17.08.2022
Franz Kupfer, Hiscox: Smart Manufacturing – ID#47
Smart Manufacturing bedeutet eine immer höhere Digitalisierung in der Industrie – aber auch geänderte digitale Risiken und deren Absicherung. Franz Kupfer, Underwriting Manager Commercial Property, Liability & Events von Hiscox stellt in dieser Folge eine aktuelle Umfrage aus der Anlagen- und Maschinenbaubranche zum Thema Smart Manufacturing vor, und teilt seine Einblicke aus der Versicherungsperspektive.
Im Gespräch: Franz Kupfer und Ansgar Knipschild
Länge: 28 Minuten
Transkript
Ansgar Knipschild: Hallo und herzlich willkommen zu einer weiteren Folge unseres Podcasts. Mein Name ist Ansgar Knipschild und das ID Industrieversicherung digital. Heute mit einem Thema aus der Kundenwelt. Genau genommen aus der Industrie. Wir wollen über Industrie Finol sprechen und insbesondere über Smart Manufacturing und haben dazu einen Experten an Bord. Franz Kupfer von der Hiscox. Hallo Herr Kupfer.
Franz Kupfer: Hallo, schön, dass ich hier sein darf.
Ansgar Knipschild: Sehr gerne. Herr Kupfer, können Sie sich unseren Zuhörern bitte in zwei bis drei Sätzen kurz vorstellen.
Franz Kupfer: Sehr gerne. Mein Name ist Franz Kupfer. Ich bin bei Hiscox im Hause der Produktverantwortliche für alles, was mit Betriebshaftpflicht zu tun hat, mit Sach- und auch mit Events. Ich bin seit 2012 in verschiedenen anderweitigen Positionen im Unternehmen unterwegs gewesen. Dann auch drei Jahre bei anderen Versicherern zwischendrin gewesen. Und jetzt seit 2020 wieder zurück bei der Hiscox.
Ansgar Knipschild: Vielen Dank. Dann können wir auch direkt mit unserem heutigen Thema starten. Das Thema Smart Manufacturing. Und ich glaube wir können mal unterstellen, dass nicht jeder unserer Zuhörer ganz genau auf Zuruf weiß, was sich dahinter verbirgt. Von daher direkt mal die Frage zum Einstieg: Was ist das eigentlich dieses Smart Manufacturing? Und wo kommt Ihr Interesse, Ihr persönliches Wissen, wo Sie das aus dem Hause Hiscox an diesem Industrie Finol-Thema?
Franz Kupfer: Also Smart Manufacturing oder wie wir es hier im Hause liebevoll nennen SmarMa, meint jede Art der industriellen Fertigung, die eben zunehmend intelligent vernetzt und auch automatisiert erfolgt. Wir zählen dazu die, ja, diesen Innovationsschub der Digitalisierung und Vernetzung, der sich da gerade durch die verschiedenen Nischen des deutschen Mittelstandes schiebt. Der deutsche Maschinenbau ist als Rückgrat des Maschinenbaus und auch dessen Innovationstreiber in der deutschen Wirtschaft bekannt. Wir sagen oder wir sehen eben das früher hier rein mechanisch und lokal gearbeitet wurde. Und heute hat sich das Ganze natürlich zunehmend globalisiert und eben auch digitalisiert und ist dadurch komplexer geworden. Wenn man da mal, können wir gerne mal ein konkretes Beispiel nehmen. Wenn wir zum Beispiel mal so eine industrielle Abfüllanlage nehmen, dann sind auch hier die Abläufe viel komplexer und, ja, grundsätzlich auch von vornherein durch komplexe Faktoren getrieben, die es für den Hersteller zu optimieren gibt. Früher war die Anlage einfach nur so aufgestellt worden vom Maschinenbauer und wurde dann abgenommen. Und da war das Thema in der Regel eigentlich erledigt für den Maschinenbauer. Wenn es mal eine Störung gegeben hat, und meistens auch erst dann, wenn schon die gesamte Linie still stand, wurde dann immer erst der Techniker vom Hersteller bestellt.
