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ID#31

21.01.2022

Holm Schröder, AON: Digitale Vermittlerabrechnung mit BiPRO aus Maklersicht – ID#31

Im Rahmen eines Normierungsprojektes der BiPRO haben mehrere großen Maklerhäuser und Versicherer den Prozess der Vermittlerabrechnung digitalisiert. Wir sprechen mit Holm Schröder (AON) über den Projektverlauf und seine Erfahrungen aus der Praxis. Eine spannende Folge, um anhand eines konkreten Anwendungsfalls die Digitalisierung der Industrieversicherung und die Arbeitsweise der BiPRO besser verstehen zu können.

Im Gespräch: Holm Schröder und Ansgar Knipschild

Länge: 45 Minuten

Kurz und knapp: die wichtigsten Thesen

  • Erkenntnis der Branche, dass Digitalisierung wichtig ist, da Geschäft immer komplexer und aufwendiger wird.
  • Norm 4/30-7 Umsetzungsverkehr nach BiPRO soll umgesetzt werden – mit dem Ziel alle Informationen in einheitlicher Form an alle Beteiligten zu übermitteln.
  • Normierungsprozess wurde über alle Sparten ausgerollt.
  • Zeitlicher Rahmen: ca. zwei Jahre.
  • Aktuell werden bis zu 40 Prozent der Abrechnungen über die BiPRO-Norm abgewickelt.
  • Durchdringung in andere Bereiche läuft gut, da Makler und Versicherer die Vorteile der Lösung erkennen.
  • Nächste Schritte sind bereits in Planung.
  • Erkenntnis aus dem Projekt: Digitalisierung sollte mit kleinen und alltäglichen Prozesse beginnen.

Transkript

Ansgar Knipschild: Hallo und herzlich willkommen zu einer weiteren Ausgabe von Industrieversicherung Digital, heute zu einer weiteren Folge unserer kleinen Reihe um das Thema BiPRO und Vermittlerabrechnung. Und ich freue mich, heute einen Gast begrüßen zu dürfen, Holm Schröder von der AON, der uns heute über die Erfahrung bei der Beteiligung der AON in diesem Projekt berichten wird. Herzlich willkommen Herr Schröder.

 

Holm Schröder: Hallo Herr Knipschild.

 

Ansgar Knipschild: Da haben wir jemanden aus der Praxis, der die Maklerseite, die Brokerseite vertritt und, Herr Schröder, ich würde Sie bitten, können Sie sich in ein paar kurzen Sätzen vorstellen, Ihre Rolle bei AON?

 

Holm Schröder: Mein Name ist Holm Schröder, ich bin mehr als 25 Jahre bei AON in unterschiedlichen Funktionen. Ich habe als Fachbetreuer Haftpflicht angefangen, habe danach längere Zeit im Dienstleistungszentrum, unserem Backoffice, in leitender Funktion gearbeitet und habe vor zwei Jahren die neue Rolle des Programmmanagers bei AON übernommen. Der Programmmanager die Schnittstelle zwischen den Fachabteilungen und den Operations-Einheiten, sowohl dem Backoffice, dem Dienstleistungszentrum, der Projektentwicklung, der IT. Im Grunde genommen allem, was im Hintergrund arbeitet und die Strukturen am Laufen hält. Das heißt, ich bin dadurch in die Rolle hinein geschubst worden, mich um BiPRO zu kümmern, weil man gesagt hat: „Das passt, jetzt haben wir einen, der das zu seinem Tagesgeschäft zählen sollte, wir sind schon länger dabei, aber irgendwie nie so richtig damit warm geworden.“

 

Ansgar Knipschild: Sehr interessant und sehr spannend. Bevor wir zum Thema BiPRO kommen und wie das Ganze dann digital bei Ihnen umgesetzt wurde, noch einen Schritt zurück. Wir wollen uns heute über die digitale Vermittlerabrechnung unterhalten und nicht zu tief in die internen Strukturen im Hause AON kümmern, aber können Sie einen kleinen Einblick geben? Die meisten Zuhörer werden das Spiel kennen, aber einige nicht so tief. Wie läuft heute bei Ihnen das Thema Vermittlerabrechnung? Ein ganz kurzer Abriss von Ihrer Seite, worum geht es und wie ist heute der Prozess rund um das Thema Abrechnung?

 

Holm Schröder: Bei uns ist es so, dass wir einen großen Teil unseres Geschäftes in der Vermittlerabrechnung haben. Wir inkassieren und berechnen die Prämie selber und geben die Prämie an den Versicherer weiter, nachdem wir sie vom Versicherungsnehmer inkassiert haben. Die Abrechnung in dem Sinne ist nicht die eigentliche Buchung, wo wir die Prämie und die Rechnung buchen, sondern mit Abrechnung ist gemeint, wenn unsere Buchhaltung das Geld an den Versicherer überweist. Mit dieser Überweisung kommt immer ein Abrechnungsbeleg, der inzwischen in digitaler Form kommt, als XML Datei, oder Excel Datei an eine E-mail angehängt, also noch nichts, was datenübertragungstechnisch ist, sondern es wird alles digital, aber in Listenform übermittelt. Das ist, was wir rausschicken. Das größere Problem, oder die größere Schwierigkeit, die auftaucht, ist die Antwort, wenn irgendetwas nicht stimmt, oder offene Postenlisten kommen, die kommen je nach Versicherer unterschiedlich typischerweise in Textform. Und das ist der größere Aufwand, die müssen dann händisch verarbeitet werden. Da ist das Ziel, das Ganze zu automatisieren, um Ressourcen freizuschalten, die sich mit dieser eher administrativen Tätigkeit beschäftigen müssen.

 

Ansgar Knipschild: Ich kenne das aus unseren Projekten. Machen wir es am einfachsten Fall, AON arbeitet mit einem Versicherer zusammen, zwei Häuser sind da, Sie generieren eine Liste von Ihrer Abrechnungsperspektive, auf der anderen Seite ist der Carrier, der Kapazitätgeber, der das ebenfalls tut und die Listen müssen übereinstimmen, sonst hat man ein Problem in seinen Buchhaltungen. Hier sitzen dementsprechend viele fleißige Menschen, die das im Zweifelsfall abtippen müssen auf den jeweiligen Seiten und sicherstellen müssen, dass die Stände wirklich gleich sind. Das ist das Hauptproblem?

