große Learning. Ich glaube, das ist auch etwas, was wir im gesamten Markt mitnehmen. Technologie, gerade auch die häufig zitierte KI oder AI, Artificial Intelligence Technologie, ist auch nicht perfekt und hat auch gar nicht den Anspruch, Menschen oder ihr Denken komplett zu ersetzen. Wir sind dabei in einem langen Prozess und es sind Hilfswerkzeuge an der Stelle. Das Mitarbeitern der Organisation nahezubringen, Lösungen, die auf den ersten Blick noch nicht so funktionieren, wie sie erwartet werden – wenn ich zwei Bedingungswerke habe, sieht doch jeder, dass das eine konträr zu dem anderen ist -, dass es nicht schlecht ist, sondern dass man durch Beschäftigung und Lernen, auch von menschlicher Seite her, dann eben solche Tools und Werkzeuge bessermacht.
Das ist vermutlich eine der großen Aufgaben, die sich die Gothaer hier auch für die Zukunft stellt, wie man das Step by Step an die Mitarbeiter näher ranbringt und ihnen den Umgang mit den Tools nahelegt. Wichtig sind auch die Feedbackschleifen, wie man die Tools an der Stelle auch weiter optimiert. An einigen Stellen sind sie von den Fachbereichen auf den ersten Blick für nicht sehr intelligent – Stichwort künstliche Intelligenz – wahrgenommen werden. Da haben wir wieder das Thema Changemanagement, Change-Begleitung. Es reicht nicht aus, einfach eine Software irgendwo hinzustellen. Inhaltlich fand ich das Thema total spannend. Die Branche, die sehr textlastig ist – Bedingungswerke, Verträge, Schadengutachten, Berichte –, da scheint noch ganz viel brach zu liegen, wie wir in dieser Branche Mitarbeiter bei der Bewältigung dieser Informationsflut unterstützen können, wie man schnell den Überblick bekommt, wo die Hauptunterschiede sind. Da geht es nicht um den Anspruch einer hundertprozentigen Automatisierung, aber auf einen Klick hin ein Zwanzig-Seiten-PDF für den Überblick zumindest zusammengefasst zu haben. Das sind ganz wertvolle Tools, wo wir bestimmte im nächsten Jahr mit fortschreitender Technik noch eine Menge mehr sehen werden.
Benjamin Zühr: Im Zweifel ist es ein Teil von Digitalsation und noch nicht die Transformation, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube, dass sich solche Initiativen deutlich verstärken werden und dass es richtig ist, diese zu verstärken. Genau aus dem Change-Gedanken heraus ist es im Zweifel gar nicht möglich, gleich das ganz große Rad zu drehen. Man muss sich über Einzelprojekte und Initiativen Schritt für Schritt dem ganzen Thema annähern. Da muss jede Organisation auch ein Stückweit für sich überlegen, welcher Weg gewünscht wird. Ich glaube, noch haben wir quasi den Luxus, dass wir in unterschiedlichem Tempo vorangehen können und uns unterschiedlich überlegen können, wie wir diesen Weg geben. Ich springe noch einmal zu Automobilindustrie. Da kam der Interruptor und auf einmal werden auch die etablierten Marken ein Stückweit panisch und überlegen sich, wie sie da Schritt halten können. Wie schon erwähnt glaube ich, momentan ist die Versicherungsbranche da noch von entfernt. Momentan kann man es sich noch leisten, unterschiedliche Geschwindigkeiten an den Tag zu legen. Wenn allerdings der erste mit einem wirklichen Konzept kommt, einem neuen Konzept für Versicherungen und da die ersten Kunden aufspringen und das als wirkliche Alternative zu dem sehen, was sie bisher kannten, wird es interessant, wie die Branche reagiert und was für eine Dynamik dann entsteht. Das scheint extrem interessant, zu sehen. Ich glaube allerdings nicht, dass das schon nächstes Jahr passiert. 30:22
Ansgar Knipschild: Die erste halbe Stunden unseres Podcast ist vorbei und wir kommen zu unseren Predictions, zu unseren Vorhersagen. Es ist ein beliebtes Thema in allen Medienformaten, nicht nur im Podcast, wie wir das nächste Jahr sehen. Das ist immer schön zum Jahresausklang. Wir haben es uns leichtgemacht, wir haben nicht die eigenen Thesen hingestellt, sondern haben bei uns in den Teams und auch einige unserer Gäste, die wir schon Podcast hatten und auch diejenigen Gäste, von denen wir auch Aufnahmen noch einmal live schalten werden, gefragt, was es ihrer Meinung nach für steile Thesen für das nächste Jahr gibt. Wenn die Deutsche Bank und andere Finanzinstitute den DAX zum Endstand in einem Jahr vorhersagen können, können wir auch einige Thesen zum Besten geben. Ich fange einfach mal mit meiner eigenen These an. Das Jahr 2022 wird das Jahr für den Idee-Podcast Industrieversicherung digital, weil wir nächstes Jahr die hundertste Folge sehen werden und wir tausend Mitglieder haben werden. Jetzt sage du mal etwas dazu.
