20.08.2024
GVNW Symposium 2024: Frank Gladiator, Tchibo: Die zunehmende Relevanz des Risikomanagements für Industrieunternehmen – ID#75
Im zweiten Teil unserer Serie im Rahmen unserer Medienpartnerschaft mit dem GVNW sprechen wir mit Frank Gladiator über die zunehmend wichtige Rolle des Risikomanagement für Unternehmen und die sich daraus ergebende Konsequenzen für den Versicherungsmarkt sowie die Chancen einer besseren Vernetzung zwischen Kunden und Versicherungsmarkt.
Im Gespräch: Frank Gladiator, Benjamin Zühr
Länge: 43 Minuten
Transkript
(dieses Transkript wurde automatisch generiert)
Benjamin Zühr: Herzlich Willkommen zu einer neuen Ausgabe von ID, dem Podcast der Industrieversicherung und ja, ich freue mich besonders über die Kooperation mit dem GVNW dieses Jahr und die Möglichkeit, mit unterschiedlichen GVNW-Mitgliedern sprechen zu können und einen besseren Blick zu bekommen: Wie sehen eigentlich die Kunden den Versicherungsmarkt und in diesem Zuge spreche ich heute mit dir lieber Frank. Herzlich Willkommen, Frank Gladiator von Tchibo und ja, vielleicht magst du dich einmal selber vorstellen. Herzlich Willkommen.
Frank Gladiator: Hallo Benjamin, schön, dass ich dabei sein kann. Ja, gerne. Ich selber bin ausgebildeter Versicherungskaufmann, das ist schon ein paar Jährchen her, als ich die Ausbildung gemacht habe.
Ich habe dann noch zwölf Jahre bei einer Versicherungsgesellschaft gearbeitet, damals noch in einer komplett analogen Welt. Tatsächlich, also da waren noch Formulare auszufüllen, da musste man noch Schwarzpapier einlegen und am Ende hatten wir wieder eine Sehnsuchtsentzündung, weil sie zu früh schreiben mussten. Also wirklich komplett analoge Welt.
So nach zwölf Jahren bei der Versicherung habe ich dann überlegt, es muss noch was anderes geben und habe dann, nachdem ich dann das Studium zum Versicherungsbetrieb beendet habe, bin dann zu einem Industrieunternehmen gegangen, weil ich gerne mal sozusagen auf die Kundenseite wollte. Weil mich Industrieversicherung interessiert hat, aber vor allen Dingen eben auch so ein Produktionsunternehmen. War dann bei einem Industrieunternehmen hier in Hamburg, welches Teile für die Automobilindustrie, für andere Industriebauten und ähnliches hergestellt und geliefert hat und hatte dann da die Chance, das Versicherungsprogramm einmal komplett neu aufzulegen oder die Art und Weise, wie wir das Versicherungsprogramm dort steuern. Ich stand also tatsächlich vor einem völlig reinen, blanken PC, einem Outlook, in dem keine E-Mail war, einem Excel, was komplett leer war. Also man stand vor dem Nichts, aber man konnte alles aufbauen und in diesem Rahmen habe ich dann auch meine ersten Berührungspunkte mit dem Thema Programmierung gehabt.
Ich hatte damals die Chance, an einem sehr intensiven Kurs zur Datenbankprogrammierung teilnehmen zu dürfen. Glücklicherweise war ich einer von den wenigen Teilnehmern, die wir waren, der einzige, der schon konkrete Vorstellungen hatte, was er machen wollte mit dieser Datenbank und der damalige Kursleiter, vielmehr seine Ehefrau, hat beim Versicherungsmakler gearbeitet. Also er kannte das Thema Versicherung, hat sich dann gesagt, wunderbar, dann nehmen wir dieses Beispiel und bauen schon mal so eine Datenbank auf.
Und das hat so ein bisschen meine Faszination für das Thema Programmierung auch geweckt. Also wie viel man schon mit dem Standard MS-Office-Programm automatisieren, programmieren, vereinfachen kann, dachte ich mir, das ist eine tolle Sache und habe das dann immer ein Stück weit weiter ausgebaut, bis ich dann vor inzwischen 19 Jahren zu Tchibo gekommen bin. Da war ich auch am Anfang verantwortlich für das Thema Versicherungseinkauf, Betreuung der Versicherungserträge und Schadenbearbeitung.
Dann sind ein paar Jahre später, in 2020, ist das Risikomanagement, auch alle nicht versicherten oder versicherbaren Risiken, also das unternehmensweite Risikomanagement hinzugekommen. Und dann nochmal weitere fünf Jahre später hat sich das Team noch etwas vergrößert. Da kam dann der ganze Bereich Mobility dazu, also sprich der Fuhrpark, die Verwaltung der Dienstwagenflotte, das ganze Thema Dienstreisen.
Und als Jüngstes kennt ihr jetzt auch noch die Dienstfahrräder, sodass ich da heute bei Tchibo in der Funktion als Head of Corporate Risk and Mobility Management unterwegs bin. Das ist auch meine Rolle, die ich dann heute bei Tchibo habe. Spannend.
Benjamin Zühr: Vielen lieben Dank für die ausführliche Vorstellung. Ja, viel erlebt, würde ich sagen. Vor allen Dingen natürlich auch super früh zum einen mit dem Thema Versicherung in Berührung gekommen, aber eben auch mit dem Thema Digitalisierung, in Anführungsstrichen.
Und einfach scheinbar hast du ja auch wirklich früh angefangen, die IT-gegebenen Gegebenheiten für dich zu nutzen, um letztendlich Prozesse zu verschlanken, was super spannend ist. Bevor wir darauf vielleicht im Detail nochmal eingehen, würde ich gerne einmal von dir wissen, wie nimmst du denn in der heutigen Welt und vor allen Dingen auch aus deiner Rolle heraus bei Tchibo den Versicherungsmarkt wahr? Also ich meine, in den letzten Jahren hört man ja einfach viel harter Markt, immer weniger Risiken werden gezeichnet, Prämien steigen, hohe Selbstbehalte. Ich glaube, im Zweifel kannst du ein Lied davon singen. Für mich wäre es wirklich interessant, einfach mal so deine Perspektive auf den Markt zu haben und vor allen Dingen aber auch das Gefühl, wie fühlt sich ein Kunde? Also ist der Nutzen so, wie man es sich wünscht oder würde man sich eigentlich viel mehr Begleitung wünschen und so weiter?