 

Holm Schröder: Das ist das Problem und zum anderen die zeitliche Komponente. Wir schicken zwar einen Großteil der Januar Rechnungen früh genug, oder fast im Voraus, raus, aber bis der Kunde zahlt, dauert es. Nicht alles, was im Januar in Rechnung gestellt wurde, wird im Februar überwiesen, sondern es kommt darauf an, wann zahlt der Kunde, hat der Kunde noch Nachfragen? Dann kann es durchaus sein, dass etwas, wenn es eine Januar Fälligkeit hat, nicht sofort erhoben wird, weil noch interne Prozesse zu klären sind, weil eventuell die Rechnung, oder die Prämie gegenüber dem Kunden erklärt werden muss, der die vielleicht auf gesplittet haben muss. Das ist ebenfalls Teil unserer Arbeit, dass wir eine Prämie auf Konzernniveau verteilen können, auf, bis zu 150, zweihundert Einzelrechnungen und da ist die Schwierigkeit für den Versicherer im Nachhinein, das wieder zusammenzufinden, weil das kommt nicht in einer Summe an, sondern wird dann gestückelt in den nächsten ein bis zwei Monaten zusammenkommen.

 

Ansgar Knipschild: Gut, aber da bekommt man schon ein Gefühl für die Komplexität und, wenn ich es nochmal zusammenfassen darf, es ist weniger das Problem Erzeugen der Listen, sondern die auf Stand zu halten, weil die zeitliche Komponente dafür sorgt, dass nicht alles in einem Monat durch ist, sondern man Nachläufer hat. Man hat vielleicht ebenfalls Fehler, Fehlüberweisungen, Korrekturen, Buchungen, die nötig sind und dann hat man eine Menge von individuellen Regelungen, die man lösen muss. Und wenn das Ganze aus Sicht des Maklers AON auf mehrere Versicherer geht, wenn man noch das Beteiligungsgeschäft dazu nimmt, kann man sich vorstellen, wie sich diese Thematik dann in der Komplexität und in der Arbeit ausmultipliziert?

 

Holm Schröder: Ja, vor allen Dingen, man hat die Prämie mit dem führenden Versicherer abgestimmt. Alle Versicherer bekommen alle Information und alle bekommen die gleiche Abrechnung, nicht nur einen Teil. Nur ist es so, dass häufig der Führende schneller in der Information ist, dass man häufiger, oder eher mit dem geredet hat, sodass es für die Beteiligten nicht schwieriger wird, aber die eventuell nicht immer denselben Stand haben. Der Kunde hat uns kurzfristig seinen neuen Umsatz gemeldet, wir haben ihn eventuell noch nicht an den Versicherer weitergegeben, oder es ist zwar in der Fachabteilung angekommen, aber noch nicht im System eingegeben, da können ebenfalls Differenzen entstehen, die im Nachgang geklärt werden müssen. Das, was wir rausschicken, ist für uns relativ einfach, das sieht das System. Eine Liste teilt das nach den Versicherern auf, das läuft alles relativ automatisch und wird verschickt. Die Schwierigkeit ist der Rücklauf, da scheitert momentan das System noch etwas.

 

Ansgar Knipschild: Jetzt kann man sich denken, Problem erkannt, Problem gebannt, wenn sich alle an einen Tisch setzen würden, verschiedene Maklerhäuser, verschiedene Versicherer. Es müssten schon in den letzten Jahren diverse Initiativen entstanden sein, wie kann man so etwas verbessern, Stichwort Standards, Standarddatenformate. Hat es da schon Bemühungen gegeben in der Vergangenheit, haben Sie da schon vorher Kontakt gehabt zu dem Thema, zu solchen Bemühungen?

 

Holm Schröder: Ja, wir haben parallel zu dem, was wir in der BiPRO machen ein bisschen eher angefangen, mit den Versicherern das Ganze auf einen höherwertigen Status zu bringen, dass wir XML Dateien übertragen können, oder XML Dateien schicken. Das ist etwas schwierig, weil man mit den Versicherern immer einzeln reden muss. Man muss einzeln mit denen klären, was braucht ihr denn, was schicken wir euch? Es ist nicht die standardisierte Version, das ist, glaube ich, bei uns innerhalb der Versicherungsbranche das Problem. Jeder Versicherer fährt sein eigenes System, jedes der Maklerhäuser. Die fahren teilweise die identische Software, aber ebenfalls teilweise in Unterschieden, je nachdem, wie das Ganze gelebt wird, oder wie der Makler aufgebaut ist. Unser Bestandführungssystem haben wir jetzt im Betrieb seit mehr als zwanzig Jahren, das heißt, das hat sich von dem, was da ursprünglich als System einmal kam, weiterentwickelt.

Das ist bei allen anderen genauso, das heißt, da haben sich die Spuren zu sehr verzweigt, als dass man da noch ein einheitliches Muster erkennen könnte. Wir reden immer bilateral mit den Versicherern und müssen für jeden im Grunde genommen seine eigene Lösung bauen. Das ist sehr aufwendig, beziehungsweise, das macht man für die größeren Versicherer, gerne ebenfalls für die mittleren. Aber man hat ebenfalls einmal Versicherer drin, mit denen man nicht die Masse an Geschäft hat, sondern ein kleinteiliges Geschäft und da wird das immer schwieriger, weil man dann eventuell für den Versicherer nicht der große Makler ist, sondern die einen nur als kleinen Kunden, oder als kleinen Partner sehen und man Schwierigkeiten hat, da Lösungen zu finden. AON wir immer als relativ großer Makler anerkannt und als großer Makler gesehen. Wir haben ein anderes Standing bei den Versicherern, oder eventuell andere Chancen, nichtsdestotrotz sind wir ein Kunde des Versicherers und je nachdem wie groß der Versicherer ist, fragt es sich, lohnt sich das für mich? 9:29

 

Ansgar Knipschild: Ich glaube, das Thema kennen alle Beteiligten am Markt, egal ob durch die Perspektive des Versicherers, oder durch die des Maklers. Umso spannender die Frage, wie kam bei Ihnen im Hause der Kontakt zur BiPRO konkret zum Projekt der Vermittlerabrechnung? Sind Sie auf die BiPRO zugegangen und haben gefragt, ob es da schon Bemühungen gibt? Kam die BiPRO auf Sie zu? Können Sie einen Einblick geben, wie der Startpunkt war, wie der Kontakt zustande kam?