Benjamin Zühr: Ich freue mich, wenn das eintritt. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Wir werden alles dafür tun, dass es genauso kommt. Ich glaube, es bringt extrem viel Spaß, hier mit allen Beteiligten zusammen die Podcasts aufzunehmen, das Feedback zu kommen, Fragen zu bekommen und immer wieder neue Themen zu erörtern oder zu lernen und einfach zu gucken, wo sich der Markt und die Branche hin orientieren. Umso mir Leute wir mit dem Podcast erreichen, umso mehr freuen wir uns natürlich. Deswegen finde ich das eine super These und unterstütze die zu hundert Prozent.
Ansgar Knipschild: Das ist sehr gut. Ich wette dieses Jahr extra nicht, weil das immer nach hinten losgeht.
Benjamin Zühr: Eine Sache, die sich in den letzten Wochen und Monaten herauskristallisiert, ist, dass auch das Thema (Be-Pro?) neuen Schwung bekommen hat. Da ist eine These für nächstes Jahr, dass das Ganze wirklich noch einmal an Fahrt gewinnt. Und der eine oder andere Ansatz, gerade zum Thema Abrechnung, Vermittlerabrechnung sich da durchsetzt von der (Be-Pro?) aus. Ich persönlich glaube, dass sie es hinbekommen werden. Da sind ein paar etablierte Player, die da wirklich momentan richtig Gas geben. Es springen mehr und mehr Makler und Versicherer auf. Das Thema Abrechnung ist ein Thema, da wird sich keiner unterscheiden. Es muss gemacht werden, es ist extrem wichtig. Heute ist es extrem komplex zwischen den einzelnen Marktteilnehmern. Deshalb glaube ich, dass das auf jeden Fall etwas ist, was passieren wird. Ob sie wirklich am Ende durchstarten, ist noch unsicher. Ich glaube, je nach Themenbereich wird es bei den einzelnen Initiativen mehr oder weniger Interesse geben. So würde ich das bewerten.
Ansgar Knipschild: Ich glaube, beim dritten Mal schaffen sie es. Es hat vorher zwei Initiativen zum Thema Industrieversicherung und Gewerbe gegeben, wenn ich richtig mitgezählt habe. Ich glaube, es ist sehr schlau, nicht produktbezogene Prozesse zu machen, nicht spartenbezogene Prozesse, wie du gerade gesagt hast, Abrechnung. Man wird es vermutlich in der Oberfläche gar nicht so stark wahrnehmen, weil es ein langweiliges unscheinbares Thema ist. Das wird auch nicht durch die Titelseiten der einschlägigen Versicherungsnachrichtenmagazine gehen, aber vielleicht ist das generell ein Enabler für die Digitalisierung. Ich als Kölner drücke den Kollegen aus Düsseldorf mit voller Inbrunst die Daumen, dass sie es hinbekommen. Ich glaube, das hilft, alles zu standardisieren und Digitalisierung nach vorne zu bringen. #
Benjamin Zühr: Das stimmt absolut.
Ansgar Knipschild: Ich habe hier noch eine These von einem Kollegen, der aus dem Maklerbereich kommt. Hier ist die Vorhersage für 2022, dass sich nicht nur die Industriemakler, sondern auch die Insurtechs konsolidieren werden. Das Motto lautet „Größe ist relevant“ und die Vielzahl der kleinen Teilnehmer aus der Insurtech-Szene können relativ wenig bewegen und sie haben zum Teil auch operative oder Gewinnprobleme. Daher rührt die These, dass hier vielleicht ein großer kommt, entweder aus der Szene von Insurtech selbst oder ein Finanzier von außen, ein Kapitalgeber, der sie alle einsammelt uns sie alle konsolidiert und sie zusammenpackt, um über die Größe etwas zu bewegen. Das kann sowohl den Markt der Vergleicher betreffen, wird auch die Szene der Makler-Verwaltungsprogramme betreffen. Dort haben wir auch schon eine Konsolidierung in den letzten Jahren gesehen. Das sind nur zwei Aspekte, aber wahrscheinlich betrifft es die anderen auch, dass durch Größe, durch Marktdurchdringung, durch Markanteile das Thema da ist. Ich glaube, das ist eine These, wenn man sie allgemein formuliert, der man nicht widersprechen kann. Das wird wohl mit Sicherheit so kommen.