Frank Gladiator: Ja, ich sage mal so, da gibt es einmal die Perspektive, wie hat sich der Versicherungsmarkt vielleicht im Laufe der vielen Jahre, wo ich jetzt dabei bin, verändert auf der einen Seite und auf der anderen Seite dieses Thema, was du sagtest, harte Marktphase, weiche Marktphase. Ich habe ja nun beide mitgemacht. Also ich kenne die harten Marktphasen von damals, 9-11, war damals so ein bisschen der Auslöser.
Da hatte man damit zu kämpfen, dass man keine Deckung mehr bekam und die Prämien drastisch gestiegen sind. Dann kämen wir die lange weiche Marktphase und jetzt hatten wir in den letzten Jahren wieder die harte Marktphase in einer ähnlichen Ausprägung, wie vielleicht auch damals. Gefühlt, das Spiel wiederholt sich immer wieder.
Das ist schon mal eine Wahrnehmung. Ich meine, während der letzten Marktphase hat man immer wieder die Aussagen gehört, jetzt sind wir raus aus diesem Zyklus, das kommt nicht wieder und jetzt bleiben wir hart und jetzt soll das Geschäft auf Dauer profitabel sein und wir kommen nicht wieder in eine weiche Marktphase. Trotzdem erleben wir in der einen oder anderen Sparte jetzt auch schon wieder einen anderen Trend.
Vielleicht ist das gut und vielleicht ist es erstmal nichts, was ich schlimm finden würde. Aber ich glaube schon, dass der Versicherungsmarkt an sich mit seinen teilweise drastischen Zyklen schon auch schwierig zu handeln ist. Also gerade intern als Versicherungseinkäufer der Geschäftsführung zu erklären, dass die Kosten mit einmal um 100 Prozent steigen, das ist schwierig.
Das haben sie in anderen Rohstoffmärkten oder ähnlichen Märkten nicht, nicht in der Dramatik. Das ist natürlich intern immer sehr schwer zu verkaufen. Das macht den Job teilweise dennoch nicht so einfach.
Wenn ich mir ansonsten anschaue, was hat sich verändert? Also jetzt mal wie gesagt von weich und harte Marktphase abgesehen, was hat sich wirklich verändert? Und da gucke ich mal so ein bisschen, ich gucke ja immer gerne auf Prozesse irgendwie auch. Was wird da anders, was wird da neu gemacht? Und da habe ich den Eindruck, eigentlich nicht viel. Also im Grunde arbeiten wir noch so ähnlich wie vor 15 Jahren.
Es ist so ein bisschen mein Eindruck. Also ich damals, als ich bei Tchibo anfing, ja ein traditionelles Versicherungsprogramm vorgefunden, internationales Programm, lokale Policen nach Good-Local-Standard, Best-Local-Standard, DHC, DHL, alle Begrifflichkeiten, die wir heute noch kennen, das Ganze komplett betreut durch einen Versicherungsmakler. Auch das kennen wir heute noch, glaube ich, in der Form.
Ich habe ja damals mir die Prozesse alle mal wirklich genau angeschaut, auch ein bisschen mit dem Background, was kann man schon alles mit diesem, wie ich eingangs sagte, MS-Office-Programm allein schon ein bisschen automatisieren und vereinfachen. Und habe dann schnell festgestellt, es werden viele Arbeiten doppelt gemacht, dreifach gemacht und wahrscheinlich vielleicht sogar noch häufiger, weil hinter dem ersten Versicherer noch Rückversicherer hängen und ich weiß nicht mehr alles. Das kriegst du als Kunde ja schon gar nicht mehr mit.
Und insofern sind wir da, bin ich damals mal eingestiegen, habe gesagt, also das müssen wir ein Stück weit ändern. Ich hatte nicht den Eindruck, dass diese Doppelt- oder Dreifacharbeiten, also der jeweilige nächste Arbeitsschritt lediglich einen Mehrwert für mich als Kunde generiert. Und das ist ja eigentlich, ich sage mal, die Anforderung jeder arbeitsteiligen Wirtschaft.
Jeder Arbeitsschritt muss einen Mehrwert generieren, sonst macht das irgendwie keinen Sinn. Und deswegen haben wir das Ganze ein bisschen damals mal geändert. Das war nicht einfach, auch den passenden Partner dafür zu finden.
Ja, also den Versicherungsmakler, der sozusagen Stand-by zur Verfügung steht. Wenn ich ihn brauche, ja, aber ansonsten mache ich doch lieber alles direkt mit dem Versicherer. Und da habe ich das Gefühl, dass sich bis heute aber auch nicht so wahnsinnig viel getan.
Also auch im Maklermarkt, die haben gerne noch die Rundumbetreuung des Kunden. Viele Arbeitsschritte werden auch heute noch so gemacht, wie sie vor zehn Jahren gemacht wurden. Vielleicht jetzt heute eher digital in Anführungszeichen.
Statt Papier gibt es dann PDF oder Ähnliches. Oder auch mal in Excel. Aber trotzdem werden viele Arbeitsschritte immer noch doppelt gemacht, immer noch dreifach gemacht.
Also mein Eindruck ist tatsächlich, so richtig viel tut sich da nicht. Außer dass die Versicherungsmakler, ja, die bemühen sich schon ein Stück weit auch zu Risikoberatern zu verändern. Also ich denke schon, wenn ich mir den Maklermarkt anschaue, ja, da gibt es einige wirklich gute Initiativen.
Teilweise auch in ausgegründeten Unternehmungen. Das ist aber ratlos, dass die Versicherungsmakler erkannt haben, die Welt des Kunden, die Risikowelt des Kunden ist größer als Versicherung. Und sich bemühen eben auch da ein Stück weit reinzukommen.
Das ist die Veränderung, die man da ein Stück weit spürt. Wie gesagt, bei Versicherern, ja, also außer, dass die Underwriter darüber klagen, dass sie weniger individuelle Entscheidungsfreiheiten haben, dass sie viel mehr Listen befüllen müssen und von den Kunden abfordern müssen, diese in Systeme reingeben, wo dann am Ende ein Preis daraus kommt, den sie kaum noch beeinflussen können. Das war früher anders.
