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ID#36

04.03.2022

Contrust, Arthur Martini: Digitalisierung eines Industriemaklers – ID#36

Warum auf der Bucket List für 2022 „No Code“ steht, welchen Unterschied Geschwindigkeit macht und wie wichtig Maklerverwaltungsprogramm, Schnittstellen und digital aufgestellte Versicherer sind, teilt Arthur Martini, Geschäftsleiter der Contrust Versicherungsmakler GmbH, im Gespräch mit Toni Klein. Länge 47 Minuten.

Transkript

Toni Klein: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode des Podcasts Industrieversicherung Digital. Mein Name ist Toni Klein. Ich freue mich auf den heutigen Podcast-Gast, der die Industriemaklerseite und die Digitalisierungsthemen dort gut kennt. Herzlich willkommen, Arthur Martini.

 

Arthur Martini: Liebe Toni, vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich sehr, mit dir heute zu sprechen.

 

Toni Klein: Ich freue mich auch. Ich stelle dich kurz vor. Du bist seit 2019 Geschäftsleiter bei der Contrust Versicherungsmakler GmbH, hast einen Hintergrund im Wirtschaftsingenieurwesen und Business Administration, die du Berlin und in Toulouse studiert hast, warst danach in London bei einer US-amerikanischen Management-Beratung vor allem im Bereich Finance und Einkauf tätig und zuletzt vor Contrust eben als Projektmanager bei AON in Frankfurt mit Fokus auf Mergers und Acquisitions.

 

Arthur Martini: Das stimmt.

 

Toni Klein: Super. Das heißt, du bist auch viel schon herumgekommen. Du hast viele internationale Eindrücke. Frankreich, Groß Britannien, auch vielleicht kulturell ein bisschen etwas vom US-amerikanischen Markt mitbekommen. Wie kannst du das denn in deiner Rolle jetzt in der Geschäftsleitung bei Contrust mitbenutzen?

 

Arthur Martini: Ja, das ist eine gute Frage. Ich glaube, was mir da als erstes einfällt, insbesondere aus der Zeit in London, in so einer Beratungszeit, ist auf jeden Fall wie schnell, also die Schnelligkeit in der Arbeitsweise von Engländern aber auch Amerikanern, wie Dinge eben nicht wie vielleicht manchmal in Deutschland von langer Hand geplant werden. Sondern da gibt es ein kurzes Meeting, da wird etwas entschieden und dann wird es einfach gemacht. Also diese Schnelligkeit, die habe ich so ein bisschen dann wieder über die Ostsee hier nach Deutschland mit herüber genommen, und man merkt in Deutschland vielleicht generell, aber insbesondere in der Versicherungsbranche, dass dann doch die Mühlen sehr langsam laufen und mahlen. Das ist das vielleicht, wo ich jetzt auch bei Contrust generell viel beisteuern kann. Das ist einfach eine gewisse Schnelligkeit, Effizienz in den Prozessen, in der Kommunikation mit Kunden, mit Mitarbeitern aber auch. Das ist das, was ich da gelernt habe neben natürlich nächtelang Excel und PowerPoint, hoch und herunter, was mir jetzt auch hilft.

 

Toni Klein: Das wollte ich gerade sagen. Also es ist ja nicht das Schlechteste, auch vielleicht dieses Überblicksdenken, vielleicht auch das große Bild sehen und nicht im kleinen Operativen verheddern, solche Dinge?

 

Arthur Martini: Genau. Ja, das stimmt.

 

Toni Klein: Super. Ja, das ist ein guter Einstieg. Wie würdest du denn aktuell den Stand der Digitalisierung für die Branche, also Industrieversicherung, Makler und Versicherer in Deutschland kennzeichnen für dich?

 

Arthur Martini: Ja, das ist eine gute Frage. Ich würde sie natürlich am liebsten jetzt aus meiner Brille, nämlich der Brille eines Industrieversicherungsmaklers, der wir sind als Contrust, darstellen. Der Versicherer sieht das bestimmt wieder anders und der Start-Up, InsureTech, Start-Up-Gründer vielleicht wieder anders. Aber bei uns ist es natürlich wirklich so, dass im Kern unserer ganzen Arbeit unser CHM-Tool, unser Maklerverwaltungsprogramm, ist. Das ist praktisch die heilige Kuh, in der alle digitalen Prozesse zusammenlaufen sollten, sage ich jetzt einmal. Was bei uns so ein bisschen die Herausforderung ist, und das weiß ich, dass es bei allen anderen Industriemaklern auch so ist, ist, dass dieses MVP, Maklerverwaltungsprogramm, einfach noch nicht seine Anforderung, die man so hätte, erfüllt. Da beginnt es mit den Schnittstellen zu den Versicherern, über die ja auch in diesem Podcast schon in vielen Ausstrahlungen berichtet wurde, und vielen weiteren Dingen. Das ist sozusagen dieser ganze Komplex, das geschlossene System, was ein Software-Hersteller, ein MVP-Anbieter, ja auch ständig weiterentwickelt.