Heute ist das ein bisschen anders. Heute sind die Anlagen intelligent und vernetzt. Zum Beispiel gibt es da den Bereich Diagnostics und Analytics, die insbesonders bei ausfallträchtigen Komponenten, wie bei Abfüllmaschinen ist das zum Beispiel ein Servo-Motor. Das muss man sich so vorstellen, das sind kleine Motoren, die speziell für präsize und feinmotorische Bewegungen konzipiert und installiert werden in den Anlagen. Davon gibt es mehrere. Und die werden eben je nach Abnutzungsgrad von dem System überwacht und Wartungen angestoßen. Früher hat das zum Beispiel durch, in einem gewissen Turnus einfach erfolgen müssen, ja? Heute gibt es da Sensorik. Und, ja, je nach Abnutzungsgrad wird eine Wartung angestoßen.
Bei Lebensmittelabfüllung kommt auch noch das Problem Kontamination zum Beispiel und Kontaminationsgrad dazu. So dass auch hier durch Sensorik spezielle Reinigungsprogramme von der Anlage veranlasst werden können. Sogar inzwischen so ohne, dass die Abläufe der gesamten Linie dabei stehen bleiben müssen. Und das kann ich jetzt dann auch natürlich auch noch optimieren hinsichtlich an generell der Zeiten und der Geschwindigkeiten, in der das Ganze erfolgt. Um eben hier möglichst sowohl effektiv, effizient als auch hygienisch zu fertigen oder abzufüllen in dem Beispiel jetzt, ja? Und dabei managen die Systeme inzwischen sogar auch schon die so genannte Intralogistik. Also zum Beispiel kann das System schon erkennen, ob als nächstes jetzt Flaschen oder Dosen abgefüllt werden. Managt dann die Lagerbestände und könnte sogar auch schon Ersatzteile oder Produktionsmaterialien rechtzeitig und kostengünstig vor allem auch für den Betreiber der Anlage bestellen.
Und außerdem, was auch noch neu dazugekommen ist, ist, dass die Anlagen zunehmend auch durch Updates weiterentwickelt werden. Also es muss jetzt nicht immer gleich eine neue Maschine oder Anlage oder Hardware installiert werden, nur, weil sich jetzt ein Produkt ein bisschen geändert hat, ja? Vielleicht eine Flaschengröße, ein Flaschenhals sich verschoben hat durch eine Produktinnovation von dem Unternehmen, das die Abfüllung eben beauftragt. Das kann heutzutage vielerlei, in vielerlei Hinsicht auch schon durch, einfach durch ein Software-Update erfolgen. 5:18
Ansgar Knipschild: Eine kurze Zwischenfrage, wenn ich unterbrechen darf. Das hört sich hier schon ziemlich nach Hightec an, so eine Abfüllanlage und die Produktionstechnik. Ist das ein Thema, was jetzt prinzipiell eher größere Unternehmen, also Industrie wirklich adressiert? Oder ist es durchaus auch ein Mittelstand? Bei kleineren Unternehmen ist ja auch diese Durchdringung von, nennen wir es mal Industrie 4.0, diese Innovation auch schon so weit fortgeschritten. Können Sie das mal ganz allgemein einordnen?
Franz Kupfer: Also wir sehen da ganz verschiedene Digitalisierungsgrade bei der Industrie selber. Was wir sehen ist, es gibt vielleicht noch den oder anderen auch jetzt Maschinenbauer, der selber, dessen eigene Komponenten noch nicht digitalisiert sind. Aber es gibt eigentlich kaum noch eine Anlage, auch jetzt in der Verwendung beim Mittelständler, ja? Nicht nur wirklich große Industrie, sondern auch beim Mittelständler.
Es gibt kaum noch eine Anlage, wo nicht schon in irgendeiner Form eine Digitalisierung oder Fernsteuerung oder intelligente Vernetzung stattfindet. Es ist wirklich nur noch vielleicht mal ein einzelnes Modul, das da die Ausnahme vielleicht sein kann. Aber selbst dann muss ich mich mit diesem Modul ja in die gesamte intelligente Logik der Anlage einbetten. Und das ist eben auch was, was wir eben auch mit Sorge eben verfolgen. Dass da wirklich auch alle betroffen sind, ja? Als Digitalisierungsgeber oder eben als Digitalisierungsnehmer, sage ich jetzt mal in dem Fall von dem Hersteller einer einzelnen Komponente. Der muss sich da trotzdem einbetten, ja? Und andocken. 6:54
Ansgar Knipschild: Okay, also es betrifft schon wirklich viele Unternehmen. Und ich hatte Sie gerade unterbrochen.