Benjamin Zühr: Habe ich aber den Eindruck, so wahnsinnig viel tut sich da nicht in Richtung Kunde. Spannend. Interessiert mich jetzt einfach auch persönlich ein Stück weit, wenn du jetzt dem Management erklärst, okay, die Prämien steigen: Was kommt da für eine Reaktion? Du sagtest eben gerade, das ist natürlich schwierig. Aber ich glaube, auch für unsere Zuhörer ist es total spannend, so ein paar Insights zu bekommen. Wie fühlt sich das an? Ist da noch Verständnis? Ist da mehr so ein Ohnmachtsgefühl, dass man sagt, okay, ich brauche das ja irgendwie, aber den Nutzen erkenne ich gar nicht mehr. Also was sind da Gefühle, die da mit einhergehen? Kannst du das beschreiben?
Frank Gladiator: Also ich sage mal, es geht in die zweite Richtung, die du gesagt hast. Also Verständnis, nein. Nein, das kann man nicht sagen.
Also es ist schon in der Geschäftsführung auch die Erkenntnis da, man braucht die Versicherung. Ohne geht es nicht. Ja, also das ist schon da.
Das wird auch immer so sein. Ja, auch wenn wir inzwischen viele Risiken haben oder die gesamte Risikolandschaft, vielleicht die nicht versicherten Risiken größer sind, als die, die wir versichern können. Aber trotzdem, die Erkenntnis ist da, auf die Versicherung werden wir nicht verzichten können.
Aber es ist trotzdem ein komplettes Unverständnis auf Geschäftsführungsebene da, was das Pricing angeht. Also das ist für die tatsächlich gar nicht nachvollziehbar, wie es zu so gravierenden Preissprüngen kommen kann. Ja, und das ist ja das, was wir jetzt in der letzten harten Marktphase wieder erlebt haben.
Da werden Deckungen, ich sage mal, Kapazitäten halbiert und Prämien verdoppelt. Das war ja nichts Ungewöhnliches. Und da fragt man sich schon in der Geschäftsführung, wie kalkulieren die eigentlich? Was machen die eigentlich da? Das ist doch nicht normal.
Ja, da wird doch jeder andere Lieferant vom Hof gejagt werden. Ja, aber die Versicherung hat halt auch nicht die Auswahl der Alternativen. Also das ist schon schwierig und da ist eher ein Unverständnis.
Am Ende dann so, dass sie sagen, na ja gut, wir können ja nicht anders. Und der Mensch, der bei uns die Versicherung macht, der wird schon wissen, was er tut und wird da die besten Lösungen irgendwie finden. Und dann geben wir ihm halt das Budget, was er irgendwie dafür braucht.
Aber nicht in der Form, dass man sagt, man ist irgendwie überzeugt davon. Das ist eher dieses Unverständnis. Okay, also vielleicht total nachvollziehbar.
Benjamin Zühr? Und was ist die Konsequenz?
Frank Gladiator: Also ich sage mal, ihr werdet ja wahrscheinlich daraus auch eine Konsequenz folgen lassen. Wie habt ihr euch aufgrund dieser Situation, wie sie aktuell ist, aufgestellt jetzt einerseits mit euren Versicherungsprogrammen, aber auch, und das wäre so der nächste Themenblock, den ich sehr, sehr spannend finde, natürlich auch vor dem Hintergrund, du sagtest ja, du bist eben nicht nur für Versicherung verantwortlich, sondern auch für Risiko. Und in dem Zuge ist das ja sehr nah beieinander.
Benjamin Zühr: Also was ist eure Konsequenz? Wie nutzt ihr heute das Versicherungsprogramm, gerade in den Bereichen, wo in den letzten Jahren die Prämien exorbitant gestiegen sind und der Versicherungsschutz im Zweifel reduziert wurde?
Frank Gladiator: Ja, da ist in der Tat ein enger Zusammenhang dann zum Risikomanagement am Ende. Also was wir ganz, ganz konsequent machen, wir nehmen jegliche Frequenzschäden aus der Versicherung raus. Ja, also alles, was, ich sage mal, mehr oder weniger regelmäßig vorkommt, wird bei uns nicht mehr versichert.
Und regelmäßig heißt es auch nur alle zwei oder drei Jahre. Also nicht der tägliche Unfall mit dem Auto, der sowieso nicht, aber auch, ich sage mal, keine Ahnung, die vier Jahre, die beim Starklegenereignis untergeht, was halt immer mal vorkommen kann, vielleicht einmal im Jahr, vielleicht mal nie, keinmal im Jahr. All diese Themen nehmen wir konsequent aus der Versicherung raus, weil klar ist, dass zum Versichern zu teuer.
Auf der anderen Seite haben wir aber auch gesagt, wir können oben die Kapazitäten nicht abknapsen. Das geht gar nicht. Also den Katastrophenschaden, den müssen wir in der Versicherung halten.
Dafür ist sie da, aber auch nur dafür am Ende des Tages. Und für nichts anderes. Das setzen wir, wie gesagt, in aller Konsequenz tatsächlich um, sodass aus heutiger Sicht, ich kann im Prinzip sagen, 95 Prozent unserer Schäden sind nicht versichert.
Weil das bewegt sich alles in einem Bereich, wo wir gesagt haben, das macht keinen Sinn, hier von der Versicherung tatsächlich einzukaufen. Das ist, wie gesagt, die Konsequenz daraus, um die Versicherungskosten im Griff zu halten. Aber das macht natürlich nur dann Sinn, wenn Schäden im Griff sind.
Weil sonst ist es ja eine Milchmädchenrechnung. Ich spare die Versicherungskosten und zahle die Schäden selbst. Da habe ich nicht viel gewonnen.
Ich muss natürlich die Schäden im Griff haben und da kommt das Risikomanagement natürlich jetzt deutlicher. Da hat die Bedeutung des Risikomanagements an der Ecke nochmal zugenommen. Also insbesondere, wenn man dann noch sieht, wir sind ja nun auch ein etwas größerer Konzern.
Unsere Eigenanteile in der Versicherung bemessen wir eben so eher an der Risikotragfähigkeit des Konzerns, ziehen das aber dann auch durch über alle Business-Units. Das trifft dann so eine einzelne Business-Unit schon mal etwas härter, die natürlich auch wieder eigene Ergebnisverantwortung haben. Wenn die dann sehen, da ist schon ein siebenstelliger Schaden nicht versichert, dann muss ich doch was tun.