Benjamin Zühr: Ja, da gehe ich auch fest von aus. Das sieht man ja eigentlich branchenübergreifend. Ich gehe fest davon aus, dass da eine Konsolidierung stattfinden wird und bin gespannt, wie sich das Ganze entwickelt. Eine weitere Thematik, die ich besonders spannend finde, ist so eine Art Trend, wo gesagt wird, dass sich digital Insurance und digital Finance immer mehr gegenseitig verstärken und zusammenwachsen, das gerade mit dem Fokus auf Industrie und dort mit den Schlagworten digital Assets oder Tokenisierung. Um das zu übersetzen, da steht natürlich das Thema Bewertung im Vordergrund, Bewertung von Assets, Risiken. Ob das 2022 schon so weit ist, würde ich noch ein Fragezeichen machen. Ich glaube, das ist ein visionärer Gedanke. Ich glaube, das wird auch kommen. Ich glaube, irgendwann werden die Bereiche wirklich immer weiter zusammenwachsen und im Zweifel irgendwann verschmelzen. Ich glaube aber nicht, dass das in 2022 schon stattfinden wird, sondern dass in 2022 weitere Schritte in die Richtung gegangen werden.
Ansgar Knipschild: Ich glaube, die Absicherung von Geschäft, Eingangsrechnungen, Ausgangsrechnungen, die neue Gesetzesreglung, die die digitale Verwahrung von digitalen Assets auch ausdrücklich unterstützt und erlaubt – da wäre das Thema Unternehmensanleihen und damit auch eine Verlagerung des Risikos in den Kapitalmarkt -, das sind verstärkende Faktoren für diese These, dass digitale Versicherungen, digitale Finanzdienstleistungen zusammenwachsen. Ich sehe es wie du. Es wird brauchen, aber wir sehen wahrscheinlich in kleinen Lösungsinseln, wo vielleicht bestimmte Institute, bestimmte Banken in Branchen vielleicht einzelne Lösungsfelder dort besetzen und dem generellen Thema Digitalisierung im Finanzbereich einen guten Schwung geben werden. Es ist wieder dieses Thema Transaktion, wo wir waren, wo vermutlich viel brachliegt, wo man eine Menge machen kann. Da schließt sich überraschender Weise die nächste Vorhersage an, die auch in unserer Liste in der Umfrage auftaucht. 2022 wird sie sich durchsetzen. Ich glaube, das kam letztendlich jedes Mal in den letzten Jahren.