Franz Kupfer: Ja.
Ansgar Knipschild: Und ich glaube Sie wollten gerade ansetzen: Was ist jetzt, wenn mal was schiefläuft?
Franz Kupfer: Genau, genau. Und das ist eben auch der springende Punkt, den Sie da ansprechen, wenn etwas schiefläuft. Natürlich bietet mir diese intelligente Steuerung und Vernetzung wahnsinnige neue Möglichkeiten im Sinne von Prozessoptimierung, Effizienzgewinne, Überwachung, Antizipierung von Fehlern, die passieren können, bevor sie überhaupt erst passiert sind, ja? Aber das bedeutet eben auch, dass da ein wahnsinniges Fehler-, und für uns als Versicherer ganz wichtig, auch Schadenpotential schlummert in diesen digitalen Services. Und der Maschinenbauer begibt sich durch die Bereitstellung von diesen digitalen Services und Dienstleistungen, wo er auch fortlaufend involviert ist oder zunehmend ist, ja? Begibt er sich da auch in ein neues Verhältnis. Also weniger dieses ich liefere eine Ware und die ist jetzt abgenommen.
Hinzu ich bin ein fortlaufender Dienstleister und hafte dann eben auch in einem ganz umfassenderen, ja, Umfang. Und, ja, wir sehen natürlich auch wie die Branche leider auch ein bisschen langsam auf diese neuen entstehenden technischen Risiken reagieren. Und das ist eben genauso ein Punkt, wo ich sage: Das beobachten wir mit Sorge. 8:16
Ansgar Knipschild: Können Sie auf dieses Stichwort technisch getriebene Risiken nochmal ein bisschen genauer eingehen? Weil das sind, jetzt nach meinem Verständnis her, genau die, die halt jenseits der traditionellen Betrachtung von solchen Risiken ist. Sondern es kommen einfach technisch bedingt noch ganz neue dazu. Was wären das zum Beispiel für welche? Könnten Sie das nochmal ein bisschen ausführen?
Franz Kupfer: Also ich glaube da macht es Sinn, sich auch einfach mal den Wertschöpfungszyklus aus der Sicht des Maschinenbauers jetzt anzugucken. Also was ich gerade schon gesagt habe, ne? In der traditionellen, alten Welt, Wertschöpfungszyklus des Maschinenbauers ist es wirklich nur so, dass eine Ware eben montiert wird. Dabei kann natürlich was schiefgehen, ja? Und dann wird sie abgenommen und dann kann es sein, dass noch irgendwelche Fehler moniert werden. Dann kann es vielleicht auch sein, dass sich vielleicht nochmal ein Fehler verschleppt hat bei der Abnahme, der dann später erst zum Tragen kommt. Wie gesagt, dann kommt das Thema vielleicht Reparatur dazu. Aber dann wird es schon schwer für den Auftraggeber oder schwerer nachzuweisen, dass es eben nicht bei der Abnahme hätte gesehen werden sollen oder hätte es auffallen sollen, ne? Ja, dass diese, das verschiebt sich eben heute dahin, dass eben bei der Abnahme nicht mehr Schluss ist, sondern, dass oft auch gar kein Techniker mehr vor Ort ist. Sondern die Wartung Remote ausübt, ja?
