15.10.2021
Small Talk: Amazon & Insurance – ID#26
Wir müssen reden – über Amazon. In letzter Zeit hat das Unternehmen seine Aktivitäten im Versicherungsbereich verstärkt, auch in Richtung B2B- bzw. Gewerbe- und Industriegeschäft: Nach „FinSpace“ und „Insurance Accelerator“ nun auch Versicherungen für KMU im „Amazon Business“-Bereich. Wir geben ein kurzen Überblick über die verschiedenen Aktivitäten und nehmen eine erste Bewertung vor: Wohin wird wohl Amazons Reise in Zukunft gehen
Im Gespräch: Benjamin Zühr und Ansgar Knipschild
Länge: 50 Minuten
Transkript
Benjamin Zühr: Herzlich Willkommen zu unserer neuen Ausgabe unseres Podcasts ID Small Talk und heute mit einem ganz besonderen Thema: Amazon. Ein Unternehmen, was sicherlich jeder unserer Zuhörer hier kennt, und ein Unternehmen, was sich auch scheinbar immer intensiver mit dem Thema Versicherung auseinandersetzt. Ansgar, was hast du da in den letzten Wochen und Monaten mitbekommen?
Ansgar Knipschild: Moin Benni, grüß dich. Da gibt es ein paar News, die in den letzten Wochen zum Thema Amazon herumgegangen sind. Zuletzt auch in UK die Option von Amazon, dass sie Versicherungsprodukte für KMUs anbieten, also zum ersten Mal nach meinem Kenntnisstand auch in richtig Gewerbe, kleine Industrie gehen. Und wir hatten ja in dem Podcast davor über den Amazon Insurance Accelerator gesprochen, womit sie in den USA gestartet sind. Hast du noch andere Themen von ihnen im Kopf?
Benjamin Zühr: In der Branche hört man die ganze Zeit: Was macht Amazon? Macht Amazon etwas? Und da ist eine gefühlte Unruhe, ganz spannend eigentlich. Ich glaube, einer der ersten Ansätze, die ich mitbekommen hatte, war in Indien. Da sind die ein Investment eingegangen mit einem Versicherer dort. Da können wir vielleicht gleich noch einmal ein wenig drauf eingehen. Und ansonsten war auch in der Presse zu lesen, dass sie in den USA einen Dienst gestartet haben für Finanzdienstleister, wo sie sich vor allen Dingen auf das Thema Datenanalyse konzentrieren, also auch eine Art Accelerator. Das sind so die Dinge, die ich mitbekommen habe von Amazon, die so in die Richtung Versicherung gehen. Das ist auf jeden Fall spannend.
Vielleicht können wir einmal ein wenig ins Detail gehen, was den einen oder anderen Ansatz betrifft. Aber vor allen Dingen würde mich interessieren, und ich glaube, dass es auch den einen oder anderen Zuhörer interessiert: Amazon, so wie wir es kennen, was ist das eigentlich? Für uns als Privatperson ist es nach meinem Empfinden vor allen Dingen ein Marktplatz, ein sehr mächtiger Marktplatz, der mittlerweile alles anbietet, von Büchern, mit denen sie meines Wissens nach irgendwann einmal gestartet sind, aber mittlerweile kann man dort auch alle möglichen Dienstleistungen buchen. Man kann glaube ich sogar Bagger kaufen, unglaublich. Total irre. Aber das ist ja noch lange nicht alles, was Amazon ausmacht. Ich glaube sogar, der wesentliche Teil des Gewinns kommt mittlerweile gar nicht mehr aus dem Kerngeschäft, sondern eher aus dem Cloud-Geschäft, oder? 03:08
Ansgar Knipschild: Genau. Wenn man es historisch aufdröselt: Amazon startete als der Bücherhändler, war da auch nicht profitabel. Das muss man ganz klar sagen. Amazon hat dann durch exzellente Costumer Experience geglänzt, bis hin zu: Heute bestellt, morgen geliefert. Oder heute sogar same day delivery. Dann hat man das Produktsortiment erweitert über Bücher hinaus. CDs waren damals noch das Thema, Videos, bis hin zu Haushaltsgeräten. Dann kam der Marktplatz. Das heißt, anderen Händlern würde die Möglichkeit gegeben, ihre Produkte gegen entsprechende Provision zu verkaufen. Und das war lange Zeit die Hauptumsatzmaschine. Und bis heute ist es so, dass Amazon darüber mehr umsetzt und auch verdient als über die Direktdistribution.
Also der Marktplatz ist eigentlich das Erfolgsgeheimnis und wird nur noch getoppt, genau wie du sagst, von den Cloud-Diensten. Genau wie von Google und den anderen Anbietern, Microsoft und so weiter, ist das das Profitabelste. Das kann man sich denke ich auch gut vorstellen: Einmal die Infrastruktur hingestellt, läuft das relativ wartungsarm. Und sie nutzen es auch selber. Da war Amazon auch der Vorreiter, dass sie sagen: Dass, was ich für die eigene Logistik aufgesetzt habe, stelle ich jetzt auch Kunden zur Verfügung. Und das ist sicherlich der Punkt, der uns auch durch die Brille Industrie-Gewerbe interessiert: Irgendwann gab es dann irgendwann auch Amazon Business oder Business Prime sogar inzwischen auch. Das heißt, Amazon ist nicht nur eine Plattform für Privatleute, sondern auch für das Gewerbe. Vom Kopierpapier bis zum Bagger, wie du es eben schon gesagt hast, wird alles angeboten. 04:47
Benjamin Zühr: Ja, absolut irre. Und nach meinem Kenntnisstand orientiert sich die Vision von Amazon extrem am Kundennutzen und an dem Wohlfühlgefühl des Kunden. Und so müssen wir auch einmal kurz darüber nachdenken: Was genau hat Versicherung damit zu tun? Und Versicherungen im klassischen Sinne? Und einmal ganz ehrlich, das bieten mittlerweile ja viele Shops an. Das sind die Klassiker, wie Garantieverlängerung. Jeder benennt das Ganze ein wenig anders. Ich weiß gar nicht, wie das bei Apple heißt? 05:31
Ansgar Knipschild: Ich glaube, das ist Apple Care oder so etwas. 05:33
Benjamin Zühr: Apple Care, genau. Und am Ende geht das alles in die gleiche Richtung. Und da hat Amazon auch meiner Meinung nach recht früh mitangefangen, soweit ich weiß irgendwann im Jahr 2016. Und die Frage ist jetzt hinsichtlich Kundennutzen und Kundenservices: Wie glaubst du, passt Versicherung da rein? Und kommt man der Vision ein Stück näher durch das Thema Versicherung? 06:11
Ansgar Knipschild: Also ich glaube, das Thema Garantieverlängerung lag dann irgendwann einmal auf der Hand, gerade durch die Brille Kundennutzen. Wenn man feststellt, dass auch je nach Land, das ist in den Ländern teilweise unterschiedlich geregelt, Kunden den Bedarf haben, die Garantie zu verlängern, dann ist das ein wunderbarer Punkt, wo Amazon einen Mehrwert für den Kunden bietet, seemless, mit einem Klick mehr, wie wir es von Reiserücktrittsversicherungen und auch von vielen anderen Branchen kennen, das mit anzubieten. Und das vor allen Dingen in einem Umfeld, wo viele Transaktionen stattfinden.
