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ID#66

08.02.2024

Daniel Ahrend, Schunck: Digitale Transportversicherung – ID#66

In dieser Episode teilt Daniel Ahrend, COO und CTO der Schunck Group im Gespräch mit Ansgar Knipschild und Hartmut Mai Einblicke in die Digitalisierung des Transportgeschäfts. Welcher Effizienzhebel liegt in der Vermeidung von Medienbrüchen, warum stellt die digitale Anbindung per API-Schnittstelle den höchsten Wirkungsgrad dar und welche digitalen Wege beschreitet Schunck in seinem Streben nach Innovation für seine Kunden?

 

Im Gespräch: Daniel Ahrend, Ansgar Knipschild, Hartmut Mai
Länge: 34 Minuten

Transkript

ANSGAR KNIPSCHILD: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts. Mein Name ist Ansgar Knipschild, und das ist ID, Industrieversicherung digital. Mit dabei ist heute auch Hartmut Mai. Hallo, Hartmut!

HARTMUT MAI: Hallo, Ansgar.

ANSGAR KNIPSCHILD: Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Wie ist es in München?

HARTMUT MAI: Es ist sehr kalt. Es hat eine Menge geschneit und ist sehr frostig.

ANSGAR KNIPSCHILD: In Köln hält es sich so ein bisschen. Da haben wir immer ein paar Grad mehr, aber von Schnee können wir nur träumen. Wir wollen nicht nur über uns beide reden. Wie der Titel schon gezeigt hat, sprechen wir heute über das spannende Thema Transportversicherung, genau genommen über einen praktischen Use-Case aus der Digitalisierung der Transportversicherung. Ich freue mich sehr, dass ich mich mit einem Kollegen der Schunk Group oder der Oscar Schunk GmbH & Co. KG unterhalten darf. Herzlich willkommen, Daniel Arend.

DANIEL AHREND: Hallo Ansgar, hallo Hartmut. Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich auf den heutigen Podcast mit euch.

ANSGAR KNIPSCHILD: Die Freude ist ganz bei uns. Wir sind sehr gespannt auf eure Erfahrungen rund um das Thema Digitalisierung von Transport. Vielleicht beginnen wir mit einem ganz kleinen Intro von dir, Daniel. Kannst du unseren Zuhörern in ein paar kurzen Sätzen deinen Werdegang schildern?

#00:01:16-9#

DANIEL AHREND: Meine Ausbildung habe ich bei der Polizei absolviert und dann festgestellt, dass das doch nicht das ist, was ich für den Rest meines Lebens tun möchte. Dann habe ich Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Finanzdienstleistungen studiert. Während des Studiums habe ich schon als Makler gearbeitet und mich dort auf die BHV fokussiert. Während dieser Tätigkeit als Makler bin ich mit der HDI Lebensversicherung AG in Kontakt gekommen und habe 2004 beim HDI als Pensionsmanager das Pensionsmanagement mit aufgebaut. Als im Jahr 2006 eine neue Firma gegründet wurde, die Partner Office AG, fragte mich mein Chef, ob ich diese mit aufbauen möchte. So habe ich dort das Produktmanagement und das Marketing verantwortet.

Im Jahr 2008 habe ich konzernintern zur HDI Vertriebs AG gewechselt und dort als Vorstandsreferent Sonder- und Großprojekte verantwortet, unter anderem den Side Stream Merger der Aspecta Lebensversicherung auf die HDI Lebensversicherung. Im Jahr 2011 hatte ich meine erste Geschäftsführerposition im Hypoport-Konzern.

Ich war bei der Qualitypool GmbH für den Maklervertrieb Versicherungen verantwortlich und hatte im Jahr 2013 die Möglichkeit, als Vorstand für IT und Operations bei der Hamburger Phoenix Maxpool-Gruppe zu arbeiten. Im Jahr 2021 ergab sich dann die Möglichkeit, die digitale Transformation der Schunk Group zu begleiten. Hier bin ich als CEO und CTO tätig, kenne unseren CEO Richard Renner bereits aus dem Studium, und mit ihm zusammen macht das sehr viel Spaß.

Es ist ein tolles Unternehmen mit wundervolle Kolleginnen und Kollegen und eine fantastische Herausforderung mit vielen Möglichkeiten, gemeinsam mit der Ecclesia-Gruppe das Unternehmen weiterzuentwickeln.