Durch das Thema Remote kann natürlich einiges passieren. Wir haben das Thema Cloud Services, die auch zur Verfügung gestellt werden, wenn Anlagen miteinander kommunizieren und sich diverser Datenströme bedienen sollen. Da können sehr viele Fehler passieren. Es können sehr viele Fehler auch bei dem Thema Updates passieren. Und das Worst Case Szenario aus der Sicht des Maschinenbauers ist da eigentlich immer eine Unterbrechung, ein Stillstand der Linie beim Auftraggeber. Da wird es teuer. Da entstehen wirklich hohe Vermögensschäden, wie man sich vorstellen kann. Das ist natürlich extrem in der Automobilindustrie, wo jede Sekunde Stillstand schon mehrere Tausend oder Hundertausende kostet. Aber es sind natürlich nicht weniger ernsthaft bei jeglichem anderen fertigenden Gewerbe, wo es einfach um Prozesseffizienz geht und wo ich diese langen, langen Wertschöpfungs- und Lieferketten habe. Wo, wenn einmal was schiefgeht, sich schneeballartig die Schäden aufstauen und größer werden. Und, ja, das ist eben dieser neue Bereich, wo wir eben die, ja, die Hauptgefahr und Risiken sehen, ja? Genau. Es kommt größtenteils daher, dass, wie ich gerade schon gesagt habe, die Maschinenbauer eigentlich, ja, auch schon eher zu IT-Dienstleistern werden.
Was wir da noch am Markt sehen ist, dass sich leider diese immens schnelle Entwicklung im Maschinenbau und in der Industrie, dass die nicht reziprok wiedergespiegelt wird in der Versicherungsindustrie. Da hat es aus unserer Sicht jetzt wirklich seit den neunziger Jahren keine großen Produktinnovationen mehr gegeben. Natürlich vor allem auch im Bereich Haftpflicht. Der, bei diesen neuen Schäden, der entscheidende ist. 11:37
Ansgar Knipschild: Sie haben vor kurzem eine Umfrage bei Maschinen- und Anlagenbauern durchgeführt. Und da wollte ich nochmal nachfragen wie geht es der Branche mit all diesen Veränderungen? Was ist bei dieser Umfrage rausgekommen?
Franz Kupfer: Also zum einen beobachten wir diverse Industrietrends, die die Unternehmen da immer schneller in die Digitalisierung drängen. Damit die Industrie einfach smarter werden kann, ja? Da gehören zum Beispiel der Kostendruck dazu. Also es müssen immer mehr Maschinen mit weniger Personal und auch weniger ausgebildeten Personal betrieben werden. Das gleiche wird natürlich zusätzlich noch beflügelt durch das Schlüsselwort Personalmangel. Das ist eben auch schon seit längerem da Einzug im Vokabular des deutschen Mittelstandes hat. Und darauf reagiert die Industrie mit neuen Geschäftsmodellen. Also zum Beispiel Equipment-as-a-Service. Ich muss nicht mehr das Kapital, gerade wenn ich ein Mittelständler bin, nicht mehr das Kapital für eine neue Maschine ausgeben, sondern es gibt tatsächlich zunehmende Anzahl von Maschinenbauern, die mir die Hardware inklusive der Services, der Wartung, Inbetriebnahme, Beratung, der Errichtung etc. quasi die gesamte Wertschöpfung da abnehmen. Und was einfach dazu führt, dass ich mir das da erspare, ja? Als Mittelständischer in der Industrie.
Cloud Services gehört auch noch zu diesen neuen Entwicklungen dazu, ja? Zum anderen haben wir eben auch mit unseren eigenen Einsichten in die Branche, anhand der Befragung, die Sie gerade angesprochen haben, die wir unter den Entscheidungsträgern im Maschinenbau und in angrenzenden Bereichen, zum Beispiel Herstellung von Elektrotechnik und Metallverarbeitung, die wir da durchgeführt haben, haben natürlich auch eigene Einsichten, die wir da, auf die wir da zurückgreifen können, ja?
Was wir ganz spannend fanden bei unserer Umfrage oder bei unserer Studie ist, dass die sich sehr stark mit den externen oder extern beobachteten Macro-Industrie-Trends deckt. Insofern nämlich, dass es eben kaum noch einen Maschinenbauer gibt, der gänzlich ohne digitale Features in seinen Produkten auskommt. Da haben wir in der Antwort bekommen, dass 79 Prozent angegeben haben, dass zum Beispiel Fernwartung oder jetzt Cloud Services auch schon angeboten werden. Wie so oft ist es auch hier so, dass die großen Unternehmen schon ein bisschen weiter sind als die kleinen. Bei den großen, ab hundert Mitarbeitern, ist es so, dass siebzig Prozent schon seit mehr als zwei Jahren sogar solche Services anbieten. Bei denen, mit zwanzig Mitarbeitern, war der Anteil kleiner. Da lag er nur bei 43,5. Allerdings, und da komme ich wieder zu einem Bereich, den wir eben mit Sorge sehen, den ich auch schon eingangs angesprochen habe, sehen wir eben, dass viele der Unternehmen anscheinend nur auf die Möglichkeiten, nicht aber eben auf die Risiken ihrer neuen Technologien schauen.