Das ist auch in unserem so, aber wo wir wenig Einfluss darauf haben und praktisch ein bisschen ausgeliefert sind und uns einfach der Schnelligkeit des Software-Anbieters beugen müssen. Worauf ich noch einmal hier in unserem Gespräch einen Schwerpunkt legen kann, ist, dass wir uns um das MVP herum, also um diese heilige Kuh, nenne ich es jetzt einmal, herum sehr stark digitalisieren können und in vielen Teilbereichen oder, wenn man so sprechen möchte, Teilprozessen digitale Lösungen anwenden. Von kleineren Softwarehäusern, die sich dann Start-Ups nennen und die in den Bereichen, sagen wir einmal, Personalmanagement, wenn es um Recruiting-Plattformen geht … Also wir schreiben nicht mehr zehn verschiedene wie StepStone und Indeed und so weiter an, sondern wir spielen unsere Stellenanzeige in eine Recruiting-Plattform, die das dann für uns verteilt. … bis hin zu Buchhaltungsdigitalisierung, wo es Software-Lösungen gibt, wo Rechnungen automatisch über diese OCR-Technik erkannt werden und da Zeit gewonnen und digitalisiert wird, bis hin zu Kundenberatungsprozessen, wo unsere Kunden sich mit den Experten bei uns im Innendienst Termine oder Videokonferenzen buchen können wie einen Termin bei einem Zahnarzt, sage ich jetzt einmal. Insofern sind das eben ganz viele kleine, ganz interessante Software-Lösungen und kleine Digitalisierungsschritte eigentlich, die bei uns im Unternehmen die Digitalisierung auch ausmachen. Das ist vielleicht eine Kernaussage, dass ich der Meinung bin, dass es sich um viele kleine Schritte handelt anstatt einem großen. Also die eierlegende Wollmilchsau, dass das MVP das alles kann, das ist einfach aktuell aus meiner Sicht noch keine reelle Zukunftsvision. 6:54

 

Toni Klein: Jetzt ist die Branche ja stark vernetzt. Also ihr werdet ja auch mit vielen Versicherern Kontakt haben. Wie empfindest du denn den Digitalisierungsdrang oder auch die Fähigkeit, eure Prozesse oder eure Kundenberatung dort digital zu unterstützen. Ist das erwähnenswert aus deiner Sicht?

 

Arthur Martini: Also eigentlich nicht. Es gibt natürlich einzelne Versicherer, die sich in bestimmten Themen dann, sagen wir einmal, zum Beispiel, der Cyber-Versicherung, sehr stark digitalisieren und da also wirklich eine digitale Prozessstrecke für uns als Makler darstellen, die wir auch nutzen. Aber wir haben ja am Ende des Tages dann immer noch den Auftrag, auch den Markt unseren Kunden darzustellen und andere Versicherer auch in die Angebote mit einzubeziehen, und da fängt es schon an. Da haben wir dann meinetwegen Versicherer X, der sehr weit digitalisiert ist in seiner Angebotsstrecke. Wir müssen aber trotzdem noch sechs andere fragen, um unserer Aufgabe als Makler ja am Ende gerecht zu werden.

 

Toni Klein: Sehr interessant. Ich würde mir diesen Punkt gerne noch für später aufheben. Da habe ich nämlich gleich auch noch eine Frage dazu an dich. Jetzt hast du gerade gesagt, dass jetzt bei euch das mit der Digitalisierung so ist, dass ihr eigentlich so das MVP in der Mitte habt und kleinere digitale Lösungen so anhängt. So habe ich das verstanden. Das ist sehr gut, weil, wie du sagst, ihr Lösungen für bestimmte Bereiche bekommt, die ihr dringend braucht, die ihr von den großen MVPs nicht bekommt oder nicht so schnell. Der Vorteil ist, ihr habt die Lösungen. Der Nachteil sind natürliche diese Schnittstellen. Schnittstellen sind sehr teuer und das ist auch ein großer Aufwand, die zu pflegen. Ich stelle mir das doch relativ komplex vor mit so vielen Ansprechpartnern. Da hast du ein Update hier und ein Update da und das eine schießt das andere kaputt. Viele Leute, die daran beteiligt sind, viel Kommunikation, die da kommen muss, auch Wissensaufbau bei Mitarbeitern. Ist das denn ein guter Weg für die Zukunft oder würdest du dir da noch etwas anderes wünschen?

 

Arthur Martini: Also da hast du natürlich den entscheidenden Punkt angesprochen, dass diese ganzen Systeme sogar viel eher autark gerade noch laufen und gar nicht über eine Schnittstelle mit diesem Maklerverwaltungsprogramm oder CM-Programm verbunden sind, und das ist ja eigentlich noch blöder als eine Schnittstelle zu haben. Insofern wäre das natürlich der nächste Schritt, dass unsere Personalverwaltungsprogramme aber auch zum Beispiel, dass wir ein Thema der Kundenberatung, No-Code, also dass es ja auch Anbieter gibt, kleine Software-Firmen auch in Deutschland, wo man relativ einfach Formulare bauen kann. Also wo früher ein IT-ler programmieren musste, kann heute ein Laie sich selbst einen Fragebogen programmieren, diesen dann verschicken an Kunden, die das dann auch noch digital signieren können. Also da wäre es natürlich jetzt genial, eine Schnittstelle zu haben wieder an das Maklerverwaltungsprogramm. Das ist aber aktuell leider nicht der Fall.

 

Toni Klein: Okay. Du hast es gerade gesagt, No-Code oder Low-Code, welche Erfahrung habt ihr damit gemacht?

 

Arthur Martini: Ehrlich gesagt ist das ein Thema, das auf unserer Bucket List steht für dieses Jahr. Also es ist noch nicht angegangen, aber die Vision ist schon, dass wir Risiko abfragen. Also unsere Kunden sind ja in der Regel Industrieunternehmen, wo sich die Risikosituation ständig ändert, und das müssen wir in den Versicherungsverträgen anpassen. Das heißt, es ist ein stetiger Informationsfluss notwendig, und das wollen wir dafür nutzen. Aber auch das Thema Schadenmeldungen, Schadenaufnahme, ist auch ein Prozess, den man ganz gut damit abbilden kann.

