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ID#71

29.05.2024

RIMS Risk World 2024: Eindrücke und Trends in der digitalen Industrieversicherung – ID#71

In dieser Episode spricht Toni Klein mit Benjamin Zühr über seinen Besuch der RIMS Risk World 2024 in San Diego. Themen sind die Offenheit des US-Marktes für Innovationen, AI-gestützte Technologien und die Unterschiede im Risikomanagement zwischen den USA und Europa.

Im Gespräch: Benjamin Zühr, Toni Klein
Länge: 15 Minuten

Transkript

 

Toni Klein: Hallo und herzlich willkommen zu dieser neuen Episode des Podcasts Industrieversicherung Digital. Mein Name ist Toni Klein und mit mir ist heute mein Podcast-Kollege Benni Zühr. Hallo Benni.

Benjamin Zühr: Hallo, grüß dich.

Wir quatschen heute quasi unter uns, ohne einen Gast von außen sozusagen. Denn Benni, du warst auf der RIMS Risk World in San Diego. Ich würde nicht direkt sagen, dass wir dich da hingeschickt haben, aber auf jeden Fall wollen wir wissen, wie es da war, auch im Bezug auf die Digitalisierungsthemen. Warum bist du da hingefahren?

Benjamin Zühr: Erstmal San Diego war wunderschön. Letztendlich war es eine Empfehlung, die ich hier bekommen habe aus dem Markt, dass das, was Innovationsthemen im Versicherungsumfeld, aber auch im Risikomanagementumfeld angeht, die Leitmesse weltweit sein soll.

Genau, das war eigentlich der Grund, warum auch ich mir das mal anschauen wollte und mal gucken wollte, was man da so für Inspiration aus dem US-amerikanischen Markt oder eigentlich aber amerikanischen Markt auch mitnehmen kann.

Toni Klein: Sehr gut. Das ist schon ein bisschen her, das war glaube ich Anfang Mai, 5., 6., 7., 8. Mai so in dem Dreh. Jetzt ist natürlich die Frage, was du noch behalten hast, weil es sind ein paar Wochen vergangen. Die Riskworld. Es scheint ja super, super riesig zu sein. Ich habe das Programm vorher ein bisschen angeguckt.Da gibt es Vorträge, riesige Ausstellerhallen, hunderttausende von Menschen gefühlt, auch so ein paar Bilder gesehen. Was war denn dein Fokus so? Warst du in Vorträgen viel oder warst du unterwegs einfach beim Quatschen?

Benjamin Zühr: Ja, genau. Ich habe mich weniger auf die Vorträge konzentriert, sondern wirklich geguckt, dass man da auch mal mit Leuten ins Gespräch kommt und einfach mal so ein Gefühl kriegt für den Markt und für Trends am Markt.

Und ja, wie du richtig sagst, es war riesig. Ich habe etwas Vergleichbares hier in Deutschland, aber auch in Europa jetzt persönlich noch nicht kennengelernt. Was aber nicht heißt, dass es das nicht gibt.

Also ich kenne es halt im Zweifel einfach nur nicht. Aber ich könnte mir vielleicht ein Ferma-Forum, das könnte ich mir vielleicht ähnlich groß vorstellen. Und genau, mein Fokus war vor allem in Gesprächen mit unterschiedlichen Marktteilnehmern zu führen.

Einerseits natürlich Marktversicherer, Assekuradeure, aber auch mit anderen Softwarehäusern mal zu sprechen und mal zu gucken, okay, wo sind da welche Trends gerade im Markt, auf was fokussieren die sich, wo sehen die auch zukünftige Trendthemen, wo rein investiert wird. Genau, das war so mein persönlicher Fokus. Und da habe ich vor allen Dingen die Tage und die Abende für genutzt, um da letztendlich Kontakte aufzubauen und Gespräche zu führen.

Toni Klein: Gab es viele Abende für dich? Zwei, drei? Genug. Übliche Konferenzabende.

Benjamin Zühr: Es gab genug Abende, genau.