Amazon ist der weltweit größte eCommerce-Anbieter und wenn dort bei einem bestimmten Prozentsatz der Produkte so eine Option interessant ist, dann ist das auch für Amazon interessant, dass sie sagen: Garantieverlängerung als Option. Ich leite das weiter an den Versicherer und kann hier in einem wahrscheinlich relativ niedrig-margigem Geschäft einfach über die Stückzahl dem Kunden einen Mehrwert bieten und gleichzeitig auch einen Profit erwirtschaften. Und das mit relativ wenig Aufwand. Denn das in die Abschlussstrecke reinzubauen, die berühmte Checkbox, willst du deine Garantie von zwölf auf 24 Monate verlängern, ist technisch kein Problem. Die Abwicklung übernimmt Amazon ja auch nicht selber. Und selbst wenn sie dann im kleinsten Promille- oder Prozentbereich daran verdienen, dann ist es einfach die pure Masse, die das für Amazon interessant macht. Und der Kunde freut sich, weil er vielleicht für einen attraktiven Preis eine Garantieverlängerung bekommt. Also das macht meiner Meinung nach nur Sinn. Das ist ganz klar, dass das, wie du sagst, 2016 einer der ersten Schritte ins Versicherungsgeschäft war für Amazon. 07:54
Benjamin Zühr: Ja, absolut. Vielleicht können wir noch einmal ganz kurz auf die Ansätze eingehen. Du hattest vorhin gesagt, dass in den USA Engagements bestehen in Form von Amazon Insurance Accelerator. Da war jetzt auch kürzlich etwas zu in der Presse. Da ging es vor allen Dingen darum, dass sie den Händlern auch Haftpflichtversicherungen anbieten wollen, um da auch die Services in Richtung Kunden zu bedienen. Den Ansatz finde ich total spannend. Und ansonsten war auch im Bereich Accelerator das Thema Datenanalyse für Finanzdienstleister. Ich weiß gar nicht, war das nur auf die USA bezogen oder USA und UK? Da bin ich mir gerade nicht sicher. 08:46
Ansgar Knipschild: Also die beiden Letztgenannten sind nach meinem Kenntnisstand beide USA mit der Option, es auch weltweit bei Erfolg entsprechend in andere Länder auszurollen. Und wenn wir einmal kurz auf den Insurance Accelerator schauen, den hatten wir auch im August in einem Podcast kurz besprochen. Das war von daher ganz interessant, dass sie hier den Marktplatz händlern. Das sind nicht Business Prime Kunden, sondern die Leute, die ihre Produkte sowieso schon bei Amazon anbieten. Denen werden, wie du sagst, Haftpflicht-Policen angeboten.
Gecovert wird hier der Punkt: Der Endkunde kauft ein Produkt. Das Produkt verursacht einen Haftpflichtschaden in irgendeiner Art und Weise. Und jetzt kann Amazon hier dem Marktplatzhändler eine entsprechende Police anbieten mit folgendem Zusatznutzen, dass nämlich bei einer Schadenshöhe von bis zu 1000 Dollar, glaube ich, der Kunde sich nun direkt an Amazon wenden kann und die Regulierung dann von Amazon selbst übernommen wird, der Händler also im Versicherungsfall bis 1000 Dollar gar nichts zu tun hat.
Das ist für die natürlich interessant, also gerade bei diesen kleineren Frequenzschäden. Und da war aus Amazons Sicht interessante Modell: Sie verdienen Geld beim Verkauf der Haftpflicht-Police an ihre Marktplatzhändler und sie bieten wieder in dieser Kundenzentriertheit, in dem Fall Kunde gleich Marktplatzhändler aus Amazon-Sicht, einen Mehrwert, dass sie sagen: Du bekommst einen Versicherungsschutz, der dir das Leben einfacher macht und du musst dich um nichts kümmern. Wir kümmern uns sogar, zumindest bis 1000 Dollar, was bestimmt achtzig Prozent der Fälle sind, wenn nicht sogar mehr, um allen, in der bekannten Amazon-Qualität.
Ich glaube, die garantieren dir auch innerhalb weniger Tage eine Regulierung, das Geld kommt sofort, und so weiter. Und das finde ich persönlich wirklich ein sehr vielversprechendes Modell, weil es nicht nur der Verkauf ist von etwas, also ich bin da einfach nur als Tippgeber oder als Vermittler im weitesten Sinne drin, Amazon, sondern versuche das, was ich gut kann, nämlich in der Service-Excellence, das auch in den Versicherungsmarkt zu übertragen. Und das kann Amazon auch einfach.
Wir waren eben bei den Stückzahlen. Und hier Schadenmeldungen entgegen zu nehmen, nachzufragen, liegen auch alle Informationen vor, dafür haben sie ihre Kundendienste, sei es digital, seien es auch die Hotlines. Das hört sich sehr schlüssig an und da würde ich auch sagen, in diesem Kleingewerbegeschäft könnte das auch ein Modell sein, was ich mir auch wirklich gut in Europa vorstellen kann. Oder wie siehst du das? Oder siehst du da ein anderes Marktverhalten als in den USA? 11:26
Benjamin Zühr: Also grundsätzlich kann ich es mir auch sehr gut vorstellen. Was ich ganz spannend finde, ist, dass sie letztendlich einen Teil der Regulierung selbst übernehmen und den Händlern dementsprechend auch vorschreiben, der Selbstbehalt darf maximal 1000 Dollar sein. Und diese 1000 Dollar Selbstbehalt, also nach meinem Verständis ist es so, dass letztendlich Amazon den übernimmt. Oder ihn sich natürlich wiederholt.