 

Toni Klein: Also das heißt, ihr werdet euch auch mit dem Bau von Datenmodellen beschäftigen. Da hatten wir auch einen sehr, sehr tollen Podcast ganz am Anfang. Ich glaube, es war die Nummer fünf oder sechs der Rebecca Stodt vom GGW, die hat nämlich auch dort erzählt, wie sie das nämlich bei GGW gemacht haben. Also auch, was es bedeutet, sich über solche Daten und Datenmodelle aus Maklersicht Gedanken zu machen. Wie ist das da bei euch? Also das ist ja natürlich auch dann noch ein riesiger Berg an Aufwand, auch die Menschen mitzunehmen, nicht wahr? Also die wollen Veränderungen …

 

Arthur Martini: Ja, das ist ein sehr guter Punkt. Also ich vergleiche das manchmal so mit dem Automechaniker. Der hat früher eben hauptsächlich bei der Autoreparaturwartung mechanische Tätigkeiten ausgeübt und heute nennt er sich ja auch Mechatroniker. Warum? Weil er zum Teil in Autoreparaturen mehr IT macht, weil die Fahrzeuge ja total IT-basiert sind, als Mechanik. Genauso ist ja auch unser Arbeitsplatz, der immer weniger … Früher war das, denke ich einmal so, also ich bin jetzt auch noch etwas jünger, dass eben ein ausgewiesener Versicherungsexperte, der noch einigermaßen gute soziale Kompetenzen hatte, ein Super-Fachmann wurde, jetzt also ganz heruntergebrochen, und heute muss die Hälfte seines Skill Sets auch IT-Kompetenzen sein, genauso wie der Mechatroniker. Nämlich was bedeutet die Anwendung von Software-Lösungen, die wir stellen, um effizient die Tätigkeit auszuführen, und das ist eine riesige Herausforderung für viele. Natürlich kann man dann schon von der Tendenz sprechen, dass die ältere Generation eher größere Umstellungshindernisse hat als die ganz jungen, die anfangen. Das liegt ja auch einfach in der Natur der Sache. Aber das ist ein ganz spannender Wandel ja natürlich auch in unserer Branche, was, glaube ich, vielen große Herausforderungen bereitet. 13:21

 

Toni Klein: Einer unserer letzten Gäste hat im Podcast gesagt, als ich gefragt habe nach dem Treiber der Digitalisierung, es ist unter anderem auch ein Generationswechsel. Also es kommt jetzt eine andere Generation langsam auch in die Führungsetagen in der Branche, zu der auch du gehörst, die mit einem anderen Selbstverständnis und mit einer anderen Sicht auf die Dinge auch Prozesse beschleunigen werden. Welche anderen Treiber für die Digitalisierung würdest du denn für dich sehen?

 

Arthur Martini: Das mit der neuen Generation ist ein guter Punkt. Ich würde auch den zusätzlichen Treiber Kundenerwartung nennen. Also wir sind ja ein Dienstleister letztlich für Industrieunternehmen und -unternehmer, und bei denen ist es eben auch oft keine schleichende Digitalisierung, wenn man so möchte, in dem produzierenden Gewerbe, sondern da kommt auch dann auf einmal von dem 65-jährigen Gründer dann jetzt der 30-jährige Sohn in die Geschäftsführungsposition, wie es in Familienunternehmen ja oft so ist. Der hat dann auf einmal ganz neue und ganz andere Ansprüche an seine Dienstleister und Berater, also unter anderem uns, weil der nämlich aus seinem … Ich bin ja auch erst jetzt 33, deswegen kann ich das nachvollziehen, dass aus dem eigenen Privatleben die Dinge einfach digital sind, schnell sind. Ich habe zum Beispiel keine Post. Ich habe alles digitalisiert in der Cloud praktisch. Alles, was ich per Post bekomme, fotografiere ich ab und werfe ich weg. Das sind die Kundenerwartungen an uns, an die Dienstleister, dass die Sachen digital sein müssen, zum Beispiel, digitale Unterschriften, dass sie schnell gehen müssen, also dieses Fragen und vier Wochen keine Antwort bekommen, das ist ja heutzutage nicht mehr zeitgerecht. Das ist, glaube ich, jetzt für uns als Makler ein Haupttreiber oder der Treiber für die Digitalisierung auch, weil wir sind ja letztlich für unsere Kunden da und müssen ihre Wünsche erfüllen. Das ist unser Hauptauftrag.

 

Toni Klein: Wie sieht es mit den Kosten aus?

 

Arthur Martini: Kosten, klar, das ist natürlich ein Thema, was vermutlich eher die Versicherer umtreibt, wo die Hebel sehr groß sind. Aber natürlich ist das bei uns auch so. Sagen wir einmal so, ein großes Ziel in der Digitalisierung bei uns ist, dass unsere Versicherungsexperten, die ja wirklich sehr gute Berater sind einfach, Unternehmensberater oder Risikomanagementberater, wie ich das gerne nenne, dafür hauptsächlich ihre Zeit verwenden und möglichst wenig Dokumente prüfen oder Papiere vom Versicherer, die er uns noch per Post schickt, einscannen. Für solche Sachen sind sie nicht da und nicht ausgebildet, und das ist sozusagen, in Anführungszeichen, nervig. Dass sie einfach für wertschöpfende Themen am meisten Zeit verwenden können, das ist eigentlich auch so ein Thema bei uns.

 

Toni Klein: Das mit dem Einscannen ist wieder so ein Schnittstellenthema. Wenn es nahtlos wäre, dann müsste man das gar nicht tun beziehungsweise nicht einmal darüber nachdenken.

 

Arthur Martini: Ja.

 

Toni Klein: Was ist denn für dich das größte oder sind die größten Hemmnisse im Moment? Also du hast es gerade schon so ein bisschen gesagt, die Technik um das MVP herum aus eurer Sicht. Was könnte es noch sein?

 

Arthur Martini: Also ich kann mir vorstellen, und die Vorredner hatten da bestimmt auch schon die eine oder andere Meinung, wobei ich mich an einen Allianzmitarbeiter erinnere. dass bei den großen Tankern, ob es jetzt Makler sind oder Versicherer, dass da natürlich die schiere Größe und Komplexität … Es gibt ja Versicherer, die haben in den letzten zwanzig Jahren fünf andere Versicherer gekauft und arbeiten aktuell mit fünf verschiedenen Programmen. Also da ist, glaube ich, einfach diese Komplexität wahrscheinlich ein großes Hemmnis. Wir freuen uns eigentlich, dass wir nicht so groß sind, wenn man das so sagen kann. Bei uns geht das alles natürlich sehr viel schneller und flexibler. Was helfen würde, ist sicherlich eine Plattform, die einen, sagen wir einmal, Marktplatz für Risiken eigentlich darstellt, das Amazon für Risiken, wenn man so möchte, wo alle Marktspieler zusammengeführt werden. Das geht natürlich dann auch so ein bisschen in die Richtung eierlegende Wollmilchsau. Das ist natürlich eine wahnsinnige Wunschvorstellung, aber das wäre toll, wenn es so etwas geben würde.