Toni Klein:Wie war denn jetzt dein ganz subjektiver Eindruck, Trend ist ja das eine, beziehungsweise auch langfristige Strategien natürlich das andere, aber so trendmäßig, USA-Markt, Europa- oder Deutschlandmarkt, was hast du denn da so wahrgenommen?

Benjamin Zühr: Also für mich waren unterschiedliche Dinge, die ich da wahrgenommen habe. Also zum einen merkt man halt, dass der gesamte Markt sehr offen für eine Erneuerung ist. Also das war so irgendwie von Anfang an, das war so mein Gefühl.

Da war ganz wenig Festhalten an Bestehendem, sondern das war ganz stark das Interesse an wirklich neuen Trends, an neuen Innovationen und eben nicht nur bezogen jetzt auf okay, lass uns darüber unterhalten, wie sich Produkte beispielsweise im Versicherungsumfeld, sondern wirklich, wie entwickelt sich eigentlich das, wofür wir Produkte bauen? Also wirklich, wie entwickelt sich Leben, wie entwickeln sich Menschen, wie entwickelt sich Wirtschaft und so weiter und so fort. Und das fand ich sehr, sehr interessant und passt ja letztendlich auch wirklich zum großen Thema Risikomanagement. Allerdings fand ich diese Offenheit dahingehend sehr, sehr interessant.

Und ja, also das war das eine, wo ich das Gefühl hatte, dass da eine sehr große Offenheit ist. Und das andere ist, also ich sage mal rein von der technologischen Seite her, ist es so, dass ich vor allem im deutschen Markt weiterhin das Gefühl habe, wenn wir über Digitalisierung sprechen, sprechen wir über Angebot, also den klassischen Vertragszyklus, sage ich mal, der irgendwie digitalisiert werden soll oder wird. Immer noch vornehmlich natürlich das ganze Thema Neugeschäft.

So und das hatte ich da gar nicht. Also das war da einfach nicht mehr das Thema, sondern was da wirklich das Thema ist, wie kriege ich es hin, versicherungsunabhängiges Risikomanagement digital abzubilden und Schaden. Und das fand ich sehr, sehr spannend und alles AI-Driven, also ob das jetzt natürlich mehr oder weniger nur Schlagworte waren, aber also das Thema AI ist halt nichts mehr, was quasi so ein Trend-Nischenthema ist, zumindest in den Gesprächen, sondern es ist halt einfach etwas gesetzt.

Das ist quasi, also wenn das nicht Teil der Lösung ist, dann ist die Lösung halt einfach nicht relevant. Und das fand ich auch sehr, sehr spannend. Und genau, da habe ich unterschiedliche Gespräche zugeführt, wie gesagt mit Makler, Versicherern, aber auch mit Softwarehäusern, die da Lösungen anbieten.

Ja und das fand ich, also ich fand es sehr, sehr bereichernd auf jeden Fall.

Toni Klein: Würdest du sagen, dass die, ich sage jetzt einfach mal pauschal, die Amerikaner in Vertretung des amerikanischen Marktes, doch eher kundenorientierter denken, also eben die Branche der Versicherer oder auch Industrieversicherer und Makler als jetzt in Deutschland und Europa? Also weniger mit sich selber beschäftigen und mit Prozessen und so weiter, sondern wirklich, wie du sagst, Risiko aus Sicht eines Unternehmens, Risiko aus Sicht eines Menschen und sich darum gruppieren und darum Lösungen herumfinden?

Benjamin Zühr: Also ich weiß nicht, kundenorientierter glaube ich nicht. Also ich glaube nicht, dass sie jetzt mehr oder weniger kundenorientiert sind. Ich glaube, dass beide Märkte sehr kundenorientiert eigentlich sind. Ich glaube nur, dass weniger Angst vor Veränderung ist. Ich glaube halt, dass einfach Veränderung Teil der DNA ist.

Und das habe ich hier nicht das Gefühl. Also ich glaube, hier wird es, also man hört natürlich viel über Veränderung, man liest viel über Transformationen und so weiter und so fort. Und doch sind häufig eher vorsichtige Schritte hier zu sehen.