Vielleicht kann es 2022 wirklich der Fall sein, dass sie sich stärker durchsetzt, aber vermutlich weniger im Frontend, bei diesen ganzen Hypethemen. Ich persönlich glaube zum Beispiel, NFTs in der Form, wie wir sie heute sehen, werden wahrscheinlich in einem halben Jahr auch nicht mehr so relevant sein. Auch das Thema der Kryptowährungen ist sicherlich nur ein Randbereich. Aber im Backend, wenn sich Institutionen miteinander vernetzen und ihre Werte austauschen – das können Unternehmen sein – eben mit Finanzinstituten, oder auch bei uns im Versicherungsbereich, das kann ich mir gut vorstellen, oder größere Konzerne, die in ihren Handelsketten Transaktionen abbilden. Da wird vermutlich im Hintergrund eine Blockchain funktionieren, wie sie sicher ist. Ich glaube, in einem Podcast hatten wir dieses Zitat gehört, in dem gesagt wurde: „Naja, vielleicht verhält es sich mit Blockchain genauso wie mit (Unix? #0:39:29-9#) heute. Man weiß, das ist irgendwo im Hintergrund, aber eigentlich interessiert keinen Nichttechniker an der Stelle. Es ist einfach da und ist die Technik der Wahl für bestimmte Themen.“ Vielleicht ist das der Schwerpunkt 2020 zu dem Thema, den wir haben. Es ist selbstverständlich aber nicht spektakulär. Es wird einfach eingesetzt. Das könnte ich mir gut zum Thema Blockchain vorstellen. 39:51
Benjamin Zühr: Ja, genau. Vermutlich wird es ein reines Backend-Thema. Man muss schauen, inwieweit dann mit der Technologie heutige Prozesse gegebenenfalls angepasst werden müssen. Es ist die Frage, ob das was mit Transformation zu tun hat. Wenn es etwas mit Transformation zu tun hat, dann wird es sich wahrscheinlich auf jeden Fall noch verzögern. Wenn es einfach nur eine technologische Basis ist, die im Hintergrund ausgetauscht werden muss beziehungsweise müsste, mag es vielleicht schneller gehen. Ich glaube, das ist ein entscheidender Faktor. Je nachdem, wie es am Ende zum Einsatz kommt, wird es schneller oder langsamer dauern, vor allen Dingen, wenn es in Abhängigkeit zu dem Geschäftsmodell als solches steht. Dann wird es auf jeden Fall noch länger dauern. Ein Stückweit dazu passend ist noch ein Punkt, der uns auch gesagt wurde. Nächstes Jahr wird das Jahr der digitalen Identitäten. Ich glaube schon eher, dass erste Personenidentitäten und Unternehmensidentitäten auch über Blockchain-Technologie zur Verfügung gestellt werden. Das könnte wirklich sein. Ich glaube, dass es mittlerweile die technologische Basis gibt, dies zu tun. Man muss schauen, in welchen Bereichen das gemacht wird und wo solche Technologie genutzt wird. Wird das beispielsweise im Versicherungsbereich geschehen? Das muss man schauen. Aber insgesamt glaube ich schon, dass das ein Thema ist, wo sich langsam hin entwickelt wird.
Ansgar Knipschild: Ich glaube, da tut der Gesetzgeber auch sein Gutes dazu, sowohl in Deutschland die Einführung speziell der Personenidentität, die für nächstes Jahr geplant ist, die EU, die das auch entsprechend flankierend begleitet, die IDAs, die auch noch einmal in der nächsten Version vor der Tür steht. Da gehen wir eher in 2023, 2024. Aber ich glaube, wenn der Staat die Geschwindigkeit beibehält, die wir gerade auch im letzten Jahr gesehen haben, werden diese Themen kommen. Die sind auch sehr wichtig als Basisinfrastruktur, das Thema Identitäten. Es ist wohl total wichtig, dass wir für den Abschluss von Verträgen, von Transaktionen rechtssicher wissen, wer mit wem agiert. Von daher muss es fast nächstes Jahr stattfinden, dass es flächendeckend Akzeptanz findet. Ein Schlusswort von dir, Benny.
Benjamin Zühr: Ein Schlusswort ist immer schwierig. Ich persönlich würde mir wünschen, dass wir uns als Branche mehr der Transformation widmen, dass wir dahingehend mutiger sind und wirklich die Digitalisierung als Chance verstehen, den Kunden in den Mittelpunkt zu setzen. Ich glaube, nur, wenn das gelingt, wird man auch langfristig eine Daseinsberechtigung haben. Somit muss ich sagen, ich weiß, dass das 2022 nicht passieren wird, aber ich glaube, dass auch 2022 ein Jahr sein wird, in dem man einfach dahingehend weiter Überzeugungsarbeit leisten muss und versuchen muss, immer mehr Marktteilnehmer von diesen Gedanken zu überzeugen, um somit ein Stückweit gemeinsam an dieser Idee zu arbeiten. Davon bin ich persönlich überzeugt, dass das geschehen muss, um langfristig bestehen zu können. Als Schlusswort kann ich mir nur bedanken für das Jahr 2021, was extrem viel Spaß gemacht hat, extrem informativ war. Ich freue mich auf 2022, neue Themen, neue Themenfelder, neue Diskussionen, neue Gespräch.
Ansgar Knipschild: Das ist ein perfektes Schlusswort. Dem ist nichts hinzuzufügen. Vielen Dank, Benny, vielen Dank für alle Zuhörer und Zuhörerinnen. Schöne und geruhsame Feiertage, bis bald. Bis nächstes Jahr, tschüss.
Benjamin Zühr: Bis nächstes Jahr, Ciao.
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