 

Toni Klein: Das Amazon der Risiken, das finde ich irgendwie gut. Das kann man natürlich so und so sehen, aber das habe ich auch noch nicht gehört. Sehr gut. Klar, Digitalisierung ist ja auch ein bisschen so ein Buzz Word und man kann es auch schon fast nicht mehr hören. Apropos nicht mehr hören, gibt es denn einen Satz …

 

Arthur Martini: Covid.

 

Toni Klein: Covid, okay. Touché. Welcher Satz bringt dich auf die Palme?

 

Arthur Martini: Das ist wirklich wieder das Thema Maklerverwaltungsprogramm, diese Hoffnung, dass im neuen Versions-Update dann alles besser wird und dass dann auf einmal wir volldigitalisiert arbeiten können et cetera. Also diese Hoffnung habe ich mittlerweile aufgegeben, dass das bald passiert.

 

Toni Klein: Warte einmal. Dann sage doch einmal kurz eine Hoffnung, die dir als erstes in den Kopf kommt und die du mit dem nächsten Update eures MVPs verbunden sehen möchtest.

 

Arthur Martini: Zum Beispiel, dass alle Informationen über die Versicherung, über die Sachversicherung zum Beispiel, alle versicherten Gefahren und was es da alles für Detaildatenpunkte gibt, in diesem MVP abgebildet werden können und wir dann diese Versicherungsspiegel, also die Zusammenfassung für die Kunden, da einfach tagesaktuell herausziehen können.

 

Toni Klein: Tagesaktuelle Versicherungsspiegel?

 

Arthur Martini: Richtig. Das ist ein Thema, ja. Das wäre toll.

 

Toni Klein: Das hört jetzt vielleicht jemand.

 

Arthur Martini: Wenn du da eine Lösung hast, Toni …

 

Toni Klein: Nein, ich persönlich ja nicht, aber vielleicht gibt es ja eine Reaktion auf diese Stelle im Podcast. Da würde ich mich freuen.

 

Arthur Martini: Ja, gern.

 

Toni Klein: Lasse uns einmal übergehen vom Allgemeinen zum Konkreteren. Das große, spannende Thema, das wir auch immer wieder im Podcast behandeln und auch dieses Mal mit dir gerne, ist das Thema digitale Produkte. Hast du für dich ein Bild davon, was ein digitales Produkt ist aus deiner Maklersicht?

 

Arthur Martini: Ja. Ich würde sagen, ein digitales Produkt ist ein Produkt, das sozusagen von Anfang bis Ende im gesamten Prozess … Also wenn wir jetzt im Versicherungsfeld denken, eben von Erstkontakt des Kunden, der sich für eine Absicherung interessiert, bis zur Policierung und weiter über den Schaden alles in einem System, wenn man so möchte, ohne Systembruch, also dass man von einer Software oder von einem System in das nächste geschmissen wird, durchgeführt werden kann. Also eine digitale Prozessstrecke ohne Bruch wäre das für mich. 21:34

 

Toni Klein: Würdest du Unterschiede sehen zwischen Industrie- und Gewerbeversicherung?

 

Arthur Martini: Ich glaube, das machen sich viele ein bisschen zu einfach, dass sie sagen, die Industrieversicherung wird nicht digitalisiert, weil es zu kompliziert ist. Das glaube ich nicht. Ich glaube schon, dass natürlich die Digitalisierung erst einmal in den einfachen und weniger komplexen Themenbereichen begonnen hat. Das heißt, kleinere Unternehmen. Das heißt, einfachere Sparten, wie die Financial Lions, also D&O oder auch Cyber-Versicherung, aber die Digitalisierung arbeitet sich auch vor und geht natürlich immer mehr da hinein, wie so ein Maulwurf, der einfach immer weiter wühlt, da in die komplexeren Themen hinein und wird die Industrieversicherung genauso natürlich immer mehr betreffen. Deswegen ist es für uns ganz wichtig, da natürlich mitzumachen und immer mehr auch herauszuarbeiten, wer wir wirklich sein wollen, nämlich, dass wir auch uns eigentlich als Beratungsunternehmen sehen, also nicht als Verkäufer von Versicherungen, sondern als Beratungsunternehmen, wo der Mensch auch noch eine wichtige Komponente bleibt als Berater, als Ansprechpartner, den der Kunde auch wirklich haben will.

Ich glaube, er will in Zukunft niemanden mehr haben bei Contrust, der für ihn Sachen einscannt oder Rechnungen prüft. Dafür braucht er uns nicht, und insofern, glaube ich, wird das immer mehr auch an die Industrieversicherung vorangehen. Aber ich glaube auch, dass zum Beispiel … Ich habe mir im Vorhinein zu dem Podcast auch einmal ein Beispiel überlegt. Zum Beispiel werden ja große Industriebetriebe oder Produktionen von dem Feuerversicherer und von uns auch besichtigt, um den Brandschutz dann festzustellen und auch zu schauen, wie man das Risiko bepreist, also die Prämie jetzt bestimmt wird. Da können natürlich ganz viele Datenpunkte auch digital abgefragt werden, aber für den Besichtiger vor Ort zu sein und in die Gesichter der Leute dort zu schauen, die beim Kunden den Brandschutz verantworten, ist schon ein großer Mehrwert, weil das natürlich auch schon noch einmal einen anderen Eindruck vermitteln, wie ernst die das Thema nehmen, et cetera. Also ich würde sagen, bestimmte Dinge, glaube ich, können nicht volldigitalisiert werden, aber es wird auf jeden Fall da noch ganz große Veränderungen geben, auch bei uns.