Und da drüben hatte ich eher das Gefühl, dass es halt einfach ganz normal zum Modell dazu gehört, dass es halt einfach in einer ziemlich schnellen und immer schneller werdenden Geschwindigkeit weiterentwickelt wird. Und das natürlich vor allen Dingen vor dem Hintergrund dann auch relevanter zu werden. Also das ist nicht auf Selbstzweck passiert das nicht, sondern das passiert halt einfach, um mehr Markt abzugreifen.

Und da sind die auch sehr pragmatisch, sowas von dem, was ich mitbekommen habe. Also ich fand es sehr, sehr spannend und ich persönlich fand es auch sehr erfrischend. Also ich weiß nicht, ob das jetzt etwas ist, was perfekt hierher passt. Ich weiß auch nicht, ob das alles richtig ist. Aber ich fand halt einfach mal diese Leichtigkeit sehr angenehm, wie mit Veränderungen umgegangen wird, weil ich hier zumindest häufig im Gespräch das Gefühl habe, dass es doch irgendwie eine gewisse Belastung auch ist. Und das hatte ich da weniger.

Also da wurden wirklich mehr die Chancen gesehen, etwas zu wachsen, mehr Markt und einfach so. Und genau, also das fand ich, also ich persönlich fand das sehr, sehr gut und sehr erfrischend.

Toni Klein: Würdest du auch sagen, dass die amerikanischen Unternehmen oder Versicherer und Makler eher auch ihr eigenes Geschäft hinterfragen, also flexibler wären in der Anpassung?

Benjamin Zühr: Also aus den Gesprächen, die ich jetzt geführt habe, würde ich sagen, ja, schlicht und ergreifend.

Also ich habe einfach nicht so das Gefühl gehabt, dass sie so stark an dem bestehenden klammern. Also für die ist halt ganz einfach, die wollen halt einfach mehr Geld verdienen und machen halt alles dafür, das zu tun. Und das möglichst effizient.

Und da helfen halt diese Themen sehr. Also zum einen wirklich zu gucken, wie kann ich wirklich das Thema Risikomanagement neben Versicherungs oder als quasi Ergänzung zum Thema Versicherung beim Kunden platzieren und nicht getrennt davon, sondern als ein großes Dienstleistungsspektrum quasi. Was ja auch gerade ganz ehrlich gesagt im harten Markt einfach total Sinn macht, zu sagen, wir gucken eben nicht nur auf die versicherbaren Risiken, sondern wir gucken halt wirklich auf das gesamte Risikoportfolio und schauen, was macht Sinn, wo macht Versicherung Sinn, wo machen vielleicht andere Absicherungsmaßnahmen Sinn.

Bezogen auf Digitalisierungsthemen, Unterschied Deutschland oder Deutschland, Österreich, Schweiz, Europa und die USA.

Toni Klein: Du hast gerade gesagt, AI, wie hast du es genannt? AI based oder AI driven? AI driven technology. Vorhin hast du, wir haben es kurz vorgesprochen, hast du auch gesagt, AI ist Pflicht. Kannst du dazu nochmal was sagen?

Benjamin Zühr: Ja, ich kann halt das sagen, was ich da so mitbekommen habe. Und vor allen Dingen ist es halt so, jeder, mit dem ich gesprochen habe und dem ich so ein bisschen erzählt habe, wo was wir oder wo Technologien bei uns so stehen und so. Es war ein sehr großes Interesse, was ich spannend fand, weil ich das einfach nicht erwartet hätte.

Also ich hätte nicht erwartet, dass Interesse besteht auch beispielsweise an deutscher Technologie, an Software-Technologie. Das fand ich sehr, sehr spannend, weil ich immer so gedacht habe, okay, die Amerikaner sind da ja schon mit ihren großen Tech-Firmen, so Apple, Microsoft und so weiter schon ja auch sehr weit vorn und hätte gedacht, dass die da auch in Anführungsregeln ein bisschen patriotischer sind. Aber ich hatte das Gefühl wirklich sehr, sehr offen, was auch andere.