 

Holm Schröder: Die Entwicklung dieses Di-O-Plus Abrechnungsverkehrs liegt schon relativ weit in der Vergangenheit. Das lief mehrere Jahre und Mitte 2019 hat man sich dann im Rahmen der BiPRO getroffen. Wir sind dort schon sehr lange Mitglied. Man hat da immer Kontakte gehabt und gesagt, wir wollen das einmal auf neue Beine hängen, wir wollen einen neuen Projekttyp aufbauen, eine Di-O-Plus, wo wir versuchen möglichst viele die am Markt sind, mit in diese Di-O-Plus mit hineinzubringen, dass die anfangen alle diese Norm zu machen. Als ersten Schritt hat man gesagt, wir wollen eine verbindliche Teilnahme. Man hat einen Letter of Interest erstellt, der unterzeichnet werden musste, wo drin stand, wir setzen dieses um, nicht wir machen da mit und wir reden mit, sondern wir setzen das um. In der ersten Welle haben sich zwei Makler gefunden, acht Versicherer und zwei Dienstleister, zwei Anbieter von Software Programmen für die Makler, die gesagt haben, wir machen da mit. Wir wollen diese Norm 4/30-7 Umsetzungsverkehr umsetzen. Und in dem Projekt ist man so gestartet, dass man gesagt hat, wir müssen uns erst einmal unterhalten, was wollen wir denn? Wie ist die Norm, wie muss man die Norm lesen, oder wo kann, oder muss sie auslegen, welche Punkte sind uns unklar, welche Punkte müssen wir entscheiden. Und darauf aufbauend hat man eine Grundstruktur entwickelt und dann gesagt, jetzt müssen wir das Ganze ans Leben bringen.

Es wurden Testpärchen gebildet, im Grunde jeder mit jedem. Wenn nur zwei Makler dabei sind, müssen wir mit jedem Versicherer zusammenarbeiten, wir können uns nicht einen aussuchen und die anderen sieben haben Pech gehabt. Das ist bei den Versicherern genauso gelaufen, man hat angefangen zu gucken, wie läuft das denn? Eher bilateral, bilaterale Absprachen, dass man versucht, erst einmal die Schnittstellen zu finden, ebenfalls die Sicherheitsschranken zu überwinden, Accounts zu gründen und ähnliches. Wir haben uns eines dritten Dienstleisters bedient, der Betix, die für uns die Umsetzung unserer Daten in das BiPRO Format vornimmt und wieder den Gegenzug, weil das für uns einfacher war. Es ist immer die typische Sache, programmiere ich das selber, oder kann ich das zukaufen? Wir haben uns für das Zukaufen entschieden und dann darauf aufbauend entschieden, wir schicken unsere Daten an die Betix, die überträgt das und liefert sie an den Versicherer und holt demnächst die Antworten wieder ab. Aber ursprünglich kam das eher aus dem Projekt bei der BiPRO und als das Ganze aufgesetzt wurde, dadurch dass ich zeitgerecht die Rolle als Produktmanager übernommen hatte und parallel sah, das ist etwas, was wir brauchen könnten, da könnten wir mitmachen, haben wir uns dafür entschieden, hier mit einzusteigen. Wie gesagt, die Entscheidung war, dass man verbindlich gesagt hat, wir wollen es tun. Weil die Sorge bei diesen Projekten ist, man investiert Zeit und logischerweise Ressourcen und Geld und dann kommt irgendetwas heraus, was keiner nutzt. So war sichergestellt, dass verschiedene Versicherer, mit denen wir gut im Geschäft sind, das ebenfalls umsetzen und die Hoffnung, dass das sich als Standard etabliert, oder was da umgesetzt wird als Standard kommt. Und nach und nach, wenn man jemand anderes hat, ich bin jetzt schon von anderen Versicherern angesprochen worden, die gesagt haben: „Ich höre ihr macht das, wie sieht das aus?“ Wo man sagen kann, haben wir, wir haben das mit verschiedenen Versicherern etabliert, wir können gerne darüber reden nach dem Projekt, nicht vorrangig vor dem Projekt, aber wir wissen dann, was wir dir schicken können und da musst du dich dann etwas anpassen. Weil wir stimmen Kleinigkeiten ab, oder wenn Felder anders gesehen werden müssen nur, wir wissen, was wir exportieren wollen und das werden wir dann immer in einer sehr, sehr ähnlichen Form machen. Das Ziel ist, immer dasselbe zu exportieren und immer dasselbe zu bekommen und nicht für jeden Einzelnen eine eigene Variante zu bauen. 14:20

 

Ansgar Knipschild: Haben Sie vorher schon einmal an solchen Normierungen, oder Standardisierungsinitiativen mitgewirkt? Wirkt das fast abschreckend, wenn man hört, da sitze ich jetzt mit vielen Beteiligten im Raum und muss sehr abstrakt, sehr theoretisch mich hier mit Normen und Ähnlichem beschäftigen? Kannten Sie das Thema vorher?

 

Holm Schröder: Ich persönlich nicht, ich wusste, dass es die BiPRO gab. Ich hatte einmal gehört, dass die Normung betreiben, aber wie der eigentliche Prozess abläuft, war mir bis dato nicht klar. Als ich das erste Mal in den, nennen wir es, Normenkatalog geschaut habe, was da schon alles normiert ist, war ich etwas erschreckt, was schon normiert ist, und dass es in Anführungszeichen „wenig“ genutzt wird. Für mich war es völliges Neuland, für AON in dem Moment ebenfalls, weil wir da mit drin waren, aber ich wüsste keinen von uns, der in den Ausschüssen der BiPRO sitzt und daran teilnimmt, beziehungsweise, da aktiv mitarbeitet.

 

Ansgar Knipschild: Eine andere Frage ist, es hat ja schon einige Anläufe der Industrieversicherungen, oder ebenfalls Gewerbeversicherungen bei der BiPRO gegeben. Es ist primär ein Thema, was in den Private Lines verankert ist, weil die Stückzahlen dort da sind und da macht eine Standardisierung und Digitalisierung richtig Sinn. Ich war persönlich bei einigen von diesen Treffen dabei, die schon vor fünf Jahren einmal begonnen haben und dann ab und zu in Normierungsprojekten gemündet sind, aber recht schwerfällig in der Umsetzung sind. Ich glaube, das hat ebenfalls mit der Verankerung der Industriesparten in jeweiligen Häusern zu tun, wo es auf der Versichererseite nicht einfach ist, sich systemtechnisch zu einzubinden. Aber es gibt noch ein anderes Thema. Ich denke, die Branche ist auf der einen Seite gewohnt, zu kooperieren, sowohl Versicherer, Stichwort Beteiligungsgeschäft, als ebenfalls Makler. Auf der anderen Seite gibt es eine gesunde Konkurrenz und man merkt immer wieder, es gibt die ein oder anderen Fragezeichen bei so einer Annäherung. Wie sehr lässt man sich in die Karten gucken? Wie war das bei dieser Initiative, war das eher offen von Anfang an, oder wie geht man mit so einem Spannungsfeld um? Wie war da Ihre Wahrnehmung?