ANSGAR KNIPSCHILD: Vielen Dank, Daniel! Du bist auf jeden Fall ein Mann der Praxis und jemand, der nicht nur den Versicherungs-Background hat, sondern gerade zum Thema Digitalität schon etwas mitbringt. Wir haben hier ein recht breites Spektrum von Kolleginnen und Kollegen aus dem Marktbereich, aus dem Versichererbereich, zum Teil auch aus dem Techbereich. Transport ist auch nicht jedermanns Sache.

Wir haben unter unseren Zuhörern natürlich verschiedene Expertinnen und Experten, sowie Personen, bei denen man ein gewisses Grundwissen zum Thema Versicherungen voraussetzen kann. Könntest du das Thema Transportversicherung so kurz wie möglich umreißen und uns erzählen, worum es dort geht und was vor allen Dingen aus der Perspektive von Kunde, Makler und Versicherer die Herausforderungen sind, bevor wir dann auf die Lösungsansätze übergehen?

#00:04:03-4#

DANIEL AHREND: Täglich werden weltweit Waren millionenfach verschickt. Kommt es beim Transport dieser Ware zu Beschädigung, Verlust oder Falschlieferung, können die finanziellen Einbußen immens sein. Jährlich entsteht so ein Schaden von rund 2,2 Milliarden Euro. Eine Transportversicherung schafft hier Abhilfe und sichert den Transport von Gütern, Waren oder anderen Gebrauchsgegenständen ab. Sie schützt den Versicherungsnehmer vor Schäden, Diebstahl oder Verzögerungen während des Transports.

Im Gegensatz zur Verkehrshaftungsversicherung, die den Spediteur oder Fachführer gegen Ansprüche Dritter absichert, deckt die Transportversicherung direkte Schäden an den transportierten Gütern ab. Sie richtet sich dabei vor allem nach dem tatsächlichen Warenwert, unabhängig von einer Haftungshöchstgrenze, die in der Verkehrshaftungsversicherung typischerweise ein maßgebliches Kriterium für die Versicherung darstellt. Zielgruppe sind dementsprechend Speditionen, Logistikunternehmen, Versandhäuser, Online-Händler, Umzugsunternehmen, Import- und Exportunternehmen oder aber auch Logistikplattformen wie zum Beispiel TIMOCOM, die regelmäßig Güter und Waren transportieren oder versenden.

Die wesentlichen Prämienfaktoren bei der Transportversicherung sind unter anderem der Wert der transportierten Ware, die Art des Transports, die Transportstrecke, die Art der Verpackung sowie das Versicherungsrisiko des Ziellandes. Daneben gibt es noch einige weitere prämienrelevante Faktoren. Aus der Vielzahl dieser variablen Faktoren und Beteiligten ergibt sich direkt auch die Komplexität. Hinzu kommt in der Regel eine zeitliche Komponente, da die Prämieninformationen oftmals sehr zeitnah benötigt werden. Die Aufwandstreiber sind hier insbesondere die Kommunikationswege, wie zum Beispiel Email oder Telefon, und daraus folgende Anschlussprozesse wie Versicherungsbestätigung oder Zertifikate und zum Abschluss natürlich auch die Fakturierung. Da diese Prämien in der Regel dem Verlader in Rechnung gestellt werden, braucht der Anfragende diese Informationen auch so schnell, wie es geht. Hinzu kommt, dass viele Daten aufgrund der Medienbrüche mehrfach geschrieben erfasst werden. Dadurch entsteht letztendlich ein Stück weit auch die Komplexität.

ANSGAR KNIPSCHILD: Vielen Dank, Daniel. Das erscheint mir von den Prozessschritten her doch sehr komplex und umfangreich zu sein. Wieso habt ihr euch bei Schunk gerade diese Sparte ausgesucht, um die Digitalisierung voranzutreiben? Gibt es hier besondere Einspareffekte oder besondere Effizienzhebel zu bewegen? Warum habt ihr euch dafür entschieden?

#00:07:06-3#

DANIEL AHREND: Die Transportversicherung gehört wie die Verkehrshaftungsversicherung zu unserem Kerngeschäft. Das ist die DNA unseres. Unternehmens. Wir versichern täglich Hunderte von Transporten, und dementsprechend ergibt sich aufgrund der Menge schon ein großer Business Value.

Zudem ist es unser Ziel, nicht nur fachlicher Marktführer zu sein. Wir streben zudem die prozessuale und Innovationsführerschaft an. Wir möchten unseren Kunden die Zusammenarbeit so smart und effizient wie möglich machen. Kundenorientierung ist auch ein Wert in unserem Leitbild, und wir beschäftigen uns dementsprechend mit den Herausforderungen und Fragestellungen unserer Kunden.