Die Frage ist: Wie sieht es im Hintergrund aus? Das weiß ich auch nicht, wie das letztendlich im Hintergrund dann mit den Händlern verrechnet wird. Aber das ist schon spannend, dass Amazon dafür dann garantiert letztendlich, einen Teil des Schadens bis zu einem gewissen Wert selber zu übernehmen. Interessant ist, dass diese 1000 Dollar, die sie selbst übernehmen, eins zu eins derselbe Wert ist, wo der Händler maximal den Selbstbehalt hindrücken darf. Ansonsten glaube ich schon, dass es ein Modell ist, was grundsätzlich definitiv auch im europäischen Markt ziehen würde. 12:52
Ansgar Knipschild: Vom Wettbewerb finde ich auch interessant, wer steckte da noch einmal hinter den Versicherungsprodukten. Ich schaue einmal hier im Unique (Reshap?), Hiscox (Marge?), genau, die stecken wohl hier hinter dem Accelerator aktuell. Sie sagen: Lieber Marktplatzhändler, wir bieten dir das an. Aber sie halten es dem Händler letztendlich sogar offen, auch alternative Haftpflichtprodukte selber abzuschließen, wenn sie sich genau an diese SB-Regelung halten, die du gerade genannt hast. Das ist vom Vertrieb her und auch politisch gar nicht ungeschickt, wahrscheinlich auch vom Wettbewerbsrecht her, dass sie hier die Händler nicht so sehr knebeln, dass sie sagen, das geht nur mit der Amazon-Police sozusagen. Und das wird sicherlich den Wettbewerb auch noch einmal anfeuern.
Und da bleibt natürlich nur die Frage: Warum macht das ein Versicherer oder auch Makler mit? Ich meine, die haben relativ harte Regeln von Amazon mit Selbstbehalt und so weiter. Wahrscheinlich sind sie auch im Wording dann exakt gleich, sonst könnte man sich so flexibel halten. Warum macht man das? Man ist da nur einer unter vielen? Ist das dann reine Masse, wo das dann interessant wird? Das kann ja eigentlich nur so sein, oder? 13:57
Benjamin Zühr: Ja, würde ich jetzt schon sagen. Zum einen glaube ich, ist das eine Eintrittskarte, bei Amazon mit drin zu sein, einer der ersten Player zu sein, die dort mit Amazon zusammenarbeiten in dem Bereich. Ich glaube, das ist erst einmal sehr attraktiv. Über die Masse wird sich da sicherlich erhofft, dass das ein attraktives Geschäftsmodell am Ende ist. Und wenn vor allen Dingen sowieso erst Schäden ab 1000 Euro gezahlt werden, der maximale Selbstbehalt ist im Zweifel auch geringer. Ich glaube, die Masse macht es da, da bin ich fest von überzeugt, Das ist schon sehr interessant, auch für die Player, die da mitgehen. 14:53
Ansgar Knipschild: Und wahrscheinlich auch der internationale Kanal, um das noch gerade einmal mit reinzunehmen. Also das sind Player, wo ich sage, die haben alle eine gute internationale Kompetenz, also (unv.) Hispox (Marge?) sind natürlich international tätig. Und dann Amazon als Vertriebskanal zu haben weltweit, KMUs sind glaube ich der größte Teil der Marktplatzteilnehmer. Also je kleiner das Unternehmen umso interessanter ist für sie ein Amazon Marketplace.
Ich meine auch da hätten wir die berühmten siebzig, achtzig Prozent bei den Marktplatzteilnehmer, die eher kleinere Unternehmen sind. Und dann hast du auf gut deutsch gesagt fast alle kleinen und mittleren Unternehmen weltweit, die potentielle Abnehmer sind. Und selbst wenn, das bekommt man natürlich jetzt aktuell nicht raus, wie viel Amazon hier einbehält, die Marge für die Versicherer klein ist, sie haben ansonsten eben null Vertriebskosten. Das ist eine reine Versicherungsmathematik, ob das für sie rechnet oder nicht. Aber wo hast du sonst einen international-weltweiten Vertrieb. 15:54
Benjamin Zühr: Ja, das glaube ich auch. Also es ist einfach eine unglaublich attraktive Eintrittskarte in einen sehr spannenden Markt, an den man so einfach im Zweifel sonst auch nicht herankommt. Und selbst, wenn jetzt mit dem ersten Produkt noch kein Geld oder nur wenig Geld verdient wird, wird da wahrscheinlich auch mehr der langfristige Nutzen gesehen. Und dementsprechend ist das total spannend. Aber man muss fairerweise sagen, es ist nicht alles erfolgreich gewesen, was Amazon im Bereich Versicherung bis jetzt gestartet hat. Und anderem haben sie auch irgendwann 2015, 2016 mit Warren Buffett und J.P. Morgan eine Krankenversicherung versucht aufzubauen, ein Gemeinschaftsunternehmen, Haven Health in den USA, was nach meinem Kenntnisstand nicht mehr existiert, was gescheitert ist. Genaue Gründe kenne ich da gar nicht, aber auf jeden Fall haben sie sich aus dem Bereich wieder rausgezogen und das Engagement sein lassen. 17:00
Ansgar Knipschild: Ich glaube, drei Jahre haben sie durchgehalten. Ich meine, dass sie es erst Anfang des Jahres aufgelöst haben. Und ich muss ehrlicherweise sagen, ich habe es auch nicht ganz genau verfolgt. Krankenversicherung ist ja auch nicht unser Hauptthema. Aber ich meine auch dort in Erinnerung zu haben, dass sie mit ähnlichen Problemen gekämpft haben wie Lemonade. Das ist einer der Vorzeige-Digitalversicherer gerade in den USA. Aber du hast bei diesen Personal Insurances das Thema, dass in jedem Staat es wieder anders reguliert wird. Du brauchst im Zweifelsfall verschiedenste (Carrier?), einfach um jeden Bundesstaat in den USA zu bedienen. Das macht es einfach sehr komplex.
Und der Markt der privaten Krankenversicherung ist in den USA natürlich relativ groß aufgrund des Krankenversicherungssystems da, aber auch hart umkämpft. Und da reinzukommen, das hat man dann auch gemerkt, ist trotz solch mächtiger Partner und eines so großen Vertriebskanals wie Amazon wirklich nicht leicht. Und dann noch in einem Umfeld Gesundheitssystem, da wissen wir auch alle, das ist wirklich nicht gerade leicht, ohne dass man die Prämien ständig erhöhen muss, was wir bei uns auch im privaten Gesundheitsbereich kennen, da profitabel zu arbeiten.