 

Holm Schröder: Es war sehr offen. Natürlich hat man nicht über Kunden geredet, nicht über das Geschäft geredet. Man hat festgestellt, dass bei allen dieselben Schuhe drücken, oder alle ähnliche Probleme haben. Es gibt keinen, der gleich fertig war und alles in trockenen Tüchern hatte. Der hätte dann nicht teilgenommen, mag sein. Man startete auf einem ähnlichen Stand. Es gab ein paar, die schon tiefer in dem Ganzen drin waren, die schon andere BiPRO Normen umgesetzt hatten, aber es war eher ein Kollegiales, dass man versucht hat, wie kommt man da drauf. Es lag eventuell ebenfalls an der Projektleitung, dass man jemanden dabei hatte, der technisch sehr versiert ist, oder die Normen in und auswendig kennt und auf alles eine Antwort wusste, oder sagte, ich kann es herausfinden und damit alle sehr schnell auf einen gleichmäßigen Stand gekommen sind. Das Projekt ist in zwei Stufen, es gibt die First Mover, die zu Anfang dabei waren, ungefähr ein halbes Jahr später sind die Follower eingestiegen, noch ein Makler und noch zwei Versicherer.

Die Follower haben inzwischen aufgeholt, es ist gelungen, die auf einen ähnlichen Stand zu bringen. Natürlich, wenn man schon mit einem den technischen Durchstich hatte, oder bereits in der Datenlieferung ist, dauert das noch etwas, aber man ist so weit, dass man mit denen auf demselben Niveau arbeitet. Wir sitzen in dem Projekt seit den ersten Gesprächen, oder den ersten Treffen knappe zwei Jahre, seit das begonnen hat. Es ist erstaunlich, dass manche Fragen nochmal wieder hochkommen, dass man jetzt feststellt, da hatten wir zwar einmal darüber geredet, aber jetzt wird uns erst klar, was das bedeutet, nichtsdestotrotz ist es so, dass alle gut zusammengearbeitet haben und sich alle haben in die Karten schauen lassen. Wo steht ihr denn? Was macht ihr gerade? Man bekommt in den regelmäßigen Gesprächen mit, dass alle um die Ressourcen kämpfen müssen, oder in der Ressourcenverteilung sind. Die Einen haben ein größeres BiPRO Team, die anderen haben ein kleineres, aber alle kämpfen mit denselben internen Widerständen will ich nicht sagen, aber mit denselben internen Herausforderungen.

 

Ansgar Knipschild: Meine Wahrnehmung ist generell, unabhängig von BiPRO, die Öffnung gemeinsam an solchen digitalen Themen zu arbeiten, oder an Themen, die die Branche gemeinsam voranbringen gerade in solchen operativen Themen, hat sich schon in den letzten fünf Jahren merklich geändert. Wenn man vor zehn Jahren oder noch weiter zurück an einem Tisch saß, hat man sich noch mehr mit Argusaugen gegenseitig angeschaut und jetzt merkt man, man sitzt an vielen Punkten gemeinsam im Boot und da Ressourcen zusammenzunehmen macht Sinn. Würden Sie das ebenfalls so sehen, dass da eine positive Entwicklung stattgefunden hat?

 

Holm Schröder: In jedem Fall, ich glaube, inzwischen hat jeder verstanden, dass Digitalisierung etwas ist, was wir brauchen. Unser Geschäft wird immer komplexer, es wird immer aufwendiger, die Dokumentierung muss immer genauer werden, immer aufwendiger werden und das ist nicht mehr mit Vorgehensweisen zu schaffen. Ich bin seit 25 Jahren dabei, wenn ich zurück gucke, einmal am Tag kam die Post, man hatte ein Telefon auf dem Tisch und man bekam hin und wieder eine Mail. Inzwischen haben wir Webex, wir haben Mails, richtige Post bekommt man kaum noch, es sein denn es sind Policendokumente, die ankommen, aber die Schnelligkeit, in der Informationen kommen, oder verarbeitet werden müssen, hat sich extrem verändert und ebenfalls das, was man selber kann. Früher konnten wir nicht direkt ins Buchungssystem hineinschauen, oder in direkt ins Buchungssystem eingreifen, was heutzutage von jedem Arbeitsplatz aus geht. Das ist eine Entwicklung. Nur, um diese ganzen digitalen Informationen verarbeiten zu können und wirklich nutzen zu können, ist es notwendig, dass man sie in anderer Form übermitteln kann, oder in anderer Form senden kann. Vieles kann die IT machen, das heißt, sie kann schon problemlos Zahlen abgleichen, ohne dass jemand eingreifen muss, sofern das halt zuordenbar ist.

Das ist ein Punkt, über den wir alle gestolpert sind. Hauptkriterium ist die Versicherungsscheinnummer. Ich war verblüfft, wie viele unterschiedliche Schreibformen es dafür gibt. Das ist die postaufbereitete, die policenaufbereitete, die normale und der eine lässt die Leerzeichen weg, der Andere schreibt die Leerzeichen mit hinein, Punkte, Striche, was immer es da gibt. Jeder Versicherer hat sein eigenes System, es ist natürlich schön, wenn man an der Nummer bereits erkennt, welcher Versicherer es ist, weil er die Struktur wiedererkennt. Das hat seine Vorteile, aber manchmal wäre es schöner, wenn die gleich wären, aber das geht nicht, das ist mir klar. Das möchte sicherlich keiner, weil das ist ein gewisses Zeichen von Individualität, aber das ist das Hauptkriterium, da muss es eine Gleichschaltung erfolgen, weil wenn man das matchen kann, ist es gut. Das ist wie jeder Abgleich, den man mit zwei Listen fährt, wenn man es nicht matchen kann, muss man händisch nachkorrigieren, oder versuchen das händisch nachzukorrigieren, was immer zu mehr Arbeit führt.

 

Ansgar Knipschild: Das war ein wunderbares Stichwort, die Versicherungsscheinnummern, verschiedene Interpretationen, jedes Haus macht seine eigene Variante, teilweise ebenfalls innerhalb der Sparten, je nachdem wie es historisch gewachsen ist. Noch einmal einen Blick in die Karten, wie kann man sich so einen Normierungsprozess vorstellen? Ich stelle mir das relativ komplex vor nicht nur bilateral, wie Sie am Beispiel der ersten Digitalisierungsversuche, XML Dateien genant haben. Jetzt habe ich mehrere Parteien und die versuchen sich über Versicherungsscheinnummern, über Beträge Netto-Brutto, über Steuersätze, über Schlüsselfeldlisten einig zu werden. Ist das nicht ein mühsamer, anstrengender Prozess, wie man da gemeinsam einig wird? Wie hat das genau funktioniert? Hat da Einer moderiert, oder wie muss man sich das vorstellen?