Dann sind sie wieder bei dir und sagen, so was können wir tun. Da steigt dann natürlich die Bedeutung, die Rolle des Risikomanagements, dass man sagt, okay, lass uns mal ansteigen und gucken, wie können wir denn diese Schäden, die wir da haben, schon mal effektiv verhindern. Das hat natürlich dann eine Folgewirkung, weil wir wissen ja alle, jedes Feuer fängt klein an.
Wenn du deinen Laden unten einigermaßen im Griff hast, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass es vielleicht zu größeren Schäden kommt, mindestens reduziert. Das ist, wie wir letztendlich auf diesen harten Markt noch konsequenter reagiert haben, würde ich mal sagen. Wir haben diese Philosophie schon länger, aber jetzt durch den harten Markt haben wir das eben noch konsequenter umgesetzt.
Benjamin Zühr: Also das ist wirklich spannend. Was mich interessieren würde, ist, wie ihr das Risikomanagement lebt. Du sagtest ja, ihr nutzt nicht oder nur bedingt Makler. Bei Maklern weiß man ja, und das sagtest du ja eben gerade auch, dass sie sich in den letzten Jahren, Jahrzehnten immer mehr von rein Versicherungsmaklern auch hin zu Risikomanagementberatern, häufig in gesonderten Gesellschaften auch entwickelt haben. Für mich wäre es spannend, also in dem Moment, wo du sagst, im Zweifel sind noch fünf Prozent der Risiken, also wirklich nur das, was wirklich muss, versichert, dann ist ja das Elementar, dass das Risikomanagement wirklich gut funktioniert. Und was mich interessieren würde, wie stellt ihr das sicher? Also wie bekommt ihr die Information über die einzelnen Risiken? Ich meine, Versicherer versuchen in ihren Underwriting-Prozessen ja auch, Risiken zu verstehen, mithilfe häufig von mehr oder weniger detaillierten Fragen, je nachdem, was für eine Sparte. Wie macht ihr das im Risikomanagement? Habt ihr da auch etablierte Prozesse? Nutzt ihr da ein zentrales System, wo die einzelnen Bereiche mitarbeiten müssen? Wie lebt ihr das?
Frank Gladiator: Ja, also wir haben tatsächlich einen Prozess, Standardprozess, ich sage mal, der mindestens einmal jährlich abläuft, aber natürlich auch unterjährigen Prozess. Aber es ist tatsächlich so, dass wir einmal im Jahr so eine Bestandsaufnahme durchführen, also sehr detaillierte, wo wir wirklich in alle, also aus dem Risikomanagement-Funktion heraus, in alle Bereiche reingehen. Also da bleibt keiner außen vor.
In jedem Bereich werden intensive Interviews geführt über die Risiken, die in diesen Bereichen sind. In dem Zusammenhang natürlich auch geschaut, inwieweit kann man diese Risiken transferieren oder generell wird natürlich immer geguckt, wie kann man diese Risiken händeln und beherrschbar machen. Und der Risikotransfer auf die Versicherung ist ja dann eine Variante von vielen anderen, vielleicht auch.
Und das ist ein Standardprozess, den wir wirklich einmal im Jahr intensiv durchziehen, plus natürlich dann immer situationsabhängig. Ja, wenn Projekte oder Ähnliches anstehen, dass man sagt, da muss das Risikomanagement jetzt mit einsteigen, damit die Risiken dort auch bewerten. Oder wenn es eben unter Umständen Ereignisse gegeben hat oder Ereignisse drohen, dass wir dort dann auch aus der Risikomanagement-Funktion mit einsteigen, um immer so diesen Blick, ein Stück weit den Blick von außen, das ist ja das, was man versucht als Risikomanager im Unternehmen, immer so ein bisschen aufrecht zu erhalten.
Dass man immer so mal so diese Helikopterperspektive einnimmt, ein Stück weit den Blick von außen einnimmt, weil die Business-Units, Geschäftsbereiche selber natürlich in ihrem Tagesgeschäft so drin hängen, die sehen, also die managen Risiken jeden Tag, aber einige Dinge sieht man nicht. Kennt man selber ja auch für manchen. Und das ist der Prozess, so wie er dann da wirklich mindestens jedes Jahr abläuft.
Und da gewinnen wir eben den kompletten Überblick. So war klar ist auch, das Risikomanagement an sich, das macht nicht der Risikomanager, also das mache nicht ich bei uns, sondern das machen alle. Ich sehe mich da selber dann eher, ich sage immer so, ich sehe mich da selber eher als Jäger und Sammler und dann sicherlich als Unterstützer.
Okay, hier oder darüber nachgedacht, aber es geht ja mehr darum, wie gesagt, in den ganzen Business-Units so eine gewisse Risikophilosophie zu verankern, aber ich maß mir es nicht an den IT-Kollegen zu sagen, wie er seine Systeme sichern muss oder ähnliches. Aber zumindest versuche ich sicherzustellen, dass er sich darüber Gedanken macht und zu vernünftigen Lösungen kommt. Und so das Ganze wird ich über das gesamte Unternehmen ausgebreitet und ja, dann gewinnt man eigentlich einen sehr guten Überblick über die gesamte Risikosituation des Unternehmens und kann dann eben auch sehen, dass man versucht, passgenau irgendwie die Risiken zu transferieren, unter Umständen, wie gesagt, auch in den Untersicherungsmarkt.
Benjamin Zühr: Ja, also okay und fließen bei euch dann auch entsprechend Schadeninformationen in diesen Prozess mit ein oder wie macht ihr das? Ja, also da ist ja gefragt, wie erfasst man die ganzen Daten?
Frank Gladiator: Das ist ja so ein Punkt, also wir haben, wir führen im Grunde im Risikomanagement, ich bin jetzt wieder bei dem Thema Datenbank. Tatsächlich im Wesentlichen drei Datenbanken. So ist es eine, die Datenbank, mit denen wir unsere Versicherungsverträge handeln.