Da hat man glaube ich relativ schnell die Reißleine gezogen und gemerkt, das ist es wohl nicht. Das ist einfach zu individuell, vermutlich auch in der Schadensregulierung. Da ist dann so etwas wie eine Garantieverlängerung Massengeschäft. Aber Krankschäden, die im Zweifel richtig teuer werden können, chronisch kranke Patienten und so weiter. Das hat mich eher gewundert, dass sie das überhaupt angepackt haben. Das ist schon Königsklasse im Versicherungsbereich, was Risikoeinschätzung und auch Kapitaleinsatz angeht. 18:42
Benjamin Zühr: Ja, aber im Zweifel war das auch ein Thema, wo sie gesagt haben, aufgrund der damaligen politischen Lage gehen sie es an. Man weiß es ja nicht. 18:53
Ansgar Knipschild: Guter Punkt. 18:53-
Benjamin Zühr: Also dieses ganzen Thema Krankenversicherung in den USA ist sowieso nicht ganz einfach. 19:01
Ansgar Knipschild: Ja, klar. Obama Care habe ich gar nicht darüber nachgedacht. Das war natürlich genau der Trigger damals. 19:05
Benjamin Zühr: Ja. Lass uns aber noch einmal auf das andere Thema kommen. Wir haben jetzt über das Thema Amazon Insurance Accelerator in den USA gesprochen, wo man schon das Gefühl hat, die bieten etwas oder die wollen, dass ihre Händler letztendlich eine Haftpflicht-Police haben. Das ist der eine Ansatz, der sicherlich ein sehr spannender ist, gerade für den Endkunden ein sehr spannender Ansatz, im Zweifel auch für Amazon. Ganz andere Ansätze sind zum einen der Ansatz in Indien und zum anderen der Ansatz, der jetzt gerade neu etabliert wurde in UK.
In Indien geht es eher in Richtung private Versicherung und da hat sich Amazon an einem (unv.) beteiligt, also einem Versicherer, um da letztendlich Versicherungslösungen selber mit aufzubauen. Gestartet sind sie nach meinem Kenntnisstand mit KFZ. Ich weiß gar nicht, wo die jetzt stehen. Aber spannend, weil ganz anders, ein ganz anderer Ansatz. Sie sind als Kapitalgeber, als Investor reingegangen und haben gesagt: Wir wollen uns daran beteiligen und mit denen jetzt Versicherungslösungen, möglichst schlanke Versicherungslösungen für Konsumenten aufbauen. Hast du da weitere Informationen zu, was die in Indien machen? 20:45
Ansgar Knipschild: Also ich glaube, Indien ist vor allen Dingen dadurch geprägt, dass es strukturell ganz anders aufgebaut ist als Europa oder Amerika. Wir haben eine sehr große Population. Eine Population, die auch gewisse Entwicklungsschritte jetzt nachholt, die wir hier im Westen hatten. Das heißt, immer mehr Autobesitzer, was du gerade angesprochen hast zum Thema KFZ. Und gleichzeitig auch eine ganz geringe Prozentzahl nur von Kunden, die dort überhaupt Versicherungen haben. Das heißt, wir haben einen Markt, der tendenziell stark wächst und wo auch noch ein sehr großes Potential drin ist, Versicherungen entsprechend mit zu verkaufen.
Mit steigendem Wohlstand, mit steigendem Einkommen, so die Theorie, kaufen die Leute mehr, kaufen die Leute auch so teure Objekte wie Autos und dann brauchen sie auch die entsprechenden Versicherungen. Ich glaube, das ist eine bestechende Logik und soweit ich weiß, läuft das auch ganz gut in Indien an. Das hängt natürlich ganz stark von der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes dann auch ab, ob sich dieser Aufwärtstrend entsprechend hält. Er spricht natürlich nur einen gewissen Teil der Bevölkerung auch an. Indien ist ein Land, dass auch sehr stark zweigeteilt ist, also eine relativ kleine Menge von Einwohnern, die gut und auch immer besser verdienen, und dann doch ein relativ großer Teil von wirklich armen Bevölkerungsschichten. Und ich glaube, das gesamte Modell, Beteiligung und einem Versicherer plus hier so in dieses private Geschäft , macht Amazon auch hier in dieser simplen Logik Masse. Indien einfach als ein extrem bevölkerungsreiches Land logischerweise mit Milliarden von Einwohnern, dem Potential, was dahintersteckt. Und da wird man wahrscheinlich auch, selbst wenn der Anfang jetzt nicht ganz so laufen sollte wie geplant, wird man das verfolgen, weil einfach das Gesetz der großen Zahl hier einfach unbestechlich ist.
Lässt sich meiner Meinung nach aber gar nicht auf westliche Länder übertragen, egal ob am KFZ nimmt oder eben waren wir auch bei Krankenversicherung, es ist ein so umkämpfter Markt, der einfach nur über den Preis geregelt wird. Gerade KFZ ist nach meinem Kenntnisstand für die meisten Versicherer ein defizitäres Geschäft geworden. Ein Einstiegspunkt wieder, um andere Produkte zu verkaufen. Von daher glaube ich, das ist etwas für Schwellenländer, wo Amazon hier versucht Erfahrungen aufzubauen. Ob sie das wirklich bei uns, in Anführungsstrichen, so wiederholen, auch in anderen Segmenten wie Gewerbeindustrie, ich hätte da ein großes Fragezeichen dran. Also dafür sind einfach die Stückwahlen wiederum zu gering. Schau dir Deutschland an, achtzig Million, oder ganz Europa, das ist dann aus so einer Amazon-Weilweit-Sicht viel zu klein. Das ist meine persönliche Meinung. 23:28
Benjamin Zühr: Ja. Ich hatte jetzt eben noch einmal geschaut: Weiterhin ein ganz starker Fokus bei ECO, so heißen die ja, auf KFZ, Taxi-Bike, ein Klassiker, interessanterweise auch Health, also auch Krankenversicherung, und Electronics. Die geben hier auch an, dass Amazon investiert und werben mit sehr guten Service und low premium. Das passt also. Das glaube ich auch, ich bin da ganz bei dir, dass das Segment nicht unbedingt eines ist, was für Amazon in Europa spannend ist. Ich glaube, da gibt es in Ländern wie Indien auf jeden Fall deutlich mehr Potential, was solche Versicherungsprodukte angeht.
Umso spannender ist natürlich, und da ist es denke ich schon für Amazon sehr spannend, der Bereich KMU. Und das ging ja jetzt wirklich durch die Presse, dass sie in UK sich an einem Makler beteiligt haben und vor allen Dingen dort Produkte mit anbieten, wo der Markt momentan auch nicht ganz einfach ist.