 

Holm Schröder: Es gab einmal in der Woche einen Jour Fixe unter den Projektteilnehmern, wo immer die Projektleitung plus die technische Leitung mit dabei war und man Fragen aufgestellt hat. Es gibt ebenfalls ein GitLab, wo alle Informationen ausgetauscht wurden, wo man Informationen hineinschreiben konnte. Und da wurde erst einmal diskutiert, wie gehen wir das Ganze denn an? Da hat ebenfalls Jeder so ein bisschen die Hose runterlassen müssen und sagen müssen, wie sieht das bei ihm aus. Ich weiß, unser System hat eine Nummer, oder ein Feld für Versicherungsscheinnummern, das hat exakt 17 Stellen. Das kommt noch aus einem alten EDV Standard habe ich mir sagen lassen. Das ist das, was wir zur Verfügung stellen können, mit dem wir arbeiten. Das können wir jedem Versicherer zur Verfügung stellen, wenn er eine Nummer hat, die größer ist, müssen wir uns etwas einfallen lassen, wie wir die kappen. Das tun wir aber schon die ganze Zeit. Das ist nichts Neues für uns, sondern unser System läuft seit zwanzig Jahren, wir machen dieses Spielchen seit zwanzig Jahren. Teilweise haben sich die Versicherer schon daran gewöhnt, die sagen: „Ja gut, wenn wir von euch eure Dateien bekommen, haben wir schon inzwischen unsere Brücken gebaut, wie wir die Sachen übertragen, oder wie wir eure Nummern in unser Format legen, oder welche Teile ihr immer drin habt.“ Und dann baut man die unterschiedlichen Nummern für die unterschiedlichen Versicherer anders auf. Wir werden die nicht vereinheitlicht bekommen, das geht nicht, dazu sind sie zu unterschiedlich, es muss nur immer zwischen den Partnern klar sein, wie sie dann aussehen. Man hat dann gesagt, diese 17 Stellen sind das, was wir haben, die nehmen wir, das ist dann die druck-aufbereitete Nummer, und die wird übertragen und es funktioniert.

Es hat zwar gedauert und es sind an mehreren Montage die Diskussionen gekommen, wie das Ganze denn jetzt aufführt, aber im Nachgang hat es geklappt. Der Vorteil ist, dass diese Norm, mit der wir begonnen haben, relativ ausgefeilt ist. Es ist damit möglich, man kann damit alles übertragen, sind es Kommissionen, Courtagen, Steuern, Prämienbeträge. Es wurde ebenfalls diskutiert, müssen wir den Netto und den Bruttobetrag übertragen, oder genügt es Netto und die Steuern und den Bruttobetrag kann sich jeder rechnen, oder im Bruttobetrag und die Steuern im Abzug, oder alles. Die Datenmenge ist relativ egal, ob ich ein Feld mehr, oder weniger habe, ist nicht so schlimm, jeder kann sich das herauspicken, was er braucht. Weil wir sehen das selber, wir suchen inzwischen Steuern für alle EWR Länder, das müssen wir dem Versicherer mitteilen, für welches Land welche Steuer ist und das ist alles darüber möglich. Diese Felder sind vorgesehen, insofern ist die Norm da sehr breit aufgesetzt, was den Nachteil hat, man muss sich darüber einigen, wie man sich das vorstellt. Die Felder sind da, nur manchmal muss man sagen, wie gehen wir damit um.

 

Ansgar Knipschild: Das ist relativ breit aufgestellt, ich würde verstehen, ebenfalls recht generisch. Spartenspezifisch ist nicht unbedingt etwas, oder haben Sie nach bestimmten Sparten gearbeitet?

 

Holm Schröder: Nein, bei der Abrechnung ist es egal. Da ist ein Sparten-schlüssel, aber es ist eine Prämie mit Steuern, oder mit oder ohne Courtage, mit oder ohne Provisionen, aber die Prämie ist erst einmal gleich. Das ist ein Problem, was vielleicht in anderen Projekten vorkommt. Es gibt noch eine zweite Di-O-Plus, Bestandsgeschäft, die ist wesentlich spartengetragener. Die ist einen etwas anderen Weg gegangen und hat sich Sparten herausgepickt, mit denen sie angefangen haben. Und da tauchte das auf, dass man gesagt hat, wir nehmen das, was die größte Wirkung hat, wir nehmen uns zunächst die Sparten vor, die den größten Bestand haben. Typischerweise ist das Kfz. Aber dadurch kann man da besser aufbauen, nur das war bei uns nicht erforderlich, es ist egal, ob ich eine Sachprämie, oder eine Haftpflichtprämie habe, Prämie ist Prämie.

 

Ansgar Knipschild: Haben Sie es dann im Rollout direkt über alle Sparten hinausgemacht., oder haben Sie das sukzessive Step by Step gemacht und gesagt, wir testen es erst einmal mit der ersten Sparte, oder wie sah das bei Ihnen aus?

 

Holm Schröder: Wir haben im Rollout das komplett gemacht, wir haben nach verschiedenen Testlieferungen gesagt, wir schicken euch testweise die Abrechnung, die wir euch in diesem Monat schicken würden, die per XML-Datei bekommt ihr parallel über BiPRO. Der Versicherer konnte erst einmal gegen-prüfen, ob die Information, die er da bekommt, aus dem neuen Daten herauslesen kann, passt das? Und nachdem das ein, zwei Monate gegangen ist, hat man gesagt, wir lassen zwar das andere noch mitlaufen, aber versucht es einmal. Und nach und nach haben die Versicherer angefangen, das vielleicht nicht in ihr Hauptsystem einzuspeisen, aber zu verarbeiten und zu gucken, ist das Ergebnis dasselbe? Und da war die Sparte völlig egal, weil wir überweisen einmal im Monat an jeden Versicherer einen Betrag und das ist ebenfalls nicht sparten-mäßig getrennt.