Aber es kam immer die Frage halt, ob die Technologie letztendlich, die haben es dann halt immer AI driven ist. Also ich sage mal, wie gesagt, also ich glaube, ein Produkt oder eine Software, die letztendlich quasi eine klassische Software ist, wie man sie bisher kennt und keine AI Komponente drin hat. Das war so mein Gefühl, ist da eigentlich nicht mehr state of the art, sondern im Gegenteil.

Das ist dann letztendlich einfach old school und es wird halt nach Lösungen gesucht, die halt irgendwie mehr AI Komponente beinhalten oder genau. Weil AI eben diesen Effizienzgewinn verspricht und diese super datengetriebenen Entscheidungen unterstützt. Genau.

Also ich denke, also AI hat ja ganz viele Komponenten, wo es ansetzen kann. Und genau. Das hat man da auch in Gesprächen gemerkt. Also es ist ja kein Geheimnis, dass das AI vieles verändern wird. Und eben aber auch natürlich das Geschäft von Versicherern, Maklern, die Art, wie man Kunden betreut, das Risikoverständnis und so weiter und so fort.

Also das wird ja nun an allen Ecken und Enden wird das Einfluss nehmen. Und das ja auch sehr kurzfristig. Und ich glaube auf jeden Fall, dass es klug ist, da dieses Thema sehr gut zu forcieren und sehr genau sich zu überlegen, wo Einsatzszenarien sind.

Weil ich mir schon vorstellen könnte, dass wenn man den Trend verpasst, dass man dann halt einfach relativ kurzfristig auch im Zweifel nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Weil halt letztendlich andere eine ganz andere Art von Wissen aufweisen können, was sie letztendlich als Teil des Dienstleistungsspektrum gegenüber ihren Kunden auch letztendlich verkaufen können.

Toni Klein: Ist AI ein Trend, der wieder vergeht oder ist AI gekommen, um zu bleiben? Ich denke, wir beide haben da eine ähnliche Meinung, dass es eben gar kein Trend mehr ist, sondern einfach nur noch eine Notwendigkeit, um effizient weiterzumachen.

Jetzt hast du schon relativ viel erzählt, was du so wahrgenommen hast und in den Gesprächen gehört hast. Gibt es noch was, wo du sagst, das hat mich beeindruckt oder es war so irgendwie besonders für mich dort?

Benjamin Zühr: Also mich persönlich hat wirklich diese Offenheit beeindruckt. Das habe ich hier bisher so nicht wahrgenommen.Und die Offenheit dahingehend, überhaupt erst mal richtig ins Gespräch zu kommen. Es wurde ein unglaubliches Interesse einfach an Haustausch gezeigt. Ich hatte bei keinem einzigen Gespräch das Gefühl, dass die einem erzählen wollten, wie die Welt funktioniert, sondern im Gegenteil.

Ich hatte wirklich das Gefühl, da war wirklich Interesse an einem ehrlichen Austausch und Interesse daran, wie kann man die Sachen, die beide Partner letztendlich können, verbinden, um etwas Besseres daraus zu machen. Ich persönlich fand es sehr beeindruckend und habe es, wie gesagt, in der Intensität hier auch noch nicht so erlebt. Auch auf Veranstaltungen, wo ich war, hatte ich das wahr.

Und das muss ich sagen, fand ich einfach so aus persönlicher Erfahrung echt toll.

Toni Klein: Super, vielen Dank. Danke für deine Erfahrungsschätze, die du mit uns geteilt hast. Wenn jetzt unter den Zuhörenden noch jemand oder jemand ist, die auch dort war, meldet euch einfach bei uns. Vielleicht können wir nochmal einen anderen Austausch machen oder beim Benni vielmehr. Ansonsten danke dir vielmals und hoffentlich bis zur nächsten Konferenz bald, wo du uns dann wieder was erzählen wirst.

Benjamin Zühr: Ja, vielen lieben Dank für die Zeit. Super, tschüss. Ciao.

Der Podcast „Industrieversicherung Digital“ ist eine Initiative für den offenen Austausch über die Digitalisierung von Industrie- und Gewerbeversicherung: Versicherer, Makler, Kunden und IT im direkten Dialog.

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