Das ist mehr so ein Zahlenwerk, wo die ganzen Versicherungswerte, die Verteilung auf die Standorte, PMLs und ähnliches drinstehen. Auch Informationen, die der Versicherer am Ende ja auch haben möchte, um seine Versicherungspolisen oder Prämien am Ende zu berechnen. Das ist die eine Datenbank, in die wir die ganzen Informationen erfassen.
Die zweite ist, dass wir für alle unsere Standorte, also Produktions- und Lagerstandorte, eben eine Datenbank haben, in der wir alle Risikoinformationen erfassen, die entweder von uns selber aufgenommen wurden oder aber eben im Rahmen von Besichtigungen mit den Versicherern. Die liegen eben da auch vor und auch alle weitergehenden Prozesse, wie das Monitoring von Risikominderungsmaßnahmen und, und, und, wickeln wir halt darüber ab. Und zu guter Letzt, das ist tatsächlich auch unser ältestes Kind, ist die Schadendatenbank, also wo sämtliche Schadenfälle des Unternehmens erfasst werden, immer ab einer bestimmten Größenordnung, also nicht jede Scheibe, die irgendwo kaputt geht, wird da erst gleich erfasst.
Aber es werden dort alle Transportschäden, Haftpflichtschäden, Sachschäden, Feuer und, und, und erfasst, nach verschiedenen Schadenursachen eben auch, die dort mit erfasst werden, auf was beschädigt wurde, Schadennähergang und ähnliches. Also, dass wir eben da auch die Möglichkeit haben, unsere Schlüsse darüber zu ziehen und ja, entsprechend frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, wenn wir irgendwo Entwicklungen erkennen, wo wir sagen, okay, da gibt es vielleicht irgendwo in irgendeiner Ecke ein Problem, da müssen wir ran. Oder aber eben, um Informationen dann eben auch daraus natürlich mit dem Unternehmen zu teilen, weil in einer Ecke was passiert, kann es vielleicht in der anderen Ecke auch interessant sein.
Und so versuchen wir eben diese ganzen Risiken, verschiedenen Risikodaten, die wir da haben, zumindest erstmal in diesen drei Datenbanken zentral zu erfassen. Dann gibt es darüber hinaus noch dezentral weitere Informationsquellen in den Bereichen. Und das nutzt ihr vor allen Dingen für interne Zwecke oder, also warum frage ich das? Also letztendlich, der klassische Prozess ist ja, ich möchte eine Deckung, muss dafür Risikoinformationen ausfüllen, um dann im Zweifel diese Deckung anzufragen und entweder ich sie bekomme sie oder nicht.
Benjamin Zühr: So, theoretisch, wenn ihr so eine Datenlage habt, die ist ja Gold wert, brauche ich ja, habe ich ja, je nachdem wie detailliert die sind, ein viel besseres, eine viel bessere Möglichkeit, ein Risikoverständnis aufzubauen, als wenn ich meine klassischen Fragen stelle und da mehr oder weniger den Standardprozess drauf setze. Wie läuft das? Nutzt ihr die vor allen Dingen intern oder gibt es schon Marktteilnehmer, die auch explizit sagen, komm, lasst mich mal bitte auf eure Datenbank, weil auf der Basis kann ich einen total individuellen Underwriting-Prozess abbilden und im Zweifel sogar vielleicht nach meinem heutigen Verständnis nicht-versicherbare Risiken versichern?
Frank Gladiator: Ja, also der Ursprungsgedanke war die interne Nutzung, aber wir sind dann tatsächlich relativ schnell auch dazu übergegangen, eben die Information daraus auf den Versicherermarkt zur Verfügung zu stellen. Nicht in der Form, ihr kommt auf unsere Datenbank, soweit sind wir da nicht, wollen wir derzeit nicht gehen. Aber ich sage mal, konkretes Beispiel, diese Versicherungsdatenbank, die habe ich ja immer mal gebaut, weil ich irgendwie musste ja als Versicherungsabteilung, dass die Versicherungskosten verteilen im Unternehmen auf die verschiedenen Business Units, also muss er wieder ein Budget planen.
So, dann habe ich gedacht, okay, wenn ich schon damit einen Budgetplaner mache, dann muss es doch, kann es ja nicht so schwer sein, die Daten am Ende so aufzubereiten, dass ich sie auf den Versicherungsmarkt zur Verfügung stellen kann, dass er damit arbeiten kann. Ja, das ist in der Struktur ein bisschen unterschiedlich als das, was man intern vielleicht braucht, aber die Daten sind ja da, also hat man gesagt, wir erstellen quasi daraus alle Dokumente, Listen, Risikostandortlisten, Wertverteilung, ich weiß nicht was, was die Versicherer auch immer anfragen, können wir daraus quasi erstellen und stellen sie dann natürlich auch den Versicherern dort zur Verfügung. Das ist das eine.
Das zweite, diese Datenbank für unsere ganzen Risikostandorte, die die Daten erfassen, ja, auch daraus können wir selber Berichte generieren und sie anschließend auch den Versicherungsmarkt zur Verfügung stellen, was wir auch tun im Rahmen von Ausschreiben und Anfragen, dass wir quasi unsere eigenen Berichte von den Standorten haben, wo dann eben alle Informationen drin sind, wie der Standort aussieht, wie er gesichert ist, Bauweise und und und alles, was so üblicherweise von den Versicherern auch selbst dann abgefragt wird und wie gesagt, das ist ja eine Datenbank, wo nicht nur unsere Informationen drin sind, sondern eben auch die die Informationen und Daten der Versicherer mit verarbeitet werden.
Das dritte, die Schadendatenbank, auch da, das ist ja immer wieder die Frage, Versicherer, wie sind den Schadenverläufe, eben und auch da das Gleiche, wir können natürlich auch da für die Versicherer Extrakte rausziehen, wobei ich fairerweise sagen muss, das wird eher am wenigsten gemacht, weil wie gesagt 99 Prozent der Schäden bewegen sich im nicht versicherten Bereich. So und ja, also deswegen das sogar eher noch am wenigsten, aber die ersten beiden Aspekte nutzen wir schon recht intensiv und können eben damit unsere Risikolage schon auch darstellen.
Ob das jetzt hilft, wirklich zu sagen, ich kann damit neue Risiken versichern oder schwer zu sagen, also ich kann zumindest sagen, dass wir, das ist zumindest das Feedback, was wir auch versichererseitig bekommen, dass wir dort sehr transparent sind und sehr, sehr gut in der Lage sind, unsere Risiken zu bewirten und entsprechend auch zu versichern. Das ist eine Aussage, die wir sehr häufig da an der Ecke tatsächlich hören. Ja, das glaube ich.