 

Ansgar Knipschild: Das ist ebenfalls ein Vorteil, wenn wir ein spartenübergreifendes Thema wie Bezahlung, Abrechnung haben, ist die Normierung letztendlich einfacher und hat einen breiteren Effekt, bevor man diesen mühsamen Weg durch verschiedene Sparten gehen muss. Wenn Sie abschätzen würden, welchen Anteil der Abrechnung streben Sie mittelfristig an, die Sie über diese BiPRO Norm abwickeln wollen? haben Sie eine Zielzahl im Kopf?

 

Holm Schröder: Eine Zielzahl zu sagen, ist schwierig. Die Versicherer, mit denen wir großes Geschäft haben, sind mit drin und die werden wir komplett darüber abwickeln. Da gibt es dann keine Trennung mehr, sondern die laufen komplett. Wenn man weiß, dass selbst, wenn es die Großen sind, inzwischen zehn Versicherer in dem Ganzen mit drin hat, ist das noch nicht neunzig Prozent unseres Geschäfts, sondern wir sind wahrscheinlich momentan bei den Versicherern bei dreißig, vierzig Prozent. Ich könnte es nicht genau sagen, weil es noch größere Player gibt, die noch nicht mitgemacht haben, aber das ist dann der nächste Schritt, dass man auf die zugeht und sagt: „Wir können euch das liefern, oder so können wir euch das liefern, könnt ihr damit umgehen?“ Wenn ja, kann man die Anderen mit drauf nehmen, wobei die Brocken, die man sich herauspickt, immer kleiner werden, weil man wird mit denen anfangen, wo es am meisten kneift und bei den Kleinen wird man ganz, ganz spät ankommen. Dass wir auf hundert Prozent kommen, glaube ich nicht, weil BiPRO ist ein rein deutsches Verfahren, oder rein deutsche Norm. Das heißt, allen internationalen Versicherern muss man erst einmal klarmachen, was das überhaupt ist und wir arbeiten ja ebenfalls mit Versicherern im Ausland zusammen, so ist es ja nicht. Die ran zu nehmen, glaube ich, wird wirklich der letzte Schritt sein.

 

Ansgar Knipschild: Und Stichwort der Teilnehmer, ich schaue einmal in die Liste, die die BiPRO im Rahmen der Pressemitteilung rausgeschickt hat, sind inzwischen einige dabei. Ich lese hier, es ist alphabetisch sortiert eine Allianz, die Assfinet als Maklerprogrammhersteller, ein Versicherungsmakler, AXA, Barmenia, Eklesia, Ergo, Generadi, Gothaer, HDI, Martens und Prahl, R&V, (Smart and Showtec?), ebenfalls als NVP Hersteller hier, SV Sparkassenversicherung, Versicherungskammer Bayer. Es sind schon einige dabei und das lässt einen positiv stimmen, das wir da mittelfristig eine noch höhere Durchdringung hinbekommen und damit eine höhere prozentuale Abdeckung, ne?

 

Holm Schröder: Die Durchdringung wird auf Maklerseite bereits durch die beiden Dienstleister, oder Programmhersteller kommen. Man sieht ebenfalls schon, dass die für Testverfahren schon in der Lage sind, andere Makler ebenfalls mit herbeizuziehen. Darüber wird auf jeden Fall eine deutliche Durchdringung erreicht, das erwartet man ebenfalls von diesen beiden, oder erwartet man überhaupt von einem Anbieter. Und insofern wird sich dadurch auf Maklerseite über die Anbieter verbreitern, weil sie sagen, wenn wir das können, bringen wir das in unsere Systeme mit ein und damit ist sofort erreicht, dass viele Makler sagen, wenn das geht, gut. Ihr betreibt unser System, oder ihr habt uns das System geliefert, wenn ihr sagt, das und das geht jetzt. Dann nehmen wir das, oder dann machen wir das hier so. Das ist nicht so, dass einer sagt: „Wäre schön, wenn das ginge, oder ich weiß, dass das geht, aber ich mache es nicht.“ Wenn es ihm Vorteile bringt und das bringt das System, nicht unsere Abrechnung, aber die UP Liste, die zurückkommt, die man verarbeiten kann, dann werden sie das mehr umsetzen und dann kann man vermehrt den Versicherern sagen, du bekommst auf deine UP Listen schneller eine Antwort. Das ist das, was händischen Aufwand macht auf beiden Seiten und da ist jetzt nachdem die Abrechnungen laufen der nächste Schritt, dass man sagt, wir müssen das mit den UP Listen auf die Kette bekommen, weil das ist noch Teil des Projektes.

 

Ansgar Knipschild: Das wäre meine zum Abschluss gehende Frage, was sind die nächsten Schritte? Wenn ich es richtig verstanden habe, deckt die Norm vor allen Dingen den Schritt vom Makler zum Versicherer ab. Die Übermittlung hier der entsprechenden Abrechnung, der Schritt zurück vom Versicherer, die UP Liste ist in Arbeit?

 

Holm Schröder: Die ist in Arbeit, die gehört noch mit zu dem Projekt dazu. Dann gibt es zwei nicht volle Projekte, man sollte das Ableger nennen, einmal das Versichererinkasso, das heißt, der Versicherer bucht und überträgt die Abrechnungsdaten. Das startet voraussichtlich nächstes Jahr. Und dann gibt es noch das Führungs- und Beteiligungsgeschäft, die Versicherer untereinander, das läuft gerade an, um darüber diese Abrechnung ebenfalls in den Bereichen zu etablieren.

Die Norm kann das, für die Norm ist das egal. Aus Sicht eines Nicht-TIlers ist mir ebenfalls egal, ob wir als Makler die Daten an den Versicherer liefern, oder ein Versicherer an einen anderen Versicherer liefert. Das sollte nicht der große Unterschied werden. Für uns ist es in dem Moment, wo wir Empfänger werden unterschiedlich, weil dann müssen wir die Daten, die dann kommen, aufbereiten und die in unser System einspielen. Nichtsdestotrotz ist das für uns ein relativer Vorteil, weil momentan ist die Versichererabrechnung bei uns ein manuelles Geschäft der Verarbeitung, weil wir bekommen die Listen unterschiedlich vom Versicherer und müssen das in unser System bekommen je nachdem in welcher Detailtiefe man es im System haben möchte. Wenn man das bis auf den Vertrag unter den Kunden herunterbrechen will und nicht nur die Gesamteinnahme sieht, ist der Aufwand höher. 33:57

 

Ansgar Knipschild: Aber das hört sich insgesamt nach einer Erfolgsgeschichte an, wenn ich das höre. Noch einmal zusammenfassend, über welchen Zeithorizont sprechen wir insgesamt, wie lange hat diese Normierungsphase vom Start gedauert? Rollout haben Sie gerade angekündigt.