 

Toni Klein: Das heißt, es gibt dann ein Datenfeld mehr, in dem dann steht, „Wie wirkt die Motivation der Brandschutzverordneten vor Ort?“ und dann gibt es Schulnoten zwischen 1 und 6, und wenn 6, dann wird die Prämie automatisch erhöht.

 

Arthur Martini: Genau, dann geht es nach oben. Ja, da wird dann noch einmal so ein automatisierter Scan gemacht über die Facebook-Profile des Brandschutzbeauftragten und dann wird geschaut, was er liked. Also wenn er Diskotheken liked, dann ist er schon einmal raus, ja?

 

Toni Klein: Sehr schön. Wir lachen jetzt darüber, aber ich glaube, da ist auch ein bisschen etwas dran. Ein schauriges Stück bisschen. Ich denke noch an (unv.) oder Google Glasses oder was auch immer. Du sagst, die Besichtigung, und dann haben eben alle diese Brille auf und die Statistik sagt … Da gibt es auch gerade einen sehr schönen Film, „Don’t Look Up,“ der geht auch in die Richtung von Datenanalyse, und wie lange man lebt und woran man dann stirbt wird dann vorhergesagt. Nicht dass dann so etwas herauskommt wie Mitarbeiter, die viel Rot tragen, sind eher gefährdet, ich weiß nicht, den Feuerlöscher zu vergessen oder so. Würdest du jetzt aus deiner Praxiserfahrung sagen, dass es vielleicht bestimmte Produkte gibt, wo du das Gefühl hast, da ist der Markt schon eher digitalisiert, also dass von den Versicherern da mehr digitales Engagement kommt? Du hast vorhin Cyber, glaube ich, gesagt …

 

Arthur Martini: Da würde ich auf jeden Fall sagen, Cyber, also die Financial Lions, wo du gar nicht so viele Datenpunkte brauchst, um ein gutes Underwriting zu machen. Vor ein paar Jahren konnte man nur durch einen digitalen Antragsprozess bei Cyberversicherer X-Unternehmen bis zehn Millionen Euro Umsatz durchbekommen. Alles darüber ging in das manuelle Underwriting sozusagen. Jetzt sind es schon hundert Millionen Euro Umsatz. Also man merkt, wie sozusagen immer größere und komplexere Risiken automatisch im Angebotsprozess jetzt abgebildet werden können. Auch Haftpflicht generell und Betriebs- und Produkthaftpflicht, wobei Produkthaftpflicht dann auch wieder sehr kompliziert wird, in den Bereichen sieht man es ja auch heute schon. Da tummeln sich ja auch die meisten Newcomer. 26:48

 

Toni Klein: Was glaubst du, welche Prozesse bringen, dadurch dass sie digitalisiert werden, den größten Mehrwert für den Markt? Vertriebliche, betriebliche, Kommunikationsprozesse?

 

Arthur Martini: Gute Frage. Also ich würde sagen, betriebliche Prozesse auf jeden Fall, denn das Ziel ist dann wirklich, dass die administrativen Tätigkeiten so stark abnehmen durch Digitalisierung, dass sich die Experten, die Kundenberater, dann auch wirklich auf die Kundenberatung konzentrieren können. Das ist eigentlich die Vision und Vorstellung.

 

Toni Klein: Du hast es eingangs schon gesagt und jetzt kommt die Stelle, wo ich dich dazu frage. In dem vergangenen Podcast hat ein Gast gesagt, dass die Versicherer oder die Marktteilnehmer, die in der Lage sind, digitale Prozesse anzubieten, du hast selbst gesagt, vom Anfang bis zum Ende ohne Bruch, also End-to-End, dass die natürlich auch Favoriten der Makler werden. Wenn wir jetzt über Ausschreibungen nachdenken, wenn du als Makler gleichwertige Angebote bekommst was Risiko, die Deckung, die Prämie oder so angeht, würdest du das unterschreiben, das ihr wahrscheinlich eher den Versicherer oder Marktteilnehmer empfehlt, der besser digital aufgestellt ist und der sich besser nahtlos mit euch integriert?

 

Arthur Martini: Absolut. Das würde ich total unterstreichen. Da gibt es ein Beispiel im Bereich Cyber, den Anbieter, der sich COGITANDA nennt, der wirklich sich einen Wettbewerbsvorteil durch Digitalisierung, meine ich, erspielt hat. Und natürlich müssen die anderen Parameter auch stimmen. Versicherungsumfang, Prämie, das ist klar. Aber wenn dann eine einfache Handhabung durch Digitalisierung für den Makler dazukommt … Also Beispiel ist, dass ein Kundenberater bei uns sich da relativ schnell in dem Portal innerhalb von einer Minute für komplizierte Risiken eine Cyberquotierung zumindest einmal herausholen kann, die wir dann theoretisch fünf Minuten später dem Kunden präsentieren können. Das ist natürlich wieder nur ein Angebot, aber das ist natürlich ein enormer Wettbewerbsvorteil und ich glaube zu wissen, dass die damit auch sehr großen Erfolg haben. Obwohl es auch einige Sachen an dem Versicherer zu kritisieren gäbe, ist das auf jeden Fall sehr gut gelöst bei denen.

 

Toni Klein: Ich möchte an dieser Stelle kurz darauf hinweisen, der Herr Ebers von COGITANDA war auch in diesem Podcast vor drei Episoden, und das ist reiner Zufall, dass du jetzt diesen Versicherer nennst. Das war nicht so geplant. Ja, aber das ist ein guter Punkt. Wenn wir über Versicherer sprechen und den Druck, den diese verspüren, es kommt dann eben nicht nur über den Kostendruck, sondern auch dass Makler so wie ihr sich immer mehr für die Partner entscheiden, die auch mit der Digitalisierung Schritt halten können und die auch in die Hand der Prozesse spielen und das eben leichter und vor allem schneller machen.