Hier bietet sich aufgrund der Menge der Kommunikationskomplexität und der Medienbrüche an, diesen Bereich sinnvoll zu digitalisieren. Da hat sich letztendlich die Transportversicherung angeboten, und diese ist weit einfacher zu digitalisieren als die Verkehrshaftungsversicherung.

ANSGAR KNIPSCHILD: Das ist ein sehr interessanter Punkt, den du hier ansprichst. Der Kunde steht im Mittelpunkt. Viele behaupten das, aber nur wenige halten sich daran. Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal ansetzen. Die Einspareffekte und die Effizienzhebel finden also nicht nur bei euch im Hause statt, sondern auch kundenseitig. Kannst du darauf kurz eingehen und beschreiben, wie das aussieht und wo die Effizienzen dort gehoben werden?

#00:08:46-1#

DANIEL AHREND: Der Kunde muss uns Informationen und Daten über den jeweiligen Transport mitteilen, und das sind Informationen, die er in der Regel auch in seinem Kernsystem selbst schon vorliegen hat. Entweder muss er diese Informationen und Daten nochmal in eine Email packen, was häufig Rückfragen per Telefon oder Email nach sich zieht, oder er nutzt ein online-basiertes System, bei dem er die Daten, die er schon in seinem System hat, noch einmal eingibt.

Die digitale Vernetzung ist der nächste Megatrend, in dem wir uns befinden. Systeme und Firmen werden wird immer weiter miteinander vernetzt. Dadurch verschwinden Medienbrüche und wir haben keine redundanten Datenerfassungen. Das bringt einen großen Nutzen für unsere Kunden, weil sie letztendlich mit einem Klick die Informationen aus ihrem System für die Quotierung oder für den Abschluss einer Transportversicherung übermittelt bekommen.

Gegebenenfalls ist gerade ein Kunde in der Telefonleitung, der einen Preis wissen möchte. Diesen hat er dann sofort zur Verfügung. Es gibt also eine erhebliche Zeitersparnis auf Kundenseite, und gleichzeitig steigt natürlich die Qualität. Bei jeder redundanten Datenerfassung besteht das Risiko, dass Fehler gemacht werden.

ANSGAR KNIPSCHILD: Vielleicht ist das auch ein guter Punkt, uns die Kette dieses digitalen Prozesses, den ihr mit aufgebaut habt, einmal anzuschauen. Ich habe mir im Vorfeld überlegt, welches Kölner Unternehmen ich für eine fiktive Begleitung wählen könnte. Die Firma 4711 fällt einem natürlich ein, als Kölner, aber ich nehme die Firma Ford, weil das wahrscheinlich für die meisten besser nachvollziehbar ist.

Nehmen wir einmal an, die Firma arbeitet mit einem externen Logistiker zusammen, und die verschicken jetzt aus Köln heraus einen Container. Was auch immer darin sein mag, vielleicht irgendwelche Ersatzteile, die sie irgendwo hinschicken. Das Unternehmen Ford beauftragt diese Logistiker damit, den Container von A nach B zu verschicken, und zwar international. Kannst du uns die Abläufe beschreiben, angefangen bei Ford, dem Kunden, bis hin zum Versicherer, und wie der digitale Weg in eurer Welt aussieht? Wer macht was, wer muss was abtippen? Beschreibe das doch einmal ganz plastisch.

#00:11:16-2#

DANIEL AHREND: Ich würde das Beispiel vielleicht noch ein bisschen ergänzen: Dieser Logistiker nutzt die Online-Plattform TIMOCOM, um den Transport abzuwickeln. An diesem Beispiel, das auch in der Presse gerade ein Thema war, wird es recht plausibel.

ANSGAR KNIPSCHILD: Darf ich einmal nachfragen, welche Art Plattform das ist? Tauschen sich dort mehrere Logistiker aus?

#00:11:43-4#

DANIEL AHREND: Die TIMOCOM ist eine Frachtenbörse, letztendlich der Marktführer. Dort können Frachten eingestellt, übernommen und durchgeführt werden. TIMOCOM ist die Handling-Plattform dafür. Wir werden das Ganze jetzt am Beispiel von TIMOCOM durchspielen, und am Ende werde ich die Nuance noch einmal klarstellen, wie es wäre, wenn der Logistik ein eigenes TMS-System hätte.