Nehmen wir die Themen D&O, Cyber, das ist eher etwas, wo sich die Versicherer momentan stark herauszeichnen. Fairerweise muss man immer sagen, KMU ist nicht gleich KMU. Es gibt auch immer solche und solche Risiken, auch im D&O- und Cyber-Segment. Und trotzdem finde ich das schon einen extrem spannenden Ansatz und einen Ansatz, wo man ernsthaft auch sagen muss, damit gehen die jetzt natürlich in einem Bereich rein, wo auch nach meinem Kenntnisstand bisher viele gesagt haben: Also das sehen wir noch nicht. Ich glaube einerseits, weil Amazon bisher genau das gemacht hat, was wir vorher beschrieben haben, sich vor allen Dingen auch auf das Privatgeschäft konzentriert hat oder auch vielleicht auf deren direktes Geschäft, was direkt mit deren Plattform zu tun hat. Und das ändert sich jetzt nach meinem Verständnis. Und das finde ich schon sehr spannend. Ich bin sehr gespannt wie es weitergeht.
Ich gehe fest davon aus, dass die auch weitere Produkte jetzt für kleine und mittelständische Unternehmen da im Fokus haben. Ich bin sehr gespannt was den Service angeht. Ich glaube, da wird sich der eine oder andere Marktteilnehmer auch eine Scheibe von abschneiden können, zum einen die klassische Policierung. Ich glaube aber vor allen Dingen, dass die im Schaden eine Benchmark setzen werden. Denn da werden die auf maximalen Service achten und das könnte ich mir schon vorstellen, dass sie da ein stückweit auch den Markt verändern werden. Jetzt erst einmal nur in UK, aber ich gehe davon aus, dass sie auch schnell weitere Länder damit befeuern werden. Und ich gehe auch davon aus übrigens, dass sie ganz bewusst UK als ersten Markt genutzt haben und eben nicht die USA. Wie siehst du das Ganze? 27:10-
Ansgar Knipschild: Ja, ich muss gestehen, ich habe mich da erst ein wenig reinfräsen müssen, um zu verstehen, was sie da vorhaben. Wie du schon sagtest, das ist eine relativ neue Meldung von Ende September. Dieser Makler, mit dem sie da kooperieren, sie sind ja nicht selber als Makler dort tätig, das musste ich erst einmal verstehen, das scheint ihnen noch etwas zu heiß zu sein, heißt Superscript. Kannte ich vorher gar nicht. Ich schaue noch einmal auf die Webseite von denen. Die sind seit 2015 am Markt. We called ourselve Digital Risks. Das sagt mir aber auch nichts. Hast du davon irgendwie einmal vorher etwas gehört, dass die in Erscheinung getreten sind? 27:44
Benjamin Zühr: Nein, habe ich auch nicht. 27:44
Ansgar Knipschild: Also das scheint ein reiner UK-Makler zu sein und jetzt mit dem Ausstieg aus der EU ist das vielleicht auch ein Argument, dass man jetzt diesen doch stark isolierten Markt, wo die Zugänge aus der EU auch geschlossen sind, versucht abzugrasen. Und da gehen sie echt aggressiv ran. Das fand ich ganz interessant. Denn sie machen das nur für Amazon Business Prime Kunden. Und dann geben sie, so sagt es zumindest die Pressemitteilung von Superscript, zwanzig Prozent Rabatt auf was auch immer. Ich würde es jetzt einmal so interpretieren, das ist günstiger als der normale Markt für diese Produkte. Und da fragt man sich natürlich auch: Da will jetzt jemand wie Amazon rein, bietet einen aggressiven Preis.
Jetzt musste man einmal die Benchmarks im UK-Markt haben, ob die das wirklich auch einhalten. Nehmen wir einmal an, das ist so. Aber dann heißt das ja eigentlich unter dem Strich: Es ist für sie plus minus null oder vielleicht sogar mit Verlust behaftet, da reinzukommen. Warum machen die das? Das erschließt sich mir ehrlicherweise noch nicht so ganz. Ich weiß, dass KMUs, und das wird in UK ähnlich sein wie in Europa, in der Regel nicht so wechselwillig sind. Also ich glaube, wenn so kleinere Unternehmen mit fünf oder zehn Mitarbeitern, das ist ja schon fast an der oberen Grenze zum KMU, einmal eine Betriebshaftpflichtversicherung haben, dann wechseln die nicht, nur weil es woanders zehn Euro billiger ist. Also das ist zumindest das, was ich aus den Gewerbe- und Firmengeschäftsabteilungen kenne. Oder hast du da andere Infos? 29:15
Benjamin Zühr: Nein. Also das würde ich auch unterschreiben. Das ist kein Thema, wo sich das klassische KMU jeden Tag mit beschäftigt. 29:24
Ansgar Knipschild: Ganz genau. Also warum sollte ich dann schauen? Und ich habe dafür wahrscheinlich die Kosten gar nicht genau im Kopf und vertraue da meinem Makler oder was ich abgeschlossen habe. Das könnte der Grund sein, warum sie einfach auch so aggressiv in den Markt gehen müssen mit zwanzig Prozent Rabatt. Und wenn sie das im Marketing auch ganz weit nach vorne schieben und eben sagen, bei uns bekommst du wirklich deutlich günstigere Preise, dass sie damit überhaupt einmal die KMUs aufscheuchen, denn wenn sie das nicht täten, würde es glaube ich niemanden interessieren. Einmal ganz überspitzt gesagt.
Trotzdem bleibt die Frage: Warum macht man das? Vielleicht ist es wirklich diese aggressive Strategie, die Amazon schon immer gemacht hat, dass man sagt: Ich denke nicht auf ein Jahr, ich denke auch nicht auf fünf Jahre. Ich will einfach Marktdominanz, auch in den Bereichen. Dann probieren wir das mal hier wirklich mit der Brechstange aus. Wie du schon sagtest, auch sogar in Bereichen, die nicht ganz leicht sind, wobei sie im KMU-Bereich glaube ich noch überschaubar sind.
Also auch Themen wie D&O und Cyber sind dort natürlich, das sind keine börsengeführten Unternehmen zum Beispiel bei D&O logischerweise, bei Cyber-Attacken werden die Ausfälle auch eher klein sein. Das heißt, die potentiellen Schäden halten sich im Rahmen. Und wir haben auch bei uns, also sprich in Deutschland oder generell Kontinentaleuropa, doch einige Player am Markt. Ich denke da vor allen Dingen immer an Hiscox, die uns schon seit einigen Jahren vormachen, wie man im KMU-Geschäft sehr erfolgreich sein kann, auch was digitales Geschäft angeht, niedrige Vertriebskosten. Warum soll das da nicht auch funktionieren, gebündelt jetzt mit einem aggressiven Preis?