Benjamin Zühr: Jetzt haben wir ja viel über eure Initiativen gesprochen. Wie seht ihr oder wie nutzt ihr Versicherung, Risikomanagement. Wie habt ihr das auch digital abgebildet? Wie erlebst du denn aus deiner Perspektive den digitalen Wandel in der Branche, also in der Versicherungsbranche, auf Versichererseite, auf Maklerseite und vor allen Dingen, was ist denn dein gefühlter Nutzen aus dem, was da bisher passiert?
Frank Gladiator: Ja, also keine einfache Frage, ehrlich gesagt. Ich sage mal so, wir haben ja damals, als damals Corona um die Ecke kam. Wir sind alle ganz schnell ins Homeoffice gegangen und haben uns dann plötzlich auf die Schulter geklopft, wie schnell und gut das alles ging. Und das Ganze hat ja einen Digitalisierungsschub gegeben, wie ja immer gerne auch gesagt wurde. So, und ich sage mal gut, der Digitalisierungsschub im Versicherungsmarkt, ja, wir haben Briefe, die wir früher hin und her geschickt haben, mit dem Stempel drauf und Unterschrift drauf, waren per PDF verschickt.
Dann haben wir auch eher wie eine digitale Signatur irgendwie drauf bekommen. So, das hat gut funktioniert. Ja, das ist angekommen.
Wobei ein PDF, finde ich, ist ja nichts anderes als ein Brief, Stück Papier auf dem Computer. So ist es. Was auch sicherlich eine positive Veränderung war, das haben die Versicherer, finde ich, wirklich mal gut gemacht, waren die neuen, neuen Meetings, die sie da auch hatten.
Also, sie haben schon die Chance wahrgenommen, jetzt kürzere Fachveranstaltungen dort zu initiieren, damit auch einen deutlich größeren Kreis zu erreichen, als es früher war. Also, wenn man früher mal eine Einladung bekommen hat, so hier drei Stunden in Frankfurt zu Financial Lines, dann überlegst du natürlich ein paar Mal, ob du aus Hamburg jetzt extra anreist dafür. Na, der Aufwand ist ja dann doch immens.
Und jetzt hat man eben die Chance, und das sind wirklich gute Formate, die Chance, das eben digital zu machen. Das sind wirklich gute Formate am Ende entstanden. Ja, darüber hinaus.
Also, ich sag mal, ich hatte jetzt gerade kürzlich wieder ein Gespräch mit einem Versicherer, der eben seine neu entwickelte Web-Applikation oder Online-Plattform vorgestellt hat, wo man als Kunde dann sich seine Policen anschauen kann und wie ist der Status in den Ländern, auch Schadenfälle anschauen kann, die Risikoberichte abrufen kann, wo man sogar teilweise kommunizieren kann und selber reinschreiben kann, was man an Risikoverbesserungsmaßnahmen umgesetzt hat. Und in dem Gespräch kam, als wir da so vor dem PC da saßen, sagten wir dann so, ja, wir führen das Land XY da. Da ist die Police ja schon ausgestellt, die Rechnung haben wir schon bezahlt, das steht ja noch in der Arbeit.
Und da kam dann diese Aussage, ja, das müssen wir kurz noch alles aktualisieren, damit wir einen aktuellen Stand haben. Ich hake da nochmal nach. Und da dachte ich mir, wow, das ist jetzt so eine, so eine Grundkrankheit von einem System.
Das hatten wir schon vor zehn Jahren. Ich habe da ein Parallelsystem aufgebaut und ein Underwriter in irgendeinem Land muss jetzt nicht so sein, nicht nur sein Bestandsführungssystem pflegen, sondern man muss zusätzlich auch noch dieses System pflegen, worauf er natürlich wahrscheinlich gar keine Lust hat oder nichts von hat.
Du hast die zeitlichen Versätze, du hast Fehlerquelle und du hast einfach Arbeitszeit, die verloren geht für eine Sache, die du sicherlich sinnvoller einsetzen könntest. Da dachte ich mir so, wow, also da hätte ich schon gedacht, dass die Versicherer da ein Stück weiter sind. Ich weiß nicht, ob das jetzt ein Beispiel war, wo man sagt, ja, alle anderen sagen ja, wir sind ja schon weiter.
Ich glaube es allerdings nicht, ehrlich gesagt, was ich bisher so höre. Aber dass man da noch nicht weiter ist und dass man trotzdem. Ja, wahrscheinlich auch viel investiert in den Aufbau von solchen Plattformen, wo ich mir denke, wo ist da jetzt da mein Mehrwert als Kunde? Also rechtfertigt diese Investitionen, die die Versicherer da reinstecken, wirklich den Mehrwert für mich? Und da habe ich so meine Zweifel, weil mir das, mir ist das alles ein bisschen zu statisch.
Also ich hatte ja gesagt, nehmen wir das Thema Schadenbearbeitung, ich kann mir die Schadenfälle aus einer Plattform angucken. Ja, die Versicherten, 95 Prozent sind nicht versichert. Das heißt, ich muss ja parallel mir irgendwie ein System schaffen, wie ich meine ganz anderen Schadenfälle bearbeite und händle.
So und muss im Zweifel also einfach nur noch mal ein zweites System daneben, wo ich dann immer noch mal reingucken kann. Aber es bringt mir nicht den Mehrwert. Thema Risikominderungsmaßnahmen.
Auch da meine Risikowelt ist größer als die versicherten Risiken. Also auch da, mir ist das dann immer zu statisch und ich denke mir, kann man nicht irgendwie da in etwas dynamischer Form kommen, wie wir Daten und Informationen austauschen? Das wäre so mal der nächste Schritt weg von diesem PDF und hin zu einem wirklich, ich sage jetzt mal dynamischen Daten und Informationsaustausch. Ja, also spannend, spannender Einblick.
Benjamin Zühr: Also ich glaube, also was mich noch interessieren würde. Also ich gehe mal davon aus, bei euch bleibt es ja nicht bei einem Portal, oder? Ihr arbeitet ja wahrscheinlich mit mehreren Versicherern zusammen, oder? Also was? Wie ist denn das? Also das ist so das. Ich kenne ja vor allen Dingen die Makler Seite und weiß halt, das war für uns nicht so einfach.