Zu Beginn erfolgt, wenn ich mit TIMOCOM zusammenarbeite, eine recht einfache Registrierung in den Schunk-Systemen. Das erfolgt schon per API. Die Registrierung erfolgt letztendlich mit wenigen Klicks. Wenn ich in der Plattform bin, mich dort angemeldet und registriert habe, klicke ich auf den Link und registriere mich einmalig bei Schunk. Meine Daten werden dann schon an Schunk übergeben. Ich bestätige noch ein paar Datenschutzhinweise und erhalte auch schon Informationen über den Versicherungsschutz, der über uns abgeschlossen wird. Dann registriere ich mich final und habe ab dem Zeitpunkt die Möglichkeit, sämtliche Transporte, die ich bei TIMOCOM buche, über Schunk zu versichern.

Wenn ich ein eigenes Transportmanagement-System habe, funktioniert das auf dem gleichen Weg. Ich muss einmal meine Registrierungsdaten in meinem System hinterlegen, und ab dann würde ich einmal draufklicken, quote und buy. Quote bedeutet, wie viel kostet mich der Transport, und buy, wer letztendlich zahlt. Das ist der Unterschied.

Wenn ich jetzt einen Transport dort eingestellt habe, klicke ich auf quote, Transport versichern, und erhalte dann die Prämie. Ich sehe dann, was der Versicherungsschutz für diesen Transport kostet und kann die Versicherung dann abschließen. Anschließend stehen mir direkt alle wesentlichen Informationen und Dokumente zum Download bereit, zum Beispiel die Versicherungsbestätigung und die Meldebestätigung. Im Hintergrund löst unser System dann sofort die Fakturierung und Rechnungslauf aus.

Aktuell haben wir bereits die nächste Ausbaustufe in der Pipeline. Wir werden auch zukünftig den gesamten Bezahlprozess online abwickeln. Im Moment ist es ja so, dass wir Rechnungen verschicken, aber zukünftig können unsere Kunden dann auch mit Kreditkarte oder direkt per Überweisung bezahlen.

ANSGAR KNIPSCHILD: Eine kurze Zwischenfrage, Daniel, wenn ich darf. Wir reden jetzt noch nicht über Rahmenverträge oder Ähnliches, sondern in diesem Fall kann derjenige seinen Container individuell für diesen einen Transport Schunk wählen, und beim nächsten Mal will er womöglich einen anderen Partner? Ist das wirklich Einzelfall-bezogen?

#00:14:45-5#

DANIEL AHREND: Genau. Wobei wir auch hier ein Stück weit einen Rahmenvertrag oder die Parameter für die Transportversicherung gemeinsam mit TIMOCOM ausgearbeitet haben. Die Parameter stehen fest, diese Quotierungsparameter stehen zur Verfügung, und damit wird dann die Prämie berechnet.

ANSGAR KNIPSCHILD: Ist dieser Versicherungsschutz, den du gerade beschrieben hast, auf gewisse Umsatz- oder Transportgrößen beschränkt? Reden wir auch über etwas größeres Geschäft? Sind es bewusst nur kleinere Transportwege? Kann man das klassifizieren?

DANIEL AHREND: Bei TIMOCOM haben wir bestimmte Parameter und Versicherungssummen hinterlegt, weil wir natürlich die Kunden nicht direkt kennen. Das ist ja letztendlich ein Geschäft, das über die Plattform zu uns kommt. Wir haben hier sehr attraktive Prämien und vernünftige sowie ausreichende Versicherungssummen. Je nach Kunde und Transporten haben wir natürlich andere Parameter in den jeweiligen Policen hinterlegt. Das ist dann wiederum individuell. Der Kunde hat dann eine Transportversicherungspolice mit uns abgeschlossen, und aus der ergeben sich die Parameter für die für die Prämienindikation.

ANSGAR KNIPSCHILD: Wir haben jetzt immer über TIMOCOM gesprochen, und das hört sich für mich an, als ob es hier schon um Standardisierung hinsichtlich der Software-Lösung geht, in die ihr euch dann technisch gesprochen via API’s einklinkt. Das ist wahrscheinlich nicht so der Fall, wenn ich mir den breiten Markt anschaue. Da gibt es diesbezüglich wahrscheinlich eine ganze Menge anderer Softwarelösungen.

Ich weiß auch, dass die Anbindung per APIs auch immer mit einem gewissen Anbindungsaufwand mit den Partnern zu tun hat. Warum sind die API’s in der Anbindung so wichtig? Was spricht aus deiner Sicht dafür und dagegen, insbesondere wenn ich mir den Aufwand vor Augen halte?