 

Arthur Martini: Ja, absolut. Also ich bin mit InsureTech auch so ein bisschen mit unterwegs und höre mich da um, was da passiert. Wenn ich richtig informiert bin, gab es ja früher einmal den Ansatz von vielen InsureTechs oder Assecurateuren, P2C, also direkt auf die Endkunden zuzugehen mit den Versicherungen, und ich meine gelesen zu haben, dass die Cost of Acquisition, also die Marketingkosten pro Kunde oder pro verdientem Euro, sehr hoch sind natürlich, wenn man Endkunden direkt erreichen will. Deswegen schwenken ja gerade jetzt viele Anbieter auf B2B2C, also erst einmal auf den Makler zugehen, uns überzeugen, damit wir dann unsere Kunden überzeugen. Das ist ja eigentlich das Model, das alle gerade fahren, und insofern sind wir wahrscheinlich schon eigentlich ein sehr wichtiger Player für diese Versicherer oder Assecurateure, die es zu überzeugen gilt.

 

Toni Klein: Absolut. Also persönlich glaube ich, dass einfach das gewachsene Vertrauensverhältnis in der Branche einfach auch so ein Netz ist. Manchmal hat das Nachteile, weil man so gebunden ist. Manchmal hat es aber auch Vorteile, weil das Vertrauen einfach da ist, und kritische Prozesse in die Hand von noch nicht so vertrauensbasierten Verhältnissen zu legen, ist natürlich ein großes Risiko.

 

Arthur Martini: Absolut.

 

Toni Klein: Genau.

 

Arthur Martini: Das stimmt.

 

Toni Klein: Deswegen ist so wichtig, dass der Markt halt gemeinsam auch in die richtige Richtung geht, aber es wird trotzdem den einen oder die andere Company geben, die da natürlich voran prescht. Wichtiger Punkt ist ja auch Standardisierung. Ich sage jetzt einmal BiPRO oder andere Initiativen wie Open Insurance. Wie denkst du denn über diese Initiativen? Braucht es da noch einen neuen Ansatz aus deiner Sicht oder findest du, dass das schon der richtige Weg ist?

 

Arthur Martini: Da habe ich dann, weil ich da selbst jetzt gar nicht so tief drinstecke, noch einmal Rücksprache gehalten mit meinem Geschäftsführerpartner Sönke Butz, der selbst einmal an einer BiPRO-Norm sogar mitgearbeitet hat. Also ein Angebotsprozess war das, glaube ich, den er da mit entwickelt hat. Insofern habe ich mir bei ihm noch einmal eine Meinung eingeholt. Er sagt, dass das natürlich an sich ein ganz guter Ansatz ist. Das Problem scheint eben zu sein, aber da erzähle ich jetzt vielleicht auch nichts Neues, dass die Versicherer die Umsetzung in dem Bestandssystem der Versicherer von diesen Normen, die da so wahnsinnig lange dauert und langsam von statten geht, dass das einfach … Ich meine, wenn man sich einmal anschaut, wie schnell teilweise Unternehmen sich um uns herum digitalisieren und man dann so ein BiPRO-Projekt, ich weiß nicht, ich glaube, das gibt es seit zehn oder 15 Jahren, dass das so lange dauert, ist einfach … Ich kann nicht genau sagen, wo das Problem liegt, aber das allein sagt schon, dass irgendwo da der Fehlerteufel praktisch drinsteckt.

 

Toni Klein: Ich habe ja jetzt auch einige Gespräche schon in diesem Podcast geführt und ich glaube auch, dass die anderen Kollegen, die vom IT-Podcast, zu BiPRO auch einige interessante Gesprächspartner schon haben und bald haben werden. Da werden wir noch einmal nachfragen. Das finde ich einen guten Hinweis.

 

Arthur Martini: Da bin ich total gespannt. Also vielleicht nutzen wir das einfach auch noch nicht richtig. Wir haben jetzt ein Unternehmensberater auch bei uns, der uns das besser erklären soll. Deswegen bin ich vielleicht in einem halben Jahr auch schlauer. Aber da bin ich einmal gespannt, was die Kollegen da berichten.

 

Toni Klein: Okay. Wie glaubst du denn wird sich, ich sage einmal, in zehn, fünf, oder zwanzig Jahren so das Risikomanagement aufgestellt haben? Wird es so bleiben? Wird so ein klassisches Verständnis von diesen Versicherungsprodukten, wie es jetzt ist, bleiben? Oder wie wird sich so dieses Risikomanagement drehen aus deiner Sicht?

 

Arthur Martini: Ich habe vorhin ja schon einen Punkt auch angesprochen, dass wir uns immer mehr zu Risikomanagern entwickeln und weg vom reinen Verkäufer von Versicherungen. Ich glaube, der Hauptpunkt ist wirklich, dass die CFOs oder Geschäftsführer, also unsere Ansprechpartner von morgen, auch im Bereich Versicherungen immer mehr datengetriebene Entscheidungen treffen möchten und müssen. Das heißt, da müssen wir als Berater, als Makler, mithalten. Wir müssen sozusagen unsere Ansprechpartner mit guten Risikodaten, guten Daten, die für eine gute Entscheidung als Grundlage dienen können, bieten. Ein Beispiel, das ja schon existiert, sind die Naturgefahrenanalysen, wo wir CFOs unseren Ansprechpartnern eben darstellen können, welches der sieben Werke in einer Überschwemmungszone liegt. Da auf dieser Datenbasis, das sind ja letztlich historische Daten aus den letzten fünfzig Jahren über die einzelnen Standorte, kann der dann entscheiden: „Das Risiko will ich selbst tragen.“ Letztlich ist das ja Risikomanagement.