 

Holm Schröder: Die Normierungsphase läuft schon deutlich länger. Der Beschluss, das Ganze zu machen, ist so etwa zweieinviertel Jahr her, dann hat man Ende 2019 das typische Kickoff Meeting gehabt, wo sich alle angeguckt haben, wollen wir denn, wer will? Die Ersten haben schon aufgezeigt, die anderen haben gesagt: „Ich muss erst einmal zu Hause gucken, ob es geht“, und haben dann Beginn 2020 das Ganze gestartet. Wobei dann in Anführungszeichen Corona „kam“. Ab da veränderte sich das Ganze insofern, dass Präsenzmeetings wegfielen. Die Workshops zu Anfang waren noch als Präsenzmeeting, was ein ganz anderes Arbeiten ist, wenn alle in einem großen Raum sitzen und miteinander reden können, als wenn man das nur auf dem Bildschirm hat, wo man immer zwar alles sieht, das ist ein anderer Austausch. Aber das weiß inzwischen jeder, dass eine Gruppe, wenn zehn oder zwanzig an einem Gespräch teilnehmen, anders an einem Gespräch teilnehmen können, wenn die zusammensitzen, als wenn sie nur auf dem Bildschirm da sind. Dann ist man meistens eher ruhig, wenn jemand vorne redet, aber insgesamt sind wir jetzt bei ungefähr ein dreiviertel Jahren. Eigentlich sollte das bis Ende Sommer, oder bis Ende des Jahres abgeschlossen sein, eine kleine Verlängerung wird noch kommen, um die UP Liste ebenfalls noch in trockene Tücher zu bekommen. Das heißt, in rund zwei Jahren sind wir mit dem Thema durch gewesen.

 

Ansgar Knipschild: Was aber für die Anzahl der Beteiligten, die Second Mover mit dazu gerechnet und Sie sind auf dem Weg von diesen zwei Jahren schon mit den ersten Sachen live gegangen, noch eine wirklich gute Geschwindigkeit ist, vor allen Dingen unter diesen erschwerten Bedingungen. Das ist manchmal für ein IT Projekt, das nur bilateral mit zwei Beteiligten arbeitet durchaus eine Laufzeit, die man kalkulieren kann. Von daher würde ich sagen, Respekt, das ist eine Leistung, die man nicht selbstverständlich erzielen kann in der gesamten Gruppe.

 

Holm Schröder: Technischer Durchstich, oder live gehen, war vor rund einem halben Jahr. Da waren die ersten, zu denen wir gehört haben. Ein Versicherer mit uns war der erste technische Durchstich vor rund einem halben Jahr, wo er dann wirklich die Daten aktiv übernommen hat und aktiv in sein System gezogen hat.

 

Ansgar Knipschild: Das ist aber ebenfalls für die Versichererwelt relativ schnell. Sie hatten Vorlauf, wenn Sie die Teilnehmernummer geschrieben haben, eine IT muss ebenfalls entsprechend ein-getaktet sein, aber selbst unter den Voraussetzungen ist es wirklich schnell.

 

Holm Schröder: Das ist ebenfalls bei den Folgeprojekten, weil man muss erst wieder die Ressourcen, das heißt, deswegen beginnen die Folgeprojekte nicht mitten im Jahr, sondern eher zu Beginn des neuen Jahres, weil die wieder in ihre eigene Planung mit eingebunden werden müssen.

 

Ansgar Knipschild: Abschließend der Blick in die etwas längere Zukunft, die Kristallkugel gemeinsam ausgepackt. Sie haben selber gesagt, mit BiPRO hatte Ihr Haus am Anfang nicht so viel zu tun, man war Mitglied, jetzt sehr praxisnahe Erfahrungen, ich glaube, ebenfalls ein positives Feedback. Trauen Sie dem Thema BiPRO im Industriebereich in Zukunft mehr zu.? Sie haben das Bestandsthema angesprochen, glauben Sie dass damit ein kleiner Durchbruch erzielt werden konnte und wir in nächsten Jahren mit mehr rechnen können, dass sich die Parteien am Markt auf ein paar Standards einigen und den digitalen Austausch vorantreiben? Was ist Ihre Einschätzung?

 

Holm Schröder: Bei uns im Hause, glaube ich, dass wir mehr damit machen werden. Wir sehen jetzt schon die nächste Möglichkeit, wo wir, zum Beispiel, im Schadensbereich Informationen mit dem Versicherer deutlich schneller auszutauschen als bisher der Fall war. Wobei es mehr um so Basisinformationen geht, wie ist der Stand bei dir, wie ist die Schadennummer, wie sind die Reserven, haben die sich verändert? Wirklich die Standarddaten, dass man überlegt, können wir das anbinden, oder wie können wir das anbinden? Und dass man dann ebenfalls schaut, dass man mit den ersten Versicherern die Gespräche aufnimmt. Nichtsdestotrotz werden wir uns die anderen Normen nochmal ansehen, um zu schauen, wo ist da etwas, weil im Grunde genommen ist unser gesamtes Geschäftsgebiet schon von den Normen erfasst. Das heißt, es gibt Normen für den Bestand, es gibt Normen für die Abrechnungsverkehre, es gibt Normen zum Kundenaustausch, für Schaden.

Die Bandbreite ist breit, was mich ein bisschen verwundert hat, ist, dass keiner so recht weiß, wer alles was macht. Es gab früher einmal so eine Art Anwenderatlas, oder wie immer man das bezeichnen würde, wo zu erkennen war, wer welche Norm hat. Das ist momentan nicht mehr ganz so klar. Man muss im Grund genommen, das ist ein Nachteil, jedes Mal wieder fragen, was habt ihr denn schon? Wenn man mit etwas ganz Neuem kommt, muss man sagen: „Passt auf, könnt ihr euch ebenfalls das und das vorstellen?“ Aber, wenn man feststellt, das haben die schon, könnten wir brauchen, bekommen wir das angebunden. Insofern glaube ich, dass es mehr darauf hinauslaufen wird, dass Projekte kommen werden, wo man sagt, wir müssen versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden und dann möglichst viele mit ins Boot zu holen, weil ansonsten bleibt es schwierig, dass man nicht genau weiß, wer hat denn schon etwas. Weil die, mit denen man immer redet, sind vielleicht nicht die, die wissen, was in der IT bereits alles angebunden ist. Das ist immer die Schwierigkeit, wenn sich der Vertriebler von uns mit dem Vertriebler des Versicherers unterhält, haben die andere Gesprächsthemen als, was die IT gerade macht. Und die ITler treffen sich nicht so in dem Maße und sagen: „Wie sieht es denn aus?“ 39:52