Vielleicht ist das der Testballon, den Amazon da abschickt, um einmal zu schauen: Kriege ich das hin? Und was sie noch machen, das finde ich ganz interessant, sie machen dieses Abo-Modell. Also du kannst monatlich kündigen. Das bietet dir bis jetzt glaube ich weder im Privaten noch im gewerblichen Bereich jemand so klar, dass du da schnell herauskommen kannst. Ein sehr schneller Abschluss, gut, damit werben viele. Zehn Minuten wird jetzt hier irgendwie gesagt. Das sei jetzt einmal dahingestellt. Aber wenn sie das smooth machen plus ich habe ein relativ geringes Risiko als Kunde, weil ich auch jederzeit wieder rausgehen kann, damit kann man Erfahrungen sammeln, wie so ein Versicherungsmarkt generell digital tickt für KMUs.
Und ganz ehrlich, meine persönliche Meinung ist: Amazon interessiert sich nur für KMUs. Es ist Masse. Ich glaube, je größer das Versicherungsrisiko wird, je komplexer ein Kunde, ist das einfach nicht Amazon Business. Und dann ist das UK gerade durch die aktuelle Lage. Es kommen relativ wenige andere rein durch den Brexit. Da hat man ein schönes Versuchslabor, wo man jetzt einmal zwei, drei Jahre gucken kann, wie das Ganze funktioniert Das wäre nur logisch. Und dadurch, dass sie selbst nicht engagiert sind, sondern nur einen Makler mit dabei haben, hält sich das Risiko auch in Grenzen. Also das wäre so meine Meinung zu dem Thema. Aber da müssen sich vor allen Dingen die digitalen Gewerbeversicherer, die in den letzten Jahren bei uns auch entstanden sind, dann wahrscheinlich etwas wärmer anziehen, wenn das hier erfolgreich sein sollte. Denn dann wird das definitiv auch in Europa repliziert. Davon gehe ich fest aus, wenn das erfolgreich ist. Sie wären dumm, wenn sie es nicht machen würden. 32:29
Benjamin Zühr: Ja, absolut. Das sehe ich genauso. Ich würde annehmen, dass vor allen Dingen KMUs auch die Unternehmen sind, die letztendlich bei Amazon ihre Produkte anbieten. Und für Amazon hat es einen unglaublichen Charme, wenn diese Unternehmen eigentlich nur noch auf der Plattform sind. Und jetzt denen auch noch Versicherungen anzubieten, ist einfach noch ein weiterer Grund dort aktiv zu sein. Und wenn man sich überlegt: Haftpflicht, Haken dahinter. Passt zum Modell in den USA. Cyber als KMU, ich meine je nachdem, wie das KMU aufgestellt ist.
Im Zweifel ist das aber eine Versicherung, wo die sagen: Wo ich es jetzt lese, macht es schon Sinn, das auch einmal abzuschließen. Denn es gibt ja immer noch unglaublich viele Firmen, die überhaupt keinen Cyber-Schutz, keine Cyber-Versicherung abgeschlossen haben. Und D&O, ich kenne den Markt wie gesagt zu wenig, aber ich würde auch da sagen: Das klassische KMU, also die fünf, sechs, sieben Mann-Bude, die wird sich mit Versicherungen maximal nebensächlich beschäftigen. Und im Zweifel sind da Deckungslücken, wo auch Amazon draufzielt und sagt: Wir können euch hier einen Nutzen generieren und euch etwas anbieten, wo ihr euch noch nicht so richtig mit beschäftigt habt, was für euch aber total Sinn macht. 34:00
Ansgar Knipschild: Das finde ich einen sehr spannenden Gedanken. Da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht. Wer schließt denn wahrscheinlich solche Verträge ab bei einem KMU? Rhetorische Frage, das wird der Geschäftsführer sein. Da gibt es noch keinen Financial Director oder so etwas. Und wenn der dieses Produktspektrum von Versicherungsprodukten, genau wie du es gerade gesagt hast, sieht: D&O, verstehe ich gar nicht, was das ist. Ach, schützt mich. Nehme ich mit. Kostet ja nur diesem Betrag.
Ich glaube dieser Cross-Selling- und Upselling-Gedanke, da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht, der ist natürlich wirklich clever. Dass man da, wenn das Ganze auch noch schnell und einfach inline abschließbar ist, den Verantwortlichen direkt am Wickel hat bei den kleinen Unternehmen. Und der sagt natürlich aus einem Selbstschutz, gerade bei D&O und cyberähnlich, wie du sagst: Da habe ich schon viel von gelesen in der Presse. Wie schlimm das alles ist. Das kostet nur 500, 1000 Euro. Vielleicht ist das ja der Kurs in der Größenordnung beim kleineren Unternehmen je nach Branche. Nehme ich dann mal mit.
Und Payment, ein kurzer Exkurs noch, das ist auch ganz interessant: Du bist Business Prime Kunde. Das machst du unter anderem deshalb, damit du als Gewerbetreibender nicht so viel Hin und Her hast mit Rechnungen von Amazon und so weiter. Da bekommst du bestimmte Services von denen. Sonst könntest du ja auch ganz normaler Amazon-Kunde sein. Du kannst auf Rechnung auch einkaufen als Business Prime Kunde, was du normalerweise nicht kannst. Und dann, genau in diesem Prozess, ohne neuen Creditor anzulegen, auch noch deine Versicherung noch mit abzuschließen, das ist wahrscheinlich für so einen Geschäftsführer auch dann ein No-Brainer zu sagen: Komm, das schließe ich hier ab, bevor ich mich wieder mit drei, vier Versicherungsgesellschaften herumschlagen muss. Ja, das ist vom Sales her wirklich clever. Das ist mir gerade erst aufgefallen. 35:38-0#
Benjamin Zühr: Also ich glaube auch, das ist ein sehr interessanter Ansatz. Wir haben jetzt die Ansätze einmal diskutiert und besprochen und auch einmal unsere Gedanken da so mit einfließen lassen. Und jetzt gibt es aber im deutschen Markt natürlich jetzt viele, die sagen: Oh Gott, Amazon kommt. Und jetzt kann man sagen, das hat natürlich mit einer Veränderung zu tun. Und bestimmt wird das an der einen oder anderen Stelle auch spüren. Aber auf der anderen Seite können damit auch große Chancen verbunden sein. Also im Zweifel ist es irgendwann auch für weitere Makler oder Versicherer möglich, ihre Produkte über so einen Marktplatz anzubieten. Siehst du das Thema Amazon, jetzt einmal ganz speziell für Deutschland gesehen, eher als Chance oder eher als Risiko? 36:39
Ansgar Knipschild: Das ist wirklich schwer. Ich glaube, in diesem Bereich KMU könnte Amazon eine interessante Vertriebsplattform sein für die klassischen Gewerbe- und Firmenkundenversicherer, das mit Sicherheit. Wo erreiche ich sonst so viele Kunden auf eine so effiziente Art. Ich brauche keinen digitalen Vertrieb extra aufzubauen, muss keine Extra-Kosten da reinstecken. Das ist ein ähnliches Modell wie wir es diskutiert haben in den anderen Ländern, dass man da sagt: Ich muss wahrscheinlich Amazon schon einen Teil abgeben, auch einen nicht zu kleinen. Auf der anderen Seite habe ich keine Vertriebskosten und dann macht es eben die Masse. Also durch die Brille sehe ich da eine gewisse Chance, auch wenn die Marge aus Versicherersicht wahrscheinlich dann immer kleiner wird.