#00:16:58-2#

DANIEL AHREND: Die Anbindung per API hat grundsätzlich den größten prozessualen Wirkungsgrad. Es kommunizieren ausschließlich die Systeme miteinander, also die Daten unseres Kunden kommunizieren mit den Daten unseres Systems. Da hat man einfach den größten Wirkungsgrad. Redundante Dateneingaben finden nicht statt. Auch die Folgeprozesse, wie zum Beispiel eine Archivierung in meinem eigenen DMS-System, der Versicherungsbestätigung oder der Meldebescheinigung erfolgen voll digital. Der Nutzer erhält in seinem System unmittelbar die Informationen, die er benötigt. Es muss keine Mail mehr geschrieben und kein Drittsystem benutzt werden, in dem ich meine eigenen vorhandenen Daten nochmalig abtippen muss. Von daher ist das ein Stück weit der höchste Integrationsgrad mit dem größten Wirkungsgrad.

Sinnvoll ist so eine Integration natürlich auch nur ab einem gewissen Mengengerüst. Bei kleineren Stückzahlen macht die Integration einer API weniger Sinn, weil mir ja Entwicklungskosten entstehen. Die Entwicklungskosten einer IT Unit liegen im Durchschnitt bei cirka fünf Tagen Integrationsaufwand. Danach ist die API integriert und steht zur Verfügung.

ANSGAR KNIPSCHILD: Würdest du sagen, dass der Aufwand immer den Vorteilen gegenübergestellt wird, die daraus generiert werden?

#00:18:38-2#

DANIEL AHREND: Absolut! Es ist eine betriebswirtschaftliche Entscheidung, die dort getroffen wird. Wie viel Aufwand beschert mir meine aktuelle Tätigkeit, wie ich sie ausübe? Welchen Nutzen bringt mir die API-Integration und die Zeitersparen neben anderen Faktoren wie höhere Qualität und gegebenenfalls ein besseres Pricing? Das, multipliziert mit dem Volumen, ergibt dann mein Nutzen.

ANSGAR KNIPSCHILD: Ich finde das Thema mit der API deshalb auch so interessant, weil ich glaube, dass einige Marktteilnehmer, auch wir, vielleicht den Fehler gemacht haben, um schnell ein Projekt in die Welt setzen zu können: „Ach, die API lassen wir einmal und machen mal so ein Portal.“ Ich sage das jetzt sehr umgangssprachlich. Genau dann entfällt ja dieser Aufwand und die Komplexität, zum Beispiel mit IT-Systemhäusern sprechen zu müssen. Dann wundert man sich nachher, dass keiner mit diesem System arbeitet, weil dann ja genau das passiert, was du eben gesagt hast. Doppelte Eingabe ist jetzt aus Anwendersicht nötig.

Deshalb finde ich so interessant, dass ihr dieses Learning mitgenommen habt, die Komplexität und den Mehraufwand auch nicht gescheut und gesagt habt: „Wenn wir nicht relativ früh mit einer API reingehen, dürfen wir uns eigentlich auch nicht wundern, wenn die Akzeptanz nicht da ist.“ Als Information für die Zuhörer, die noch nicht so stark in dem in dem Bereich drin sind: Die API bedeutet aus Anwendersicht, dass ich in den Systemen bleibe, in denen ich sowieso arbeite, in diesem Fall bei der Frachtbörse. Und ich muss nur noch den berühmten Klick vornehmen und eben nicht eine weitere Plattform eröffnen.

Ich glaube in der Tat, das ist einer der größten Show-Stopper bei der Digitalisierung, nicht nur in unserer Branche, sondern überhaupt. Waren das Sachen, um die ihr auch gerungen habt und die intern Diskussionsstoff darstellten? Gab es dann nicht auch Verfechter, die sagen, alles sei zu komplex und man sollte lieber einfach ein Portal hinstellen?

#00:20:38-7#

DANIEL AHREND: Ein Portal haben wir ja auch. Wir bieten unseren Kunden verschiedene Möglichkeiten an, mit uns zu interagieren. Das ist auch unsere Kundenorientierung, sei es per E-Mail, sei es über Portaleingaben oder letztendlich über API. Von daher bieten wir unseren Kunden vielfältige Möglichkeiten an. Die API, die wir entwickelt haben, ist allerdings auf Basis unserer eigenen Softwareentwicklung, unseres E-Pass-Webs. Unser Web kommuniziert über unsere API mit unserem Core-System.

ANSGAR KNIPSCHILD: Im Markt gibt es neben den Plattformen noch eine Anzahl Marktplätze. Wie viele sind das ungefähr, Daniel?

DANIEL AHREND: Marktplätze gibt es weniger, aber Softwareanbieter, also Transportmanagement-Systeme gibt es mehr als hundert.