Also irgendwie gefühlt jede Sparte hat, je nachdem, mit wie viel Versicherer man zusammenarbeitet, dann entsprechend viele Portale, teilweise sogar mehrere Portale je Versicherer. Und alles ist. Es sind, glaube ich, schon gut gemeinte Ansätze. Also da bin ich ziemlich. Und es schafft auch Transparenz. Bloß das Problem ist halt einfach, man kommt vor lauter Portalen gar nicht mehr weiter. Also es ist halt einfach eine unglaubliche Fülle an Portalen. Und also erlebt ihr das auch so? Oder ist das bei euch? Oder wie handelt ihr das? Es ist genau so.
Frank Gladiator: Also du hast natürlich nicht nur ein Versicherer, sondern du bist mehrere. Ganz klar. Und dann wärest du quasi in verschiedenen Portalen unterwegs.
Also tatsächlich ist es so, dass wir sagen, wir wollen unser Versicherungsprogramm, was wir haben, selbst im Griff haben und alle Informationen selbst. Ja, selbst im Zugriff haben und zwar dann immer umfänglich.
Also tatsächlich ist es so. Ja klar, registrieren wir uns auf diesen Portalen, aber ehrlicherweise wirklich nutzen tun wir sie nicht. Also auch wenn uns ein Versicherer sagt Mensch, du kannst deine Risikominderungsmaßnahmen und deine, was du da getan hast, schreibt das da gleich rein, dann weiß der Ingenieur das gleich.
Gut, ganz ehrlich, klar, da hat der Versicherer Nutzen davon. Ich hab den aber erst mal nicht. Also bleiben wir dabei, dass wir unser eigenes System nutzen und den Versicherer dann in regelmäßigen Abständen einfach ein Extrakt daraus zur Verfügung stellen und sagen, guck mal hier, das haben wir getan und nun packt das in deine Systeme rein, wie auch immer du das tust.
So arbeiten wir tatsächlich. Also wir nutzen diese Portale nicht, weil sie für uns für uns sich nicht der Mehrwert am Ende daraus ergibt. Liegt vielleicht aber auch ein Stück weit daran, dass wir unser Versicherungsprogramm sehr zentral organisiert haben.
Wir haben direkten Zugriff auch auf alle Landesgesellschaften bei uns. Wir haben lokale Policen so weit eingestampft, wie es geht. Also wir haben auch das ganze Versicherungsprogramm versucht, sehr, sehr, sehr schlank aufzustellen.
Und dadurch, ja, haben wir die Möglichkeit tatsächlich immer noch den Überblick zu behalten über alles. Das mag bei einem Multi Global Player mit 100 local Policen in was weiß ich wie vielen Ländern noch was anderes sein. Aber bei uns funktioniert es so, dass wir sagen, ne, mit unseren Hausmitteln, die wir uns da geschaffen haben, machen wir das.
Und wir wollen eben nicht unsere verschiedenen Portalen der Versicherer hier noch registrieren und da einmal draufschauen müssen oder womöglich da auch noch Informationen bereitstellen müssen.
Benjamin Zühr: Aber das hört sich ja auch nach einer großen Chance an, also nämlich genau der Chance für den Markt, im Zweifel vielleicht für die Makler oder ein oder oder vielleicht auch was für etwas Neutrales wirklich etwas zu bauen, wo halt Kunden eben wirklich ihr Versicherungsprogramm zentral inklusive Risikomanagement verwalten können und und und dann halt daraus halt auch die unterschiedlichen Mark, also Versicherer ausschreiben in Richtung unterschiedlicher Versicherer ausschreiben können, Schäden melden können und so weiter und so fort. Das wäre ja im Zweifel dann eigentlich ein Schritt, der das ja nochmal oder wo ja wirklich, wo du ja auch nochmal bestätigen würdest, das würde im Zweifel wirklich einen Nutzen bringen.
Frank Gladiator: Das wäre, das wäre in der Tat ein großer Schritt da vorne, weil ich eben sagte, wir ziehen die Daten aus unserem System, übermitteln die dann klassischerweise per Excel und der Versicherer versucht sie irgendwie bei sich reinzubekommen. Das ist natürlich jetzt auch nicht gerade, ich sag mal, das Endstadium der Digitalisierung. Also und insofern klar, so eine, ich sag mal, Datenaustauschplattform, das wäre natürlich schon mal ein großer Schritt nach vorne.
Also vor allen Dingen, ich bin mal wieder bei diesen Risikoberichten von den Standorten. Also einfaches Thema im Grunde, wo ich ja immer sage, okay, ich bekomme den PDF-Bericht vom Versicherer und muss das Ganze irgendwie dann verarbeiten bei mir im Hause. So meistens musst du den Bericht ja noch an verschiedene Stellen weiterleiten und dann musst du demjenigen sagen, guck du dir nur Seite 12.3 und 4 an und du bist für Seite 15 und so weiter und so fort.
Das bringt natürlich alles immer nicht so wahnsinnig viel Spaß. Und da wäre es natürlich idealer, wenn man, ich sag mal, diese Risikodaten, die der Versicherer von einem Standort erhoben hat, über so eine Plattform bekommt, angereichert mit den eigenen Daten, hat auch der Versicherer gleich was davon und dann können beide Seiten, ich sag mal, dynamisch damit arbeiten, wie sie es dann für ihre eigenen Zwecke auch tatsächlich anwenden und gebrauchen können. Und dann können wir uns im Grunde von diesem Papier, schrägstrich PDF, dann auch mal verabschieden.
Das wäre, glaube ich, aus meiner Sicht schon ein großer Schritt nach vorne, wenn man sowas, wenn man sowas zur Verfügung hätte. Ja, ich bin gespannt. Ich sag mal, der Markt, der ist ja schon aktuell so ein bisschen in Bewegung.
Es gibt ja auch die ein oder andere Initiative, die angestoßen wurde, die vielleicht in die richtige Richtung da auch abzielt. Und ich glaube, ich glaube auch persönlich, dass das einen großen Nutzen, ein großer Nutzen sowohl für die, für den Versicherungsmarkt, also die Versicherer, Assekuradeure und Makler, aber vor allen Dingen auch für die Kunden wäre.