Hier ist das Risiko, will ich es selbst tragen oder will ich es versichern? Das ist ja eigentlich immer die einfache Entscheidung, und diese Entscheidung mehr datengetrieben und weniger emotional zu treffen, das werden unsere Ansprechpartner erwarten und dem müssen wir gerecht werden. Jetzt beim Beispiel dieser Naturgefahrenanalyse muss man ja auch sagen, dass dieses Jahr die Überschwemmungskatastrophe ja viele Standorte auch getroffen hat, die auf der niedrigsten Risikobewertung waren was Überschwemmungen angeht und sind total abgesoffen. Also man darf nicht immer von der Vergangenheit in die Zukunft schließen, aber solche Art von Entscheidungsgrundlagen, glaube ich. Bestenfalls hat der Risikomanager beim Industrieunternehmen X sogar so eine Art Risikocockpit, würde ich es fast nennen, wo er live sehen kann, jetzt einmal ganz platt gesagt, wo seine Risiken gerade sind, wie sie versichert sind und so weiter. So eine Live-Ansicht, das wäre natürlich toll. 37:03

 

Toni Klein: Wie sieht es aus mit Papier? Du hast jetzt vorhin gesagt … Wie hoch wird der Anteil von Papier in zehn Jahren sein, Arthur?

 

Arthur Martini: Null, hoffe ich. Also bei mir auf dem Schreibtisch, mein Posteingangskorb ist am Tag 1 einfach im Müll verschwunden. Am Anfang hat das zu Verwunderung geführt: „Wo soll ich jetzt die Post hin tun?“ Ich akzeptiere einfach keine mehr. Also so sind ja auch unsere Kunden oder werden unsere Kunden irgendwann sein. Die werden einfach kein Papier mehr akzeptieren. Oder, wenn wir denen wahnsinnig viel Papier schicken, werden sie denken: „Ich arbeite mit einem Berater aus der Steinzeit zusammen.“ Dann haben wir ein Problem irgendwann.

 

Toni Klein: Du hast es gerade auch noch gesagt. Risikomanagement bedeutet ja, trage ich das Risiko selbst oder sichere ich mich dahingehend ab? Da gibt es ja noch, du hast es im Vorgespräch gesagt, parametrische Versicherungen, die ja eine Mischung aus beidem sind. Was glaubst du, in zehn Jahren?

 

Arthur Martini: Das ist, glaube ich, ganz spannend. Gut, dass du es ansprichst. Also das ist wirklich ganz spannend, weil das ja eben gerade diese Komplexität in der Industrieversicherung, über die wir vorhin gesprochen haben, wo ja auch viele sagen: „Ah, das ist zu kompliziert, das können wir nicht digitalisieren“, das ist ja eben der Ansatz von parametrischen Versicherungen. Einen Datenpunkt, wenn der überschritten wird, wird die Versicherungssumme ausgezahlt, wenn nicht, nicht oder in Schritten. Da gibt es ja zum Beispiel Parametrics mit dem Cloud-Ausfallprodukt, und das ist natürlich total spannend, weil das ganz viel Komplexität herausnimmt.

 

Toni Klein: Ja, sehr gut. Dann gehen wir jetzt einmal über zu Plattform und Märkten. Was würdest du denn sagen, welche digitalen Plattformen bestimmen denn aktuell den Markt? Also welche MVPs, Vergleicher oder Ausschreibungsplattform generell?

 

Arthur Martini: Also aus unserer Sicht ist das bei Maklern sicherlich das MVP, das etwas Großes ist. Das ist eben AMS‘ assfinet. Dann gibt es ja auch so Spezialplattformen für Leben, das ist Morgen & Morgen, oder NAFI für Kfz, das auch zu RMS gehört. Dann, ich weiß nicht, ob ihr mit denen schon einmal gesprochen habt, Thinksurance, die natürlich auch ein neuer und auch ernstzunehmender Marktteilnehmer sind, die ja einen Vergleichsrechner, wenn man so möchte, für Gewerbeversicherungen sind. Und nicht zuletzt VEMA. Wir sind VEMA-Genosse, beispielsweise, die auch natürlich einfach ganz viele Makler angebunden haben und auch ernstzunehmen sind als Vergleichsplattform.

 

Toni Klein: Okay. Was glaubst du, welche Plattformen in Zukunft den Markt bestimmen werden?

 

Arthur Martini: Ich glaube, dass Thinksurance auf einem sehr guten Weg ist. Man kann ja aus den MVPs heraus wohl schon … Also wir nutzen es nicht, muss ich dazusagen, und ich will jetzt auch nicht zu viel Werbung machen und weiß auch gar nicht, ob das alles so funktioniert, wie sie es sagen, aber das hört sich auf jeden Fall vielversprechend an. Und VEMA ist auch einfach eine ganz tolle Initiative, glaube ich. Das ist ja eine Genossenschaft auch, die vielleicht auch ein bisschen mehr Vertrauen erweckt als rein so investorengetriebene Plattformen.

 

Toni Klein: Was müsste denn aktuell eine digitale Plattform haben, damit sie für euch interessant wäre?

 

Arthur Martini: Sie müsste eine gewisse Masse haben, das heißt, eine Anbindung aller relevanten Player. Wenn beispielsweise ein Versicherer, der für uns relevant ist in einer bestimmten Sparte, nicht mitmacht, dann verliert eine Plattform natürlich an Mehrwert. Das ist wichtig, und wirklich Vertrauen auch in die Betreiber der Plattform, würde ich fast sagen. Also ich bin ja jetzt kein Datenschutzguru und vielleicht geht es auch eher weniger um die Daten, aber es geht dann schon auch ein bisschen um Vertraulichkeit und solche Themen. Also das ist, glaube ich, auch noch einmal ein wichtiger Punkt.