ANSGAR KNIPSCHILD: Wie habt ihr euch diesem Thema genähert? Auf der einen Seite gibt es diese Plattform, auf der man vermutlich sofort den Skalierungseffekt hat. Auf der anderen Seite hast du selbst die Transportmanagementsysteme erwähnt, die vielleicht bei den größeren Kunden im Einsatz sind. Dann diese Vielfalt. Habt ihr den Markt vorher beobachtet, um herauszufinden, welche der vielen Systeme für euch die spannendsten sind?

#00:21:58-7#

DANIEL AHREND: Eine sehr gute Frage, Ansgar. Wir fokussieren uns selbstverständlich auf die Anbieter, die bei unseren Kunden eine hohe Durchdringung haben. Sobald ein TMS-Anbieter die Implementierung erfolgreich umgesetzt hat, können alle Nutzer dieses Systems die Vorteile der E-Pass-API unmittelbar nutzen.

Wir haben jedoch, wie schon erwähnt, Eigenentwicklungen von Kunden, die wir an unsere E-Pass-API angebunden haben. Auch Plattformen wie TIMOCOM oder Online-Händler und andere haben wir bereits mit der API angebunden. Wir selbst verfügen über eine sehr gute Datenbasis. Unser Vertrieb hat selbstverständlich die Information unserer Kunden und bespricht mit unseren Kunden, welche Systeme sie einsetzen, wie sie aufgestellt sind, wie die internen Prozesse ablaufen, wo die Pain Points in ihren Prozessen sind und wie man sie unterstützen und ihnen das Leben erleichtern kann.

Da kam recht früh der Wunsch an uns, weniger redundante Daten eingeben zu müssen. Wir brauchen die Informationen schneller. Wir haben den Kunden am Telefon, und ich muss ihm sofort den Preis mitteilen. Wie können unsere Systeme besser miteinander kommunizieren? Und daraus ist dann letztendlich die E-Pass-App entstanden.

#00:23:26-1#

ANSGAR KNIPSCHILD: Wie war eure Wahrnehmung an dem Markt der Software-Hersteller für Transportmanagement-Systeme? War es für sie interessant, dass sie in ihre Software eine Versicherungsschnittstelle, so nenne ich das jetzt einmal, mit einbauen können? Oder war viel Überzeugungsarbeit nötig?

DANIEL AHREND: Es kommt darauf an, mit wem man spricht.

ANSGAR KNIPSCHILD: Gute Antwort.

DANIEL AHREND: Die meisten sind sehr aufgeschlossen für das Thema, sehen natürlich auch für ihr eigenes System einen Wettbewerbsvorteil, wenn sie frühzeitig mit uns diese Integration durchführen. Im Bereich der Umzugsspediteure haben wir wahrscheinlich eine Marktabdeckung von über 80 Prozent, weil wir die wesentlichen TMS-Systeme integriert haben. Es kommt dann irgendwann der Punkt, an dem andere Anbieter feststellen einen Nachteil in ihrem System feststellen, weil die Prozess-Effizienz in der Zusammenarbeit mit dem Makler so groß ist, dass die Kunden das auch wollen. Wir erhalten gezielt Anfragen von unseren Kunden, die uns bitten, mit ihrem Anbieter zu sprechen, damit auch sie diese Vorteile nutzen.

HARTMUT MAI: Das ist natürlich in dem Sinne eine gewisse Kundenbindung oder, im Vorfeld schon, ein Akquisitions-Potenzial, das dort vorhanden ist. Wie schätzt du das im Transportbereich ein? Ist das ein Alleinstellungsmerkmal für Schunk an dieser Stelle, oder geht Schunk an dieser Digitalisierung und der jetzt dargestellten Art und Weise dem weiten Markt voran? Sind das weitere Benefits, die dann bei euch landen?

Mich würde interessieren, wie du den Markt insgesamt einschätzt. Wie weit sind die spezialisierten Transportmakler in dem Bereich?

#00:25:32-8#

DANIEL AHREND: Mir ist aktuell kein Marktteilnehmer bekannt, der solch eine API-Lösung anbietet. SAS Systeme haben viele. Es ist mittlerweile eher ein Hygiene-Faktor, wenn man keines hat. Wir verstehen uns an der Stelle ein Stück weit als Innovationsführer und streben das auch an. Wir wollen Prozess- und Innovationsführer in der Logistikbranche werden.