Aber seien wir einmal ehrlich, ich glaube, dieses Massengeschäft von Firmenkunden und Gewerbekunden kannst du nur noch hinbekommen, wenn du einfach extrem effizient alles abarbeitest. Ansonsten wird es der Markt sowieso, auch schon heute, bereinigen. Wir sehen es ja am Beispiel KFZ, zum Beispiel auch im Privatbereich. Und das wird sich glaube ich im Gewerbebereich fortsetzen.
Das ist die Chance, Amazon als Vertriebsmaschine zu sehen, die ich benutzen kann als Plattform, wo ich mehrere Versicherungsangebote parallel habe. Dann werden sie ein Wettbewerber-Vergleicher, wie es viele Plattformen hier in Deutschland oder in Europa auch haben. Weiß ich nicht, ich meine, wir kommen mehr aus dem Industrie-Bereich, Gewerbe muss ich auch sagen, bin ich jetzt noch ganz so sattelfest. Aber ich glaube, dass viele Deutsche doch immer noch Respekt vor dem Thema Versicherung haben und dann eher einer Expertenplattform wie Finanzcheck24, um jetzt einmal eine zu nennen, im Bereich D&O eher vertrauen als vielleicht Amazon. Aber das ist ein Bauchgefühl. Das könnte ich jetzt nicht argumentieren, dass da vielleicht ein Markenvorteil besteht.
Auf der anderen Seite, Amazon ist in so viele Bereiche vorgedrungen, die man vorher uninteressant für Amazon hielt oder glaubte, Amazon kann sich da nicht durchsetzen. Schwierig. Aber ich glaube Gewerbe, wie gesagt, ein bisschen Chance. Auf der anderen Seite glaube ich, dass der Kuchen groß genug ist, dass speziell die Nischenplattformen wie im Bereich Financial Lines, vielleicht auch im Bereich Cyber, dass sie sich da nach wie vor noch etablieren können und da auch gut gewappnet sind. Gefahr in dem Bereich sehe ich jetzt nicht so stark. Ich rede jetzt über Gewerbe. 39:36-0#
Benjamin Zühr: Also ich muss sagen, ich sehe es grundsätzlich eher als Chance. Ich sehe es deswegen als Chance, weil ich vor allen Dingen glaube, dass Amazon vor allem eines extrem fokussiert und das ist der Kundennutzen, der Kundenservice und alles, was rund um den Kunden ist. Und letztendlich glaube ich, dass da einfach eine Riesen-Chance besteht, die Services einfach noch einmal auf eine ganz andere Ebene zu heben. Ich glaube, dass eine weitere Chance dadurch dann entsteht, dass sich andere dem anpassen müssen und dass sich der Markt verändern muss. Ich glaube, das ist dringend notwendig. Und bisher besteht halt häufig gar nicht die Notwendigkeit. Ich glaube aber, dass man sich einfach intensiv mit auseinandersetzen müsste und im Zweifel sich auch überlegen muss: Wo unterscheide ich mich denn jetzt zu dem? Und das könnte man letztendlich auch zu einem eigenen USP machen. Das ist glaube ich auch eine Chance.
Und letztendlich könnte es eine weitere Chance sein, und das ist auch das, wo du ein bisschen hingegangen bist, das als Vertriebsplattform zu nutzen, für sich selber. Auch das sehe ich als eine große Möglichkeit an. Ich glaube, das sind Dimension, die man sich heute noch gar nicht vorstellen kann. Und wenn man da die Möglichkeit hat, einer von vielen auch zu werden, ist das ein ungemein interessanter Markt, den es da vertrieblich zu ergründen gibt. Also deswegen muss ich sagen, finde ich persönlich den Vorstoß sehr interessant und eher positiv als negativ. Glaubst du denn, du hast es zwei, drei Mal schon erwähnt, dass das Thema Industrie-Versicherung, ich nenne es einmal komplexere Versicherung, es muss ja nicht immer zwingend Industrie-Versicherung sein, dass das interessant für die ist? Und glaubst du, dass da in den nächsten Jahren etwas passieren wird? 41:56
Ansgar Knipschild: Wenn ich jetzt in einer Fernseh-Show gefragt werden würde, ich schaue sogar ab und zu noch Fernsehen, und ich hätte nur fünf Sekunden Zeit, würde ich nein sagen. Und zwar wirklich mit dem Argument: Für Amazon ist alles Individuelle, was sich nicht automatisieren lässt, einfach uninteressant. Amazon setzt einfach brutal auf Skaleneffekte und auf Marktdurchdringung. Das hat zumindest die Vergangenheit gezeigt.
Setzt nicht zwingend auf kurzfristige Profitabilität, sondern ich möchte einen Markt signifikant besetzen. Ich möchte da exzellent sein. Und dafür brauche ich einfach Masse. Und ich glaube, dass da das Geschäft im Industrie-Bereich einfach zu kleinteilig, zu komplex ist, zumindest mit der heutigen Fantasie, dass das für Amazon interessant ist. Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass durch das Engagement von Amazon in dem Bereich vielleicht neue Versicherungsmodelle entstehen, die in den Bereich Affinity oder nennen wir es ANEX-Geschäft reingehen.
Wir waren eben mal bei Garantieverlängerung. Das ist ein Massengeschäft und deshalb ist es interessant. Wenn jetzt für Gewerbekunden, die ihre eigenen Gewerbeprodukte bei Amazon reinstellen, über diesen Weg Zusatzversicherungsdienstleistungen verkauft werden könnten, und da geht es so ein bisschen in den Bereich Industrie.