Benjamin Zühr: Bevor wir jetzt quasi zum Ende kommen, noch würde ich dir noch eine letzte Frage stellen. Was ist das, was du dir am meisten wünschen würdest?
Frank Gladiator: Tja, was wünsche ich mir am meisten? Das könnte ich sagen, eine umfängliche Deckung zu günstigen Preisen, aber das wäre es ein bisschen zu flach wahrscheinlich. Aber ich bleibe mal so ein bisschen bei dem Thema Digitalisierung tatsächlich.
Ich wünsche mir schon, was ich eben sagte, dass, dass die Versicherer ein Stück weit umdenken und wir zu einem digitalen Datenaustausch kommen. Ich wünsche mir schon, dass wir wegkommen von diesen, diesen Risikofragebögen. So, also ich sag mal, die Cyber-IT-Versicherung ist, glaube ich, wäre ja eigentlich so ein, so ein, so eine Sparte, wo dieser Essen ist dafür geeignet, Digitalisierung voranzutreiben.
Eigentlich ja, dass man da mal anfängt und sagt Okay, wir verabschieden uns von diesen, diesen statischen Fragebögen. Wir machen das Ganze irgendwie online in einer sicheren Umgebung. Die Fragebögen sind intelligent in der Form, dass sie wirklich auf das Risiko des Kunden eingehen und auf seine Antworten eingehen.
Und vor allen Dingen nutzt man dann diesen Fragebogen weiter für die spätere Risikodialoge mit dem Versicherer, dass man da also am Ende wirklich ein durchgehende Plattform hat, wo alles abgebildet wird. Ich würde mir weiterhin wünschen, dass die Versicherer vielleicht auch ein bisschen, vielleicht auch als Anregung die Chancen nutzen aus dem Thema Nachhaltigkeit. Denn es ist ja letztendlich so, dass wir als Unternehmen werden ja überrollt mit Gesetzgebung zu diesem Thema und daraus wachsen ja wahnsinnig viele Chancen für das Risikomanagement.
Ja, also wir als Unternehmen sind ja gezwungen, Unmengen von Daten jetzt zu erfassen. Ja, Lieferketten-Sorgfaltspflicht im Gesetz. Ja, wie lange wollen die Versicherer, dass wir Transparenz in unsere Lieferkette bringen? Jetzt müssen wir es tun und da werden Unmengen von Daten erfasst.
Oder eben die CSRD, also die Corporate Sustainability Reporting Directive. Ja, wir müssen hunderte von KPIs erfassen für den Nachhaltigkeitsbericht. Und ich bin mir sicher, dass da auch interessante Daten drin sind, die auch das Risiko in irgendeiner Form beschreiben können.
Vielleicht sollten die Versicherer da mal so ein Stück weit mit einsteigen und mehr die Chancen daraus sehen, die sich daraus ergeben fürs Risikomanagement, dass man sagt, Mensch, wir haben da wirklich einen wahnsinnig großen Datenpool. Und wie können wir den nutzen, um die Risiken des Kunden besser zu erkennen? Und der Datenpool ist ja auch nicht nur intern, er ist ja auch in Teilen eben auch extern verfügbar. Ich kann als Versicherer ja inzwischen auch schon von außen den Kunden sehr gut durchleuchten, zumindest in den meisten Fällen.
Und dass man da einfach ein Stück weiter geht und dann eben in der Lage ist, für die Risikowelt des Kunden wirklich adäquate Lösungen zu finden. Denn eins, ich hatte es anfangs gesagt, wir werden die Industrieversicherung immer brauchen. Daran zweifle ich überhaupt kein Stück.
Aber es ist schon so, dass die Risikowelt des Kunden wird immer größer. Der Anteil davon, den die Versicherung übernimmt, wird kleiner. In Summe bleibt es zwar gleich absolut, aber der Anteil wird immer kleiner.
Und ich glaube, die Versicherer sollten da die Chance nutzen, wirklich von diesem größer werdenden Kuchen sich selber auf ein größeres Stückchen damit abzuschneiden. Ich glaube, dass da eine Menge von Chancen auch für die Versicherer liegen. Dazu ist es aber notwendig, dass sie wirklich in der Lage sind, die Vielzahl von Daten, die zur Verfügung stehen, intelligent auch zu nutzen, auszuwerten und auf der Basis Lösungen für die Kunden zu kreieren, die für uns auch den Mehrwert bieten können.
Das wäre so ein bisschen mein Wunsch. Die Richtung würde auch meine Arbeit als Risikomanager unterstützen und auch noch da ein Stück weit vereinfachen.
Benjamin Zühr: Ja, also finde ich schöne Wünsche. Aber ich glaube, letztendlich wirklich ein Stück weit auch zu verstehen oder rauszuhören, dass es also wirklich auch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Versicherern und Kunden oder zwischen dem Versicherungsmarkt und den Kunden ist. Und bin mir sicher, dass man da auch wirklich gemeinsam dann letztendlich auch wirklich an Lösungen arbeiten muss, um da den Nutzen für alle Seiten im Zweifel auch zu steigern und die Chancen zu nutzen, die sich da durch diese gesamten Änderungen oder auch Regularien ergeben.
Frank Gladiator: Partnerschaft ist das A und O, also ohne vertrauensvolle Partnerschaft geht es im Versicherungsbereich nicht.
Benjamin Zühr: Ja, klasse. Ein wunderschönes Schlusswort. Lieber Frank, vielen, vielen Dank für deine Zeit, für die wirklich sehr ausführlichen und ich finde super spannende Informationen.
Ich freue mich riesig aufs GVNW-Symposium, da im Zweifel noch mal wirklich im Detail auch dann über den ein oder anderen Punkt noch mal zu philosophieren, vielleicht dann ja auch direkt mit Marktteilnehmern. Vielen Dank und ja, dann wünsche ich dir jetzt erst mal einen wunderschönen Resttag. Vielen Dank, Benjamin.
Frank Gladiator: Wünsche ich dir auch. Danke.
Der Podcast „Industrieversicherung Digital“ ist eine Initiative für den offenen Austausch über die Digitalisierung von Industrie- und Gewerbeversicherung: Versicherer, Makler, Kunden und IT im direkten Dialog.
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