ANSGAR KNIPSCHILD: Nun haben wir im Markt nicht nur Teilnehmer, die über das Portal oder die API kommunizieren können und wollen, sondern andere, die immer noch per E-Mail kommunizieren. Das ist meiner Meinung nach noch immer ein starkes Medium im Markt, nicht nur im komplexen Geschäft. Ihr habt jedoch schon erste Ideen entwickelt, wie ihr auch diesen tradierten Kommunikationsweg in eure Systemwelt mit einbinden wollt. Kannst du hierzu ein paar Einblicke geben?

#00:26:30-7#

DANIEL AHREND: Sehr gerne. Wir haben bereits unser erstes KI-Projekt im Produktivbetrieb. Sämtliche eingehenden E-Mails werden von einer KI klassifiziert. Das heißt, wir lesen sie aus, lesen Entitäten aus, und die KI sagt dann: „Du bist eine Transportanmeldung“, „Du bist eine Prämien-Anfrage“, „Du bist ein Schaden“, „Du bist eine Erstdokumentation“, oder was auch immer. Das heißt, sämtliche Geschäftsvorfälle bei uns sind sofort klassifiziert, und dadurch haben wir auch eine sehr gute Transparenz über das Arbeits-Backlog in unserem Unternehmen.

Aktuell sind wir dabei, den Bereich Transportanmeldung, die E-Mail und auch beigefügte Attachments mit der KI auszulesen, die Entitäten auszulesen und dann diese Entitäten gegen die API laufen zu lassen. Aufgrund der Erfahrungen des ersten KI-Projekts mit der Klassifizierung haben wir sehr gute Kenntnisse erlangt, und wir gehen aktuell von einer Erfolgsquote von über 60 Prozent aus, dass die KI dann die Entitäten erfolgreich ausliest, die Daten in die API übermittelt und dann sämtliche Dunkelverarbeitungsprozesse ablaufen. Das ist ein enormer Mehrwert für uns, und dadurch haben wir natürlich wesentlich mehr Kapazitäten in den Teams frei, die wir dann wiederum in den Service stecken.

ANSGAR KNIPSCHILD: Wie tiefgreifend ist euer Engagement in dem Fall? Arbeitet ihr mit bestehenden KI-Modellen, Anbietern zusammen? Entwickelt ihr eigene Modelle?

#00:28:15-6#

DANIEL AHREND: Wir entwickeln hier eigene Modelle. Wir betreiben Kubernetes-Cluster, haben in der Azure Cloud unsere KI laufen und trainieren das selber an. Wir haben eigene Leute und greifen teilweise auf externe Unterstützung zurück, mit der wir diese Projekte umsetzen. Das ist ein tolles Projekt und macht sehr viel Spaß. Es sind aktuell auch schon die ersten Erfolge bei der Klassifizierung zu sehen.

Allein das ist schon ein großer Mehrwert bei uns im Haus. Die ganze Arbeitszeit, die das Bearbeiten der Emails und Erkennen des Arbeitsvorgangs beansprucht, entfällt. Wir arbeiten mittlerweile viel im Homeoffice. Die Teams sitzen nicht mehr alle an einem Standort, die Mitarbeiter sind bundesweit verteilt. Das heißt, wir können das gesamte Routing der Geschäftsvorfälle voll digital umsetzen.

HARTMUT MAI: Das ist sehr spannend, was du berichtest. Es scheint so, dass ihr bei Schunk an dieser Stelle schon sehr weit seid. Was mich hier noch interessieren würde: Da unser Podcast Industrieversicherung Digital heißt, haben wir natürlich ein paar Stakeholder, mit denen es zu kommunizieren gilt. Wie sind deine Einschätzungen an der Stelle? Wie weit sind die anderen Stakeholder an diesen ganzen Prozessen beteiligt, sprich die Versicherer oder auch die Kunden, die Versicherungsnehmer? Wie wird die insgesamt die Digitalisierung hier unterstützt? Ist das jetzt ein Thema, das von allen Beteiligten im Gleichschritt und mit der gleichen Gewichtung, der gleichen Priorisierung angegangen wird? Oder seid ihr auch, was die anderen Stakeholder anbelangt, echte Vorreiter?

Hintergrund meiner Frage ist natürlich auch: Wenn man sich die gesamte Gemengelage des Marktes anschaut, ist man natürlich auch ein gutes Stück weit abhängig von den anderen, mit denen man kommuniziert. Wenn die hinterherhinken, sind das wieder Herausforderungen, mit dem man selbst umgehen muss. Da würde mich deine Einschätzung des gesamten Marktes interessieren, aber vielleicht auch die Frage, wo wir heute stehen, und in welche Richtung das Ganze gehen wird.