So schätzen zum Beispiel zwei Drittel der Unternehmen die digitalen Risiken ihrer eigenen Produkte als nicht kritisch ein, ja? Und ich kann das schon nachvollziehen. Weil als Mittelständler schaue ich natürlich eher unternehmerisch auf mein Unternehmen und auf meine Branche und suche natürlich erst mal nach den neuen Möglichkeiten, ja? Und das Risk Management stellt sich dann gerade auch in Phasen von schneller Entwicklung und Anpassung eher hinten an. Aber, und hier kommen wir zum Problem unserer eigenen Erfahrungen mit der Branche, zeigen hier einfach ein komplett anderes Bild, ja? Damit meine ich, während zwei Drittel der Maschinenbauer die digitalen Risiken eher entspannt sehen, sehen wir in unseren eigenen Schadenszahlen im Bereich Maschinenbau, dass inzwischen sogar dreiviertel aller Schäden durch diese digitalen Risiken entstehen. Und das, muss man auch sagen, sind inzwischen die teuersten Schäden, die eigentlich auch komplett in einer anderen Liga spielen als diese klassischen Schäden, die wir in dem Bereich sehen. 15:33
Ansgar Knipschild: Okay, na das sind ja echt mal interessante Zahlen und das mal vielleicht besser auch vor Augen sich führen zu können. Was wäre denn so ein typischer Schadenfall mal aus Digitalrisiken, wie Sie ihn als Versicherer sehen?
Franz Kupfer: Ich würde es sogar abgrenzen zu so einem traditionellen Schaden erst mal. Also so einen traditionellen Schaden stelle ich mir jetzt vor oder das wäre jetzt ein Klassiker, den wir auch im eigenen Buch haben ist, dass beim Verladen in Gabelstapler gegen irgendwie ein Tor fährt und dann habe ich einen Schaden, der so zehn-, fünfzehntausend Euro vielleicht kostet, ja? Durch diesen Switch vom Hersteller hin zum Dienstleister, habe ich jetzt aber ganz, ganz neue Möglichkeiten, Schäden zu verursachen, ja?
Auch, vor allem dann auch in dem Bereich Digitalisierung. Da fällt mir zum Beispiel der Fall von einem Anbieter von Steuerungssoftware ein oder eine Steuerungssoftware, die vom Maschinenbau eben angeboten wurde. Die vor Inbetriebnahme jetzt dem Kunden das erlaubt hat, in so einem Interface, die Einstellungen zu kalibrieren und zu überprüfen, bevor die Maschine in Betrieb genommen wird. Dabei hat das System auch Fehlermeldungen abgegeben. Nämlich den Bereich, in dem sich die Maschine bewegen darf, ja? Da gibt es Fehler-Margen, die man einstellen kann. Und die Maschine hat hier gewarnt, dass bei Inbetriebnahme eine Beschädigung der Anlage stattfinden könnte. Jetzt hat der Mitarbeiter von dem Kunden unseres Maschinenbauers diese Fehlermeldung aber leicht wegklicken können und hat dann diese Maschine dann trotzdem in Betrieb genommen. Und wie es Teufel will, hat sich die Maschine, sagen wir mal eine Spindel in dieser Maschine, hat die sich sozusagen selbst enthauptet und hat sich selbst beschädigt, ja? Schon allein der Sachschaden war da in der Region von fünfzigtausend Euro. Jetzt haben wir zudem aber noch das Problem gehabt, dass die Betriebsunterbrechung, der Stillstand, bis die neuen Teile geliefert werden konnten, eben auch noch zum Tragen kam. Die Betriebsunterbrechung. Und das alles wurde dann unserem Maschinenbauer in Rechnung gestellt mit dem einfachen Argument, dass die Software benutzerfreundlicher hätte sein müssen. Und diese Fehlermeldung, die hätte nicht wegklickbar sein dürfen, ja?