Spielen wir einmal das beliebte Beispiel Photovoltaik durch. Nehmen wir an, das wäre noch ein Massengeschäft. Ich meine, das ist stark chinesisch dominiert, zumindest von den Produkten her, aber egal, um man könnte jetzt hier entsprechende Affinity- oder ANEX-Produkte dranbauen. So wie ich heute als Privatkunde eben sage, ja, ich mache die Garantieverlängerung, kann jetzt eben ein Industrieversicherer hier für ein eher größeres Solar-Panel oder so etwas dranhängen. Und das kann man für viele andere Produkte auch machen. Das kann man für den Bagger, den wir zitiert haben, machen, den ich auch nur miete. Das wären Bereiche im Industrie-Segment, wo ich mir vorstellen könnte, da geht es rein.
Aber das braucht Zeit. Denn der Industrie-Bereich hat bis heute noch nicht in der klassischen Distribution richtig verstanden hat, sage ich jetzt einmal ganz arrogant, das Potential da zu heben. Aber da könnte Amazon helfen, einfach auch einen so großen Zugang bereitzustellen, einfach wieder über die Masse der Endkunden, die das nehmen, der Gewerbetreibenden. Aber diese typische Industrie-Police für ein Unternehmen mit 500 Mitarbeitern, also wirklich ein kleineres oder mittleres Industriegeschäft, kann ich mir mit dem Beratungsbedarf, der noch heute dranhängt, ehrlicherweise nicht vorstellen. Wie siehst du das? 44:47
Benjamin Zühr: Also das ist schwierig. Ich glaube, es ist die Frage, welchen Prozess man letztendlich fokussiert. Ich glaube, dass die durch diesen Accelerator schon zumindest Daten haben, die auch für die Bewertung von Industrie oder komplexeren Risiken sehr interessant sein könnten. Also somit glaube ich könnten sie schon einen wesentlichen Beitrag zur besseren Risikobeurteilung und -Bewertung einnehmen. Das wäre meiner Meinung nach eine Möglichkeit, auch für komplexere Risiken. Und worüber ich immer mal nachgedacht habe, also jetzt einmal weg von einfach komplexeren oder letztendlich Risiken mit höherem Prämienvolumen. Mein gerne genutztes Beispiel ist das Thema Immobilien. Wohnungen versichern und wenn man das jetzt, also gerade den privaten Immobilienbereich, nutzt und sagt: Letztendlich setzt sich eine Police zusammen aus vielen Objekten, die versichert sind. Und die Menschen, die darin leben, sind wiederum im Zweifel Amazon-Kunden.
Somit könnte das schon ein spannendes Segment sein auch für Amazon, über Immobilienverwalter ihren Kundenstamm zum einen zu erweitern, nämlich dadurch, direkt mit den Mietern in Kontakt zu kommen, und vielleicht auch über eine Art Mieterportal Amazon-Services anzubieten und dadurch noch einmal über eine ganz andere Schiene zu kommen. Was ich natürlich nicht beurteilen kann, ist, ob das schon längst alles Amazon-Kunden sind und ob das überhaupt interessant für die wäre. Das ist alles schwierig zu beurteilen. Ich glaube nur, dass das auch Segmente sein könnten, die vielleicht interessant wären, weil sie im Fokus die Unternehmensdeckung haben, aber auch ganz stark an der Einzelobjektdeckung hängen und wo letztendlich auch Privatpersonen mit involviert sind. Das könnte ich mir spannend vorstellen. Aber ich glaube, die Wahrscheinlichkeit ist höher, dass sie vor allen Dingen das Thema Daten, dass sie sich in dem Segment irgendwann noch einmal stärker engagieren werden, gerade dann auch in Richtung Risikobewertung und dann auch in Richtung Versicherer. 47:39
Ansgar Knipschild: Da hatten wir zum Abschluss noch einmal das Thema Amazon FinSpace. Du hattest das ganz am Anfang einmal erwähnt. Wir haben das gar nicht mehr vertieft. Das war das Thema, was wir im Mai im Podcast haben, dass sie in den USA diese Analyse-Tools anbieten, wie man Finanzdaten, aber eben auch Versicherungsdaten in der Cloud analysieren kann. Und wenn man aufnimmt, was du jetzt gerade gesagt hast und sagt, ich kann über diese Geschäftsmodelle bei Amazon auch Daten, die für Versicherer interessant sind hier bereitstellen, dann schließt sich da der Kreis. Dass man dann eben sagt: Vielleicht wiederholt sich da ein bisschen das, was wir bei AWS gesehen haben, also dem Cloud-Dienst. Da ist auch erst mit dem Eintreten von Amazon in diesen Bereich der Markt für Google, Microsoft und damals auch IBM, die sind heute da auch noch aktiv, aber relativ klein, entstanden.
Sprich, dass über diese Daten-Services, aber auch für das eine oder andere im gewerblichen Bereich mit einmal die Großen doch ein bisschen bewegen und sagen: Wenn es ein Amazon kann, dann müssen wir da Paroli bieten. Vielleicht ist das auch noch so eine Dynamik, die da reinkommt und das ganze Thema ein bisschen angeschoben wird. Und wenn es wirklich ein bisschen die, sagen wir es einmal ein bisschen überspitzt, Panikreaktion ist, wenn wir jetzt nicht etwas machen, dann wird der Kuchen wirklich komplett weggenommen. Denn so war es im Cloud-Bereich. Bis dahin war Amazon da alleine mit dem Modell, wie sie es damals hatten, und dann waren da doch relativ viele Anbieter da. Und heute ist Amazon immer noch der Marktführer da, aber nicht so groß wie im eCommerce-Bereich. Das heißt, der Kuchen ist ein wenig gleicher aufgeteilt. 49:19
Benjamin Zühr: Ja. Super. Also ich glaube, dass wir auf jeden Fall das ganze Thema Amazon einmal gut beleuchtet haben und vor allen Dingen einmal eingeschätzt haben. Das hat mir auf jeden Fall unglaublich viel Spaß gemacht und ich hoffe natürlich auch, dass es den Zuhörern ordentlich etwas gebracht hat und vor allen Dingen zeigt: Man braucht hier keine Panik haben. Aber man sollte trotzdem wachsam sein, was da passiert und im Zweifel wirklich auch schauen: Wie kann man selber das Ganze nutzen, für sich nutzen und sich darauf einstellen? In diesem Sinne, vielen liebe Dank und bis zum nächsten Mal. 50:03
Ansgar Knipschild: Danke Benni. Bis bald. Tschüss.
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