 

Toni Klein: Ja, das hat, glaube ich, sogar der Herr Ebers von COGITANDA auch gesagt, dass der Datenaustausch natürlich wichtig ist, aber viele zögern dabei, weil es ja auch um den sicheren Datenaustausch geht. Der ist natürlich immer gewährleistet, zumindest meinen das alle Beteiligten, aber das Vertrauen ist nicht immer da oder noch nicht überall da.

 

Arthur Martini: Absolut, ja.

 

Toni Klein: Wie würde denn eine ideale Plattform aussehen? Wir kamen vorhin schon so ein bisschen darauf. Du hast das schon so ein bisschen angedeutet. Für die Industrieversicherung, wer würde sie betreiben und verantworten? Wie wäre das Geschäftsmodell? Die Gretchenfrage, wem gehören die Daten?

 

Arthur Martini: Also das ist eine sehr schwierige Frage, aber es wäre natürlich schon bestenfalls dann so, dass alle Player, im Industrieversicherungsbereich jetzt sind das ja die Versicherer oder Assecurateure, Makler, aber auch die Industrieunternehmen, die Kunden, an diese Plattform angeschlossen sind über Schnittstellen. Beispielsweise hat der CFO, ich habe ja vorhin von dem Risikocockpit gesprochen, der hat da sein Risikocockpit und hat da seine Daten drin. Wir haben das MVP. Der Versicherer hat seinen Bestandsprogramm, und die alle laufen in einer Plattform zusammen. Also das ist wieder das Amazon für Risiken eigentlich. Dann hat man wirklich vollständige Transparenz, keine Dysbalancen mehr, und dann würde der Marktplatzbetreiber, ich meine, Amazon langt ja auch ordentlich zu bei seinen Händlern, sich dann wahrscheinlich eine Prozentzahl da herausnehmen. Die Daten, glaube ich, müssten ja dann doch eigentlich weiterhin den Industrieunternehmen gehören, die Risikodaten, die die einspielen, zum Beispiel Umsatz, Mitarbeiter bis hin zu komplexeren Risikopunkten. Aber da lasse ich mich gern belehren. Das müsste ja dann deren Datenhoheit auch bleiben. Oder siehst du das anders? Ich weiß gar nicht, ob es da andere Meinungen gibt.

 

Toni Klein: Nein, aber das ist ja immer die Frage, also wem gehören die Daten? Viele, denen ich diese Frage stelle, sagen, natürlich den Kunden, aber wenn dann die Daten eben auf einer Plattform sind und die Daten allen nutzen könnten, also allen Partnern dieses Unternehmens, allen Versicherern, allen Maklern, und man müsste sie nur einmal eingeben, gehören sie dann noch dem Kunden oder ändern sich dann die Besitzverhältnisse und gehen sie woanders hin über?

 

Arthur Martini: Okay, das ist dann wirklich sehr spannend, ja. Da fällt mir natürlich ein, dass möglicherweise dann auch durch die Blockchain-Technologie auch eine gewisse Anonymisierung … Also bei Bitcoin ist es ja so oder generell im Blockchain, deswegen wird das Bitcoin ja so gerne auf dem Schwarzmarkt benutzt, dass da eine gewisse Anonymisierung der Daten vielleicht sogar vonstatten geht durch die Technologie, was dann diese Datenschutzgeschichte so ein bisschen (abwendend?) mildert. Aber da, glaube ich, stochern wir doch ein bisschen im Dunkeln.

 

Toni Klein: Ja, spannend, aber dafür gab es auch schon einmal ein Clubhouse Talk vom Podcast. Genau, da gab es ein kleines Pannel, wo auch über die Datenhoheit und auch über Blockchain und diese Dinge gesprochen wurde. Ist schon eine Weile her. Ich glaube, im Frühjahr letztes Jahr war das, also Frühjahr 2021. Dann, Arthur, habe ich nur noch eine Frage an dich. Es ist eher so eine Herzensfrage. Welches Thema liegt dir im Zusammenhang mit der Digitalisierung eigentlich so am meisten am Herzen?

 

Arthur Martini: Ich glaube, das Wichtigste ist, dass Digitalisierung, was ich gelernt habe und auch schon vorhin gesagt habe, viele kleine Schritte sind und nicht ein großer. Das ist zumindest das, was ich bisher so gelernt habe und was meine Erfahrungen sind und was auch im Übrigen viel einfacher zu implementieren ist für alle Mitarbeiter in einem Unternehmen, wenn es viele kleine Schritte sind als ein großer, wo sich viele natürlich auch überwältigt fühlen. Und es kommt nicht auf die Größe an, scherzhaft auch gemeint, aber wir sind froh, dass wir so klein sind, denn wir können Dinge sehr viel schneller und wendiger implementieren und umsetzen als große Versicherer oder Makler, die ich oft mit Tankern vergleiche, die da so im Meer schwimmen, im Ärmelkanal, und die Straße blockieren. Das Problem haben wir nicht, sondern wir sind eher so ein Schnellboot, das halt Dinge einfach schnell umsetzen kann. 47:01

 

Toni Klein: Das heißt, ihr wollt also weiterhin Geschwindigkeit praktisch aufnehmen oder hoch halten? Das liegt dir am Herzen?

 

Arthur Martini: Genau. Wir wollen unseren Kunden zeigen, dass wir die Besten sind, indem wir (unv.) einfach auch digitalisieren und schnell und papierlos sind. Das ist die Aussage, weil im Endeffekt machen wir es eigentlich nur für den Kunden und niemand anderen.

 

Toni Klein: Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen Dank, Arthur, für deine Zeit. Vielen Dank für diese schönen und interessanten Einblicke. Ich hoffe, wir sprechen uns einmal wieder, und bis dann alles Gute.

 

Arthur Martini: Alles Gute. Danke.

 

Toni Klein: Tschüss.

 

Arthur Martini: Tschau.

 

 

 

 

Der Podcast „Industrieversicherung Digital“ ist eine Initiative für den offenen Austausch über die Digitalisierung von Industrie- und Gewerbeversicherung: Versicherer, Makler, Kunden und IT im direkten Dialog.

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