Und das ist auch das, was ich auch eingangs schon erwähnt habe, dass eben immer mehr Maschinen, die immer komplexer werden, immer einfacher zu bedienen sein müssen aus Sicht des Auftraggebers, des Herstellers und auch von Mitarbeitern mit immer weniger Erfahrungen. Und jetzt sind wir sogar dann schon in einer Haftung oder in einem Schadens-Szenario drinnen, wenn das nicht ausreichend sichergestellt wurde. Und dadurch, dass ich eben ein Dienstleisterverhältnis habe, habe ich hier als Auftraggeber auch eine ganz andere Haftung, die ich von meinem Auftragnehmer einfordern kann. 18:20
Ansgar Knipschild: Na, ich glaube das ist wirklich ein sehr plakatives Beispiel, was diese geänderte Rolle auch ganz gut rüberbringt. Ein anderes Beispiel, was mir so einfällt ist ein Thema, das wir auch schon im Podcast häufiger in verschiedenen Perspektiven diskutiert haben, Stichwort: Cyber. Das sind ja Risiken, die sowohl den Hersteller, meiner Meinung nach, als auch die Kunden, die Abnehmer betreffen. Wie schaut da die Perspektive beim Thema Smart Manufacturing aus? 18:45
Franz Kupfer: Beim Thema Cyber, und da haben Sie recht, das ist aktuell in aller Munde. Da kommt es immer ein bisschen drauf an welches Cyber-Risiko genau gemeint ist. Die meisten Unternehmen denken heute bei einem Cyber-Schaden erst mal an den eigenen Betrieb und eine Unterbrechung der eigenen Abläufe. Das Thema ist durch die Medien relativ bekannt, ne?
Wir sprechen hier von Krypto-Trojanern, die die eigenen Systeme verschlüsseln und dann erfolgt eben eine Cyber-Erpressung von irgendwelchen Kriminellen. Also das ist hinlänglich bekannt. Und Cyber ist da schon ein ernsthaftes Risiko für die Maschinenbauer. Da sitzen die eigentlich im gleichen Boot wie die meisten anderen Unternehmen, ja? Das größte Risiko ist dann auch hier eben die Unterbrechung der eigenen Abläufe durch Ransomware. Aber natürlich müssen die Maschinenbauer ja auch an ihre Auftraggeber denken. Und da sind wir auch gleich in der Haftpflicht-Komponente drinnen.
Wenn jetzt zum Beispiel der Maschinenbauer eigenen Cloud-Lösungen oder Software für ihre Auftraggeber zur Verfügung stellen und hier diverse Schwachstellen gibt, die Systeme werden irgendwie nicht gepatcht, ja? Oder nicht richtig gepatcht. Dann wird das System von dem Auftraggeber, von der Malware, also von der Software befallen und die Schwachstelle wird ausgenutzt, ja? Dann ist auch hier relativ schnell über die Haftpflicht-Komponente der Maschinenbauer natürlich mit im Risiko, ne?
Ansgar Knipschild: Super, das ist sehr interessant und ich glaube das gibt auch wirklich nochmal ein paar detaillierte Einblicke da rein, wie sich die Welt draußen in der Industrie, in der Fertigung halt verändert.
Kommen wir zum Abschluss mal weg von den Kundenrisiken, die wir gerade ausführlich erläutert haben, hin zu Ihnen in das Haus, in das Haus Hiscox. Dort beschäftigen Sie sich ja auch mit dem Thema Digitalisierung. Vielleicht können Sie hier noch einen Einblick geben inwieweit jetzt das konkrete Thema Absicherung der Risiken, die Sie gerade beschrieben haben, bei Ihnen im Hause durchzieht und wie generell auch das Umgehen bei Ihnen im Haus mit dem Thema Digitalisierung ist. 20:50
Franz Kupfer: Also im Bereich SmarMa oder Smart Manufacturing sind wir aktuell noch in der Umsetzung der ersten Erkenntnisse, die wir jetzt aus den beiden Jahren, in denen das neue Produkt am Markt ist, sind wir da relativ beschäftigt, ja? Vor allem bei der Risikobewertung schauen wir uns natürlich schon Cutting Edge oder neue Technologien an. Wie zum Beispiel Predictive Modelling anhand von Big Data, ja? Zum Beispiel, was sich hier anbietet ist die, sind Fernwartungsdaten, ne? Da stehen wir aktuell aber, muss man ehrlich sagen, noch in einem Anfangsstadium. Hier ist vor allem schwierig oder komplex die Verbindung herzustellen mit, das System zeigt mir eine Unterbrechung oder einen Ausfall oder eine Fehlfunktion der Anlage an, ja? Aber wie komme ich jetzt damit oder von diesen Daten auf tatsächlich, es wird auch ein Schadenfall ausgelöst. Und noch viel wichtiger für uns, in welcher Höhe wird der Schadenfall ausgelöst? Also auch hier wieder zum Beispiel vom Maschinenbauer gehend, ist es jetzt eine Fehlfunktion der Anlage? Oft ist es vielleicht so schnell zu beheben, dass es sich gar nicht lohnt hier irgendwie einen Versicherungsfall anzutriggern. Und wie oft, wie häufig passiert das? Und wie kann ich da eben eine Verbindung herstellen mit okay, so und so häufig passieren Ausfälle mit dem und dem Fabriktyp oder in der und der Industrie? Wie komme ich da direkt auf eine Schadenhöhe und auch auf einen Anspruch, der dann tatsächlich auch geltend gemacht wird und gestellt wird, ja? Das ist so der Bereich, in dem wir uns da gerade bewegen.
Ansgar Knipschild: Ja, dann eine kurze Frage. Das hört sich ja dann auch an, als ob hier Versicherer, die Rolle, die Sie repräsentieren, Hersteller von Maschinen und vielleicht der eigentliche Hersteller, ja sehr eng abstimmen sollten in einem gemeinsamen Interesse. Ich möchte meinen Schaden managen. Ich möchte schnell kommunizieren. Ich möchte die Schadenhöhe, ich meine, wie ist da aktuell Ihr Empfinden im Markt? Ist da ein Interesse oder ist das auch einfach vom Kosten-Nutzen-Effekt her noch etwas oder auch vom Aufwand her, was die meisten noch nicht so interessiert, noch nicht so treibt. 23:03
Franz Kupfer: Also es ist ganz spannend. Wir sehen da schon ein Interesse im Markt. Gerade auch bei den Teilnehmern der Industrie 4.0, sage ich jetzt mal anonymisierend. Die da schon relativ weit sind. Und auch deshalb unternehmerisch Möglichkeiten sehen, ihre Daten zu monitarisieren, ja? Es wird immer wieder gesagt, dass der deutsche Maschinenbau, auch wenn er vielleicht in der Digitalisierung noch nicht auf dem Level ist, wo es vielleicht US-amerikanische Tech-Unternehmen sind, ja? Dass unser deutscher Maschinenbau vor allem mit der langen Erfahrung eben auch den Vorteil hat, hier wirklich, ja, Daten und Erfahrungen und Erfahrungen sind ja Daten am Ende des Tages auch, ja? Auf die zurückgreifen zu können, die eben jetzt so ein neuer Player, der vielleicht mit guter Technologie oder mit guten IT-Algorithmen reinkommt, ja? Der das, das fehlt dem vielleicht im Markt, ja? Und deswegen ist es eigentlich, wie Sie schon sagten, ganz spannend, dass es hier tatsächlich auch Player gibt, die sich da jetzt schon überlegen, wie sie das monitarisieren können, ja? Und mit denen sind wir im Gespräch. 24:14
Ansgar Knipschild: Ja, ist ganz interessant. Wir haben ja verschiedenste Gesprächsrunden hier bei uns im Podcast. Und sehr häufig wird natürlich die Versicherungsbranche kritisch angefragt. Hm, warum macht denn ihr nicht mehr? Warum digitalisiert ihr nicht mehr? Wenn man aber fair bleibt, muss man sagen, wenn die Versicherungsbranche mit der Industrie spricht und sagt: Na ja, wie können wir das denn wirklich zusammen machen? Wird es manchmal auf der Industrieseite ein bisschen dünn, ne? Deshalb habe ich auch gerade nachgefragt, also erst mal schnell den Versicherer sozusagen an den Pranger zu stellen. Ich überspitze das jetzt mal. 24:43
Franz Kupfer: Ja.
Ansgar Knipschild: Ist ja immer leicht gesagt. Aber auch die Industriewahrnehmung jetzt von mir einfach auch entsprechend tut sich ja manchmal auch noch schwer, ne? Und vor allen Dingen wenn es dann auch noch um Kommunikation geht. Da geht es ja dann auch um Schnittstellen, um eine gewisse Komplexität. Security. Sie haben es ja eben angesprochen. Stichwort Cyber. Also neben Aufwendungen hat man es natürlich auch wieder noch mit zusätzlichen Risiken zu tun. Wenn also ein Fertiger mit der Versicherung zum Beispiel einen engeren digitalen Connect machen würde. Aber da müssen halt alle mitspielen, ne? Dann wird es spannend. Aber ich glaube da ist auch noch ein Weg, der sicherlich einige Zeit braucht, dass man sich mit solchen digitalen Austauschformaten und Austauschverfahren überhaupt erst mal ein bisschen arrangiert.
Franz Kupfer: Ja.
Ansgar Knipschild: Ja, okay.
Franz Kupfer: Ja, und da haben Sie recht. Na, also da ist die Digitalisierung noch voll im Gange. Da ist noch sehr viel Weg, der neu beschritten ist. Oder der gerade neu beschritten wird. Und auch ein großer Teil der Geschichte, den man vielleicht schon sogar in, so in Zügen erkennen kann, ja? Der aber noch nicht komplett in Form gegossen ist. Und das ist ja auch das Spannende an unserer Industrie und generell an, ja, an der Wirtschaft, die sich da gerade auf einen Weg macht. Ja.
Ansgar Knipschild: Kommen wir zum zweiten Teil meiner Frage eben. Wie schaut es bei Ihnen im Hause aus was Digitalisierung angeht? Ist da auch noch einiges im Gange? Oder sind Sie schon fertig mit dem Thema? #
Franz Kupfer: Also abseits von dem konkreten Thema Smart Manufacturing sind wir auch, wie ich gerade schon gesagt habe, mittendrin statt nur dabei. Wir sind gerade in den letzten Zügen unser digitales Kernsystem komplett neu aufzusetzen. Das war bis hier her schon ein jahrelanger Prozess. Wird uns aber langfristig helfen wettbewerbsfähig zu bleiben, ne? Und es ist, wie wir auch heute schon sehen, und wir haben es zum Glück auch schon vor zwei, drei Jahren gesehen, als wir uns auf den Weg gemacht haben.
Unabdingbar, dass wir unseren Maklern und den Versicherungsnehmern natürlich die zeitgemäßen digitalen Lösungen, Tools und wie Sie schon sagten, Schnittstellungen anbieten können, die zunehmend nachgefragt werden. Und das ist der Sinn der gesamten Geschichte, die wir da haben. Und man sieht damit schon, dass die Digitalisierung auch hier nochmal wirklich branchenübergreifend in sehr vielen Bereichen vom geschäftlichen, aber natürlich auch von unserem privaten Leben angekommen ist. Und ich glaube auch, dass der Trend sich dynamisch weiter fortsetzen wird, ja? Und als Spezialversicherer ist es uns natürlich ein besonderes Anliegen, dass wir die neuen digitalen Risiken passgenau absichern. Damit sich die Unternehmen eben voll darauf konzentrieren können, die gewaltigen Möglichkeiten der Digitalisierung für sich zu nutzen. 27:26
Ansgar Knipschild: Ja, super spannend. Herr Kupfer, vielen Dank für das spannende Gespräch, für die Ausführung zum Thema Manufacturing, Smart Manufacturing. Und auch für den Einblick bei Ihnen im Hause, wie gerade die aktuellen Prozesse sind. Ich glaube, dass unsere Zuhörer und ich in der letzten guten halben Stunde eine Menge gelernt haben. Von daher also nochmal vielen Dank für Ihre Zeit und bis demnächst.
Franz Kupfer: Danke, hat Spaß gemacht.
Ansgar Knipschild: Tschüss.
Franz Kupfer: Tschüss.
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