#00:30:36-0#

DANIEL AHREND: Eine sehr gute Frage, Hartmut. Damit könnten wir einen ganzen Podcast füllen. Wir befinden uns meiner Meinung nach noch ziemlich am Anfang der Digitalisierung und agieren in einem linearen Geschäftsmodell. Gleichzeitig befinden wir uns in einem Fight for Talents, und viele Mitarbeiter führen nicht wertschöpfende Tätigkeiten aus. Daneben gibt es immer mehr digitale, exponentielle Geschäftsmodelle, und hier müssen sich vor allem die etablierten Unternehmen den veränderten Gegebenheiten und dem Wandel anpassen. Ansonsten werden unter Umständen aus exponentiellen Geschäftsmodellen gegebenenfalls auch disruptive Geschäftsmodelle. Beispiele hierfür gibt es in der Vergangenheit in anderen Branchen genügend. Daher ist es unser ausgesprochenes strategisches Ziel, die Prozesse und Innovationsführerschaft dauerhaft zu erreichen.

Wir möchten durch unsere Innovationsforschung gestaltend tätig werden und dann freiwerdende personelle Ressourcen durch Prozessautomation und KI wiederum in wertschöpfende Tätigkeiten investieren und dann für ein besseres Service- und Kundenerlebnis sorgen. Wenn ich als Marktteilnehmer gezwungen bin, eine digitale Transformation durchzuführen, da der Wettbewerb bereits wesentlich weiter ist, wird sich das vor allem auf der Ertragsseite auswirken. Ich benötige dann die Veränderung, um meine Kostenseite zu entlasten. Dann bin ich ein Stück weit in einem Teufelskreislauf, und es ist schwierig, dort wieder herauszukommen. Das wird sich dann wiederum negativ auf den Service und die Kundenzufriedenheit auswirken. Als Unternehmen habe ich da ein echtes Problem.

Ich bin überzeugt, dass in den nächsten Jahren die Vernetzung der Marktteilnehmer und damit auch die Digitalisierung enorm zunehmen wird. Wir, als Manager eines Unternehmens, müssen unsere Mitarbeiter für Exponentialität qualifizieren, damit sie das Unternehmen erfolgreich transformieren können. Unsere Aufgabe ist es, unsere Mitarbeiter zu enabeln, daran zu arbeiten, dass wir uns auf Seiten IT-Infrastruktur und Anwendungsentwicklung modern aufstellen und uns mit den Veränderungen im Markt beschäftigen.

Dass wir uns darüber hinaus genauso aufstellen, wie es zum Beispiel Start-ups tun, und auch genauso denken und Methoden und Modelle anwenden. Dann schaffen wir es auch, gemeinsam diesen digitalen Wandel zu begleiten. Ein Stück weit wollen ihn auch gestalten, als Schunk-Group. Das ist unser klares Ziel.

ANSGAR KNIPSCHILD: Ich glaube, das ist ein gutes Schlusswort. Eigentlich könnten wir mit deinen Thesen sofort die Diskussion weiter vertiefen. Vielleicht ist das die Möglichkeit, noch einen zweiten Podcast in Angriff zu nehmen.

#00:33:54-7#

DANIEL AHREND: Sehr gerne.

ANSGAR KNIPSCHILD: Ich glaube, gerade die gleichmäßige Geschwindigkeit zwischen den Marktteilnehmern ist ein Riesenthema. Es nützt alles nichts, wenn die Ruderboote in verschiedenen Geschwindigkeiten unterwegs sind. Aber ich fange schon an, weiter zu diskutieren. Ich glaube, die Zeit haben wir heute nicht.

Wir haben einen wunderbaren ersten Eindruck in die Art und Weise erhalten, wie Transportversicherung heute digital funktionieren kann, mit einem kleinen Einblick in die Arbeit der Schunk Group. Vielen lieben Dank, Daniel, für deine Zeit, die Einblicke und das Teilen eurer Erfahrungen. Für die Hörer war hoffentlich viel Wertvolles dabei. Ich habe eine Menge gelernt, und das ist immer ein gutes Zeichen. Mir bleibt nur, dir und Hartmut ganz herzlich für die Teilnahme und einen tollen Podcast zu danken. Vielleicht bis zum nächsten Mal!

 

Der Podcast „Industrieversicherung Digital“ ist eine Initiative für den offenen Austausch über die Digitalisierung von Industrie- und Gewerbeversicherung: Versicherer, Makler, Kunden und IT im direkten Dialog.

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