 

Ansgar Knipschild: Das kann ich bestätigen. Was ich ebenfalls heraushöre, ist, wir haben das Thema etwas allgemeiner Standardisierung, Digitalisierung hier in unserem Podcast häufiger diskutiert, nicht unbedingt im Kontext von BiPRO. Aber eine Erkenntnis im Markt, dass die Digitalisierung gerade in Bereichen und Prozessen viel eher eine Chance hat, wo es um relativ „kleine und alltägliche“ Prozesse geht in Anführungsstrichen, was dieser Zahlungsverkehr, Schadenerstmeldung, First Notification of Loss, oder Rückstellung, was Sie gerade genannt haben. Sehr wichtige Prozesse, aber vom Datenhaushalt her relativ einfach, während man in der Vergangenheit häufiger probiert hat, lasst uns einmal direkt über Tarifierung, über Angebote am besten ebenfalls internationales Geschäft, wenn ich an Inex denke, dass man da lernt, lasst uns einmal mit Brot und Butterprozessen anfangen, von denen alle relativ schnell profitieren. Das höre ich ebenfalls heraus, ist ein recht erfolgversprechender Ansatz, oder? Wie würden Sie das sehen?

 

Holm Schröder: In jedem Falle, weil man kommt da schneller zum Zuge als wenn man sich internationale Programme ansieht, die sehr umfangreich sind, die sehr spezifisch auf den einzelnen Kunden ausgerichtet sind. Damit ich einen vernünftigen Datenaustausch in einer größeren Menge hinbekomme, brauche ich eine Standardisierung. Das ist bei einfachen Prozessen deutlich einfacher, davon hat man mehr, als wenn man sich gleich auf das internationale Geschäft wirft, wo eher Einzelpunkte, oder Einzelprodukte sind, wo auf jeden Kunden das Eigene zugeschnitten ist, wo man sich immer noch von Standards weit entfernt hält.

Natürlich hat man ein ähnliches Produkt, was aber auf den Kunden zugeschnitten ist, was vom Kunden abhängig ist. Wie ist dessen eigene Struktur, die man ebenfalls in solchen Produkten immer mit abbilden will, oder abbildet. Ich glaube, dass man eher mit den kleineren Prozessen weg kommt, weil das ist etwas, was einen administrativ stark belastet, wo die Kollegen immer sagen: „An diesen administrativen Sachen haben wir keinen Spaß.“ Die möchten lieber etwas, ich will nicht sagen, sinnvolles tun, das Administrative ist genauso sinnvoll, aber irgendetwas Spannenderes machen. und es ist spannender, wenn man sich über eine Klausel austauscht, oder eine Klausel streiten kann, als wenn ich darüber nachdenke, warum hat der Versicherer 15 Euro zu wenig, oder 15 Euro zu viel bekommen? Was ebenfalls für jemanden, der nicht buchhalterisch erfahren ist, relativ komplex sein kann, das herauszusuchen, wenn er nicht so gut und genau weiß, wo er etwas sucht, oder findet, oder wie er die Informationen liest, die ihm das System vorgibt. Und diese administrativen Prozesse lassen sicherlich teilweise technisch lösen. Wenn ein Versicherer uns eine UP Liste schickt und sagt: „Wir haben das Geld noch nicht bekommen“, gibt es mehrere Möglichkeiten. Häufigkeit eins, wir haben noch nicht gebucht, weil wir noch im Unklaren sind, oder mit dem Versicherer noch etwas diskutieren. Das kann man ihm sagen. Wir haben bereits gebucht, dann gibt es zwei Möglichkeiten, der Kunde hat schon bezahlt, dann kann man ihm sagen: „Du hast dein Geld schon, oder du bekommst es nächsten Monat.“ Oder der Kunde hat noch nicht bezahlt, dann muss man eine Entscheidung treffen, warten wir schon so lange, dass das Ganze ins qualifizierte Mahnverfahren kann, oder nicht? Das ist ebenfalls eine Entscheidung, die der Makler, dem Versicherer mitteilen kann, die nicht automatisch getroffen werden kann, aber die kann man ihm automatisiert mitteilen.

Und die letzte Möglichkeit ist, Geld ist bereits da und hast du schon, oder ist schon? Das sind Sachen, die kann man im System abgleichen, weil das System merkt sich, ist das Geld bereits gekommen und bereits überwiesen. Da brauche ich keinen, der da mehr hineinguckt, sondern das kann das System machen. Das ist jetzt nicht, dass man sagt, das ist Arbeitsersparnis, es schafft Platz für den interessanteren Teil der Arbeit und wir belasten unsere Fachressourcen nicht damit, die Buchhaltung nachzuvollziehen. Wie gesagt, die haben keinen Spaß daran und brauchen, weil sie es sehr selten machen deutlich länger, als wenn jemand das nur macht. Nur glaube ich, wir finden keinen, der nichts anderes tut als Buchungsdifferenzen zu prüfen. Ich wäre da sicherlich der Falsche dafür. 44:11

 

Ansgar Knipschild: Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Herr Schröder, das waren wunderbare Schlussworte, um kurz zusammenzufassen, warum sich hier das Engagement für ihr Haus und die anderen Partner gelohnt hat. Ganz herzlichen Dank für diesen Einblick hinter die Kulissen von so einem Standardisierungsprojekt bei der BiPRO. Ich glaube, das war für unsere Zuhörer sehr, sehr erhellend, vielleicht ebenso für viele, die das Thema BiPRO gerade aus dem Industriebereich noch gar nicht so auf dem Zettel haben und dadurch ein Gefühl dafür bekommen, wie so etwas funktionieren kann. Vielleicht ebenfalls für den ein oder anderen Zuhörer die Möglichkeit Kontakt aufzunehmen, um zum Thema Vermittlerabrechnung mit auf den Zug aufzuspringen, was, glaube ich, nur Sinn macht. Nochmal ganz herzlichen Dank an Sie für die Zeit, die Sie sich genommen haben und dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag und ein schönes Wochenende. Danke Herr Schröder.

 

Holm Schröder: Gleichfalls.

 

Ansgar Knipschild: Bis dann, tschüss.

 

Holm Schröder: Bis dann, tschüss.

Der Podcast „Industrieversicherung Digital“ ist eine Initiative für den offenen Austausch über die Digitalisierung von Industrie- und Gewerbeversicherung: Versicherer, Makler, Kunden und IT im direkten